Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
Mühle, sondern erst zu seinem Schuppen, um dort nach dem Rechten zu sehen, das Labkraut in einem großen Mörser zu zerstoßen und eine grüne Wundsalbe daraus zu bereiten. Dann erst machte er sich auf den Weg. Er schlug einen weiten Bogen, so daß er sich der Mühle von der östlichen Seite näherte, und achtete unterwegs darauf, daß er von niemandem gesehen wurde. Die Zeit verging viel zu schnell – in einer Stunde mußten er und Godith wieder zur Vesper zurück sein.
    Sie hatten seine Schritte kommen hören; als er eintrat, saßen sie nebeneinander mit dem Rücken an die Wand gelehnt.
    Erwartungsvoll und gespannt lächelten sie ihn an. Etwas Gelöstes und Entrücktes umgab sie, so als lebten sie in einer Welt, in der die Schwierigkeiten des täglichen Lebens keinen Platz hatten, zu der sie ihm aber großzügig Zutritt gewährten.
    Er brauchte sie nur anzusehen um zu wissen, daß sie keine Geheimnisse mehr voreinander hatten; sie waren so selbstverständlich Mann und Frau, daß er eigentlich gar nichts mehr zu fragen brauchte. Und doch brannten sie darauf, ihm alles zu erzählen.
    »Bruder Cadfael...«, rief Godith und strahlte ihn an. »Eins nach dem anderen«, schnitt ihr Cadfael das Wort ab. »Hilf ihm aus der Jacke und dem Hemd und wickle den Verband ab. Du bist noch lange nicht über den Berg, mein Freund.«
    Godith stand auf, zog Torold vorsichtig die Jacke aus, löste die Bänder des Hemdes und streifte es von seiner Schulter. Dann begann sie den Verband aufzuwickeln. Der Junge versuchte ihr die Arbeit so leicht wie möglich zu machen und wandte seinen Blick nicht von ihrem Gesicht. Und auch sie sah ihn an, so oft es ihre Tätigkeit erlaubte.
    ›So, so!‹ dachte Cadfael. ›Es sieht so aus, als werde Hugh Beringars Suche nach seiner Braut wenig Zweck haben – wenn er sie überhaupt sucht.‹
    »Nun, mein Junge«, sagte er laut, »du machst dir und mir alle Ehre. Ich habe selten eine Wunde gesehen, die so gut verheilt.
    Dieses Stück Fleisch, das dir jemand aus dem Bein schneiden wollte, wird dir nun doch dein Leben lang erhalten bleiben, und mit dem Arm wirst du in einem Monat schon wieder einen Bogen halten können. Nun halt still, es ist möglich, daß dies weh tut. Aber du kannst mir glauben: Das ist die beste Salbe für frische Wunden. Verletzte Muskeln schmerzen, wenn sie heilen, aber die Hauptsache ist, daß sie heilen.«
    »Es tut nicht weh«, sagte Torold mit verträumter Stimme.
    »Bruder Cadfael...«
    »Schweig, bis wir dich verbunden haben. Dann könnt ihr mir meinetwegen euer Herz ausschütten.«
    Und das taten sie, sobald Torold sein Hemd wieder angezogen und sich die Jacke um die Schultern gelegt hatte. Wie in einem Tanz, der nach einem festgelegten Ritual abläuft, wechselten sie beim Erzählen einander ab. Sie hatten noch nicht die leiseste Ahnung, daß sie verliebt waren. Voller Unschuld glaubten sie, es verbinde sie nichts weiter als Kameradschaft - dabei war ihnen während seiner Abwesenheit weit Größeres widerfahren.
    »Also habe ich Torold die Wahrheit über mich gesagt«, sagte Godith, »und er hat mir das einzige erzählt, was er uns vorher verschwiegen hat. Und jetzt sollt auch Ihr es wissen.«
    Bereitwillig fuhr Torold für sie fort »Ich habe FitzAlans Schatz in Sicherheit gebracht. Ich ließ die Satteltaschen, in denen wir ihn mit uns führten, nicht los, als ich im Fluß trieb, obwohl ich mein Schwert und das Schwertgehänge opfern mußte, um mich über Wasser halten zu können. Am ersten Bogen der Steinbrücke hielt ich mich fest. Der Pfeiler dort ist ziemlich breit. An ihm war vor einiger Zeit noch eine Bootsmühle festgemacht, die Kette ist immer noch da. Ich zog sie herauf, schnallte die Satteltaschen an ihrem letzten Glied fest und ließ sie ins Wasser hinab. Dann trieb ich weiter und kroch hier an Land, wo Godith mich gefunden hat.« Ihr Name ging ihm ganz leicht über die Zunge und hatte doch einen ungewohnt neuen, angenehmen Beiklang. »Und jetzt liegt das Gold also im Wasser des Severn – das hoffe ich jedenfalls –, bis ich es hole und seinem rechtmäßigen Besitzer überbringe. Ich danke Gott, daß er noch am Leben ist.« Dennoch überkamen ihn plötzlich Zweifel. »Es ist doch von niemandem entdeckt worden? Das hätte sich doch sicher herumgesprochen, oder?«
    »Ja, wir hätten es gewiß erfahren. Aber einen solchen Fisch hat bisher keiner gefangen. Und warum sollte irgend jemand dort danach suchen? Allerdings wird es nicht einfach sein, es zu bergen. Wir

Weitere Kostenlose Bücher