Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
zu seinem Hauptwohnsitz gemacht, und Domville selbst - ein älterer, kinderloser Mann - hatte dieses Haus dann nur in der Jagdzeit aufgesucht, und selbst dann hatte er den besseren Jagdrevieren auf seinen ausgedehnten Besitzungen den Vorzug gegeben.
Cadfael trat durch das offene Gartentor. Sofort fiel sein Blick auf einen Parthenium-Busch, der in einem Winkel in der Nähe des Gartentors wuchs. Kein Zweifel, es war ein Parthenium-Busch, und er trug selbst jetzt noch Blüten. Aber diese verstreut sitzenden, sternförmigen Blüten waren nicht goldgelb, sondern leuchtend blau. Cadfael trat näher und sah, daß die untere Hälfte der Mauer und der Boden vor ihr von zahlreichen dünnen, geraden Stengeln überwuchert waren, die lange, schmale Blätter trugen. Diese Stengel schoben sich auch durch die Zweige des Parthenium-Busches, und an ihren Enden saßen kleine, himmelblaue Blüten.
Er hatte die Stelle gefunden, wo der Blaue Steinsame wuchs, den Ort, an dem Huon de Domville die letzte Nacht seines Lebens verbracht hatte.
»Sucht Ihr jemanden, Bruder?« Die Stimme war so respektvoll, daß sie fast schon unterwürfig klang, und doch war sie so scharf wie ein gut geschliffenes Messer. Cadfael wandte sich um und stellte fest, daß der Mann, der ihn angesprochen hatte, eben jene Eigenschaften zu besitzen schien. Er mußte aus einem der Schuppen an der rückwärtigen Gartenmauer gekommen sein, ein gutaussehender, kräftiger Bursche von etwa fünfunddreißig Jahren. Seine Kleider waren aus grobem Stoff, und er trat mit einer Selbstsicherheit auf, die beinah anmaßend erschien. Seine Augen glichen Kieselsteinen in einem sonnenbeschienenen Bach: Sie waren hart und klar, aber ihr Blick war uns tet und ausweichend. Der Mann war braungebrannt und machte alles in allem keinen schlechten Eindruck, aber trotz seiner Ruhe schien er nicht wirklich gelassen, und trotz seiner Höflichkeit war er nicht wirklich freundlich.
»Ihr verwaltet dieses Haus für Huon de Domville?« fragte Bruder Cadfael höflich.
»Das ist richtig«, antwortete der junge Mann.
»Dann seid Ihr es, den ich suche«, fuhr Cadfael freundlich fort, »obwohl ich mir den Weg wahrscheinlich hätte sparen können. Ihr werdet bereits gehört haben - man erzählt es sich ja überall -, daß Euer Herr ermordet worden ist und im Kloster von St. Peter und St. Paul in Shrewsbury aufgebahrt ist.«
»Ja, ich habe es gestern erfahren«, sagte der Verwalter, und angesichts dieser einleuchtenden Begründung für den Besuch des Mönches entspannte sich sein Gesicht etwas, wenn auch nicht so sehr, wie man hätte erwarten können. Seine Augen blieben wachsam, seine Stimme reserviert. »Ein Vetter hat es mir erzählt, als er vom Markt in Shrewsbury zurückkehrte.«
»Und vom Haushalt Eures Herrn ist niemand hier gewesen?
Hat man Euch keine Anweisungen gegeben? Ich dachte, Kanonikus Eudo könnte vielleicht jemanden geschickt haben, um Euch Bescheid zu geben. Aber natürlich sind alle noch sehr bestürzt und verwirrt. Zweifellos wird man hierher und in die anderen Häuser Eures Herrn Boten schicken, sobald die Beerdigung stattgefunden hat.«
»Zunächst hat man es sicher darauf abgesehen, den Mörder zu finden«, sagte der Mann und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Er betrachtete Cadfael mit einem verstohlenem Blick. »Ich werde hier sein, wenn man mich braucht. Bis dahin stehe ich in seinen Diensten, und seine Erben können mich übernehmen oder mich entlassen. Ich halte das Haus in Ordnung, wie er es mir aufgetragen hat, und werde es in gutem Zustand übergeben. Das könnt Ihr ausrichten, Bruder. Um diesen Besitz braucht sich niemand Sorgen zu machen.« Er schlug die Augen nieder und dachte nach. »Ermordet, sagt Ihr?
Seid Ihr sicher?«
»Ganz sicher«, erwiderte Cadfael. »Es scheint, als sei er nach dem Abendessen ausgeritten und auf dem Rückweg überfallen worden. Wir fanden ihn auf einem Weg, der hierher führt, und mir kam der Gedanke, er könnte hier gewesen sein.
Dieses Haus gehört ja schließlich ihm.«
»Er ist nicht hier gewesen«, sagte der Verwalter bestimmt.
»Nicht ein einziges Mal, seit er vor drei Tagen nach Shrewsbury kam?«
»Nicht ein einziges Mal.«
»Und auch seine Diener und Knappen sind nicht hier gewesen?«
»Nein, niemand.«
»Er hat also keine Hochzeitsgäste hier untergebracht. Lebt Ihr allein in diesem Haus?«
»Ich kümmere mich um das Vieh und den Garten, meine Mutter hält das Haus in Ordnung. Er kam nur selten her, und dann
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