Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
gesehen hatte, als er sollte. Er verabschiedete sich am Gartentor, neben dem Parthenium-Busch, der nicht gelbe, sondern blaue Blüten zu tragen schien, und schlug gemessenen Schrittes den Weg ein, den er gekommen war.
In jenem Stall stand ein Pferd, das gewiß nicht in der Lage war, Huon de Domvilles nicht unerhebliches Gewicht zu tragen oder eine Jagd unter einem seiner Gefolgsmänner durchzustehen. Cadfael hatte den kleinen, zierlichen weißen Kopf und die neugierigen Augen, den geschwungenen Hals und die geflochtene Mähne gesehen und bemerkt, daß an der Innenseite der Tür ein leichtes, verziertes Zaumzeug hing. Es war ein hübsches Pony, wie es eine Dame reiten würde, und auch das verzierte Geschirr paßte besser zu einer Dame als zu einem Mann. Dennoch hätte er schwören können, daß sich in dem Jagdhaus keine Frau aufhielt, die als Besitzerin dieses Pferdes hätte in Frage kommen können. Er war ohne Vorwarnung gekommen, und man hätte keine Zeit gehabt, sie irgendwo zu verstecken. Darüber hinaus hatte man ihn ins Haus gebeten, damit er sich selbst davon überzeugen konnte, daß außer dem Verwalter und seiner Mutter niemand dort war.
Aber wenn diese Frau vermeiden wollte, daß man sie dort ausfindig machte, eine Verbindung zwischen ihr und dem Tod Domvilles herstellte, ja sie vielleicht sogar der Mitwisserschaft verdächtigte, warum hatte sie dann beschlossen, zu Fuß zu verschwinden und ihr Pferd zurückzulassen? Und wohin hätte eine Dame in dieser einsamen Gegend zu Fuß gehen können?
Cadfael kehrte nicht auf dem kürzesten Weg ins Kloster zurück, sondern ging auf dem grasüberwachsenen Pfad weiter bis zur Landstraße und bog in den Hof des Hauses ein, das der Bischof Huon de Domville zur Verfügung gestellt hatte. Der große Hof, auf dem sonst ein geschäftiges Treiben herrschte, lag still und friedlich da, denn selbst den Knechten und Dienern war befohlen worden, sich an der Suche nach Joscelin Lucy zu beteiligen. Nur die älteren Männer waren zurückgeblieben, und das paßte Cadfael gut, denn die ältesten Diener würden, ob sie es nun zugaben oder nicht, am besten über die intimen Gewohnheiten ihres Herrn Bescheid wissen, und die Abwesenheit der jüngeren Bediensteten, die ihre Augen und Ohren überall hatten, machte es wahrscheinlicher, daß Cadfael etwas in Erfahrung bringen würde.
Er suchte Domvilles Kammerdiener auf, der viele Jahre in den Diensten seines Herrn gestanden hatte und klug genug war, einzusehen, daß es ihm jetzt, da Domville tot war, nur nützen konnte, die volle Wahrheit zu sagen. Es gab hier niemanden mehr, den er zu fürchten hatte, und nur durch Offenheit würde er sich die Gunst des Sheriffs sichern können.
Nach einer Übergangszeit würde er einen neuen Herrn haben.
Gegen die Diener bestand kein Verdacht. Sie hatten nichts zu befürchten - warum also sollten sie irgend etwas verschweigen, das von Bedeutung sein könnte?
Der Kammerdiener war über sechzig, grauhaarig und gesetzt. Seine Augen hatten schon alles gesehen, und er besaß die in sich gekehrte, resignierte Würde, die die meisten alten Diener umgibt. Er hieß Arnulf, und er hatte die Fragen des Sheriffs ohne Zögern beantwortet. Auch jetzt war er bereit, alle weiteren Fragen, die Cadfael oder irgendein anderer ihm stellen könnten, wahrheitsgemäß zu beantworten. Mit Domvilles Tod war für ihn eine Ära zu Ende gegangen. Er würde sich auf einen neuen Herrn einstellen oder seinen Abschied nehmen müssen.
Cadfaels erste Frage war gleichwohl eine, mit der Arnulf gewiß nicht gerechnet hatte.
»Euer Herr stand in dem Ruf, eine besondere Vorliebe für Frauen zu haben. Sagt mir: Hatte er eine Geliebte, die ihm so wichtig war, oder eine neue Gefährtin, an der er solches Gefallen hatte, daß er sie nicht einmal während dieser wenigen Tage entbehren wollte, in denen er die Erbin des Massard-Vermögens heiraten wollte? Gab es eine Frau, die er hierher mitgebracht und in erreichbarer Nähe, wenn auch versteckt, untergebracht haben könnte?«
Der Mann war überrascht, solche Worte aus dem Mund eines Benediktinermönches zu hören, schien aber, nachdem er Cadfael forschend gemustert hatte, zu dem Schluß zu kommen, daß diese Frage vielleicht doch nicht so überraschend war.
Sein reservierter Gesichtsausdruck verschwand. Dieser Mönch war ein Mann, der, wie er selbst, auf ein langes, erfahrungsreiches Leben zurückblicken konnte. Sie sprachen dieselbe Sprache.
»Ich weiß nicht, wie Ihr es herausgefunden
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