Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
Stellen, nämlich dort, wo Kalkstein mit einer dünnen Schicht Erde bedeckt ist.«
»Und Ihr glaubt herausfinden zu können, wo der Ermordete die letzte Nacht verbracht hat?«
»Wir wissen, auf welchem Weg er zurückkehrte. Gewiß ist er auf demselben Weg ausgeritten, als er seinen Knappen am Tor zurückließ. Mit Eurer Erlaubnis möchte ich diesem Weg folgen und herausfinden, wo diese Blumen wachsen. Ich glaube, daß das Leben von Menschen, die sich außer jugendlichem Ungestüm und Zorn nichts haben zuschulden kommen lassen, von dieser Kleinigkeit abhängen kann.«
»Derartiges ist schon unzählige Male vorgekommen«, sagte Abt Radulfus: »Unser Anliegen ist Gerechtigkeit - die Gnade liegt bei Gott. Ihr habt meine Erlaubnis, Bruder Cadfael, in dieser Sache so lange Nachforschungen anzustellen, wie Ihr es für richtig haltet. Ich vertraue Euch.«
»Gott weiß, wie sehr ich dieses Vertrauen zu schätzen weiß«, sagte Cadfael, und das stimmte. »Und ich vertraue Euch - jetzt und in Zukunft. Was immer ic h herausfinde, werde ich Euch mitteilen.«
»Nicht dem Sheriff?« fragte Radulfus und lächelte.
»Gewiß. Er wird es durch Euch erfahren, Ehrwürdiger Vater.«
Cadfael begab sich ins Dormitorium und schlief tief und fest wie ein Kind, bis die Glocke zur Frühmette rief.
7. Kapitel
Gegen Ende der Prim am folgenden Tag suchte Prestcote mit seinen Männern bereits die Gegend nördlich der Klostersiedlung ab. Diesmal würden sie langsam und in dichter Kette einen etwa drei Meilen langen, großen Bogen schlagen und das Gelände so gründlich durchkämmen, daß ihnen nicht einmal ein Wiesel oder ein Hase entgehen würde. Der Sheriff war entschlossen, den Mann, den er suchte, zu stellen, und er war überzeugt, daß Joscelin noch nicht durch die Maschen seines Netzes geschlüpft war, denn er hatte die Posten, die er rings um Shrewsbury aufgestellt hatte, verstärkt. Picard unterstützte ihn mit allen seinen Dienern, und der Kanonikus Eudo wies in diesem Augenblick wahrscheinlich alle, die zu Domvilles Haushalt gehörten, an, dem Sheriff zu helfen. Und obwohl zweifellos einige nur widerwillig bereit waren, sich an dieser Suche zu beteiligen, war Jagdfieber doch etwas Ansteckendes, und so waren die meisten nur zu bereit, Alarm zu geben, sollten sie den jungen Mann, der wegen Mordes gesucht wurde, aufstöbern. Nicht zum erstenmal war Bruder Cadfael von dem sehnsüchtigen Wunsch erfüllt, Hugh Beringar möge hier sein, um den Eifer, den Prestcote an den Tag legte, etwas zu dämpfen. Der stellvertretende Sheriff war nämlich ein Mann, der sich nicht für allwissend hielt und den angesichts von Sachverhalten, die bei anderen nur einen einzigen Schluß zuzulassen schienen, ein geradezu perverses Mißtrauen überkam. Aber Hugh Beringar befand sich auf seinem eigenen Landsitz Maesbury im Norden der Grafschaft und würde gewiß nicht kommen, denn er erwartete die Geburt seines ersten Kindes, und ein solches Ereignis ist ein Höhepunkt im Leben eines jeden jungen Mannes. Nein, da war nichts zu machen - Gilbert Prestcote würde diese Sache zu Ende bringen. Und mit ihm als Sheriff, das mußte Cadfael zugeben, hatte diese Grafschaft Glück, denn er war ein ehrbarer, gerechter Mann, wenn er auch eine Vorliebe für rasche Lösungen und schnelle Aburteilungen hatte und wenig geneigt war, über das Naheliegendste hinauszusehen. Gleichwohl würde er Beweise akzeptieren, und Beweise waren es, die man jetzt brauchte.
Cadfael gab Bruder Oswin seine Anweisungen. Vor einer Woche noch hätte er ihm so viel Gartenarbeit zugewiesen, daß er den ganzen Tag beschäftigt gewesen wäre, und aus tiefsten Herzen gebetet, daß dieser Tunichtgut seinen Fuß nicht in die Kräuterküche setzte. Jetzt aber trug er ihm auf, einige Bäume zu beschneiden, ein Auge auf die Gärflasche mit Wein zu haben und eine Salbe für das Krankenquartier zuzubereiten.
Diese Salbe hatten sie schon einmal gemischt, und damals hatte er Oswin jeden Arbeitsgang erklärt. Cadfael verkniff es sich, Oswin jeden Schritt noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, und begnügte sich mit einer sanften Ermahnung.
»Ich habe volles Vertrauen zu dir«, sagte er, »und ich bin überzeugt, daß du alles richtig machen wirst.«
»Möge Gott mir meine Lüge vergeben«, sagte er leise, sobald er außer Hörweite war, »und sie in eine Wahrheit verwandeln - oder sie mir wenigstens nicht als Sünde, sondern als Verdienst anrechnen. Ich habe dir gezeigt, was zu tun ist, mein Junge, aber tun
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