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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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dem Bach zu vereinigen.
    Auf der anderen Seite der Mühle standen die drei Gästehäuser des Klosters, deren kleine Gärten bis an das Wasser reichten, und drei weitere Häuser verhinderten, daß der Mühlteich von der Zufahrtsstraße zum Kloster aus eingesehen werden konnte.
    Das Haus direkt neben der Mühle war Aline Siward zur Verfügung gestellt worden. Courcelle hatte zwar gesagt, sein Befehl gelte für alle Behausungen, aber wenn es einen Ort auf dem Klostergelände gab, der vor einer gründlichen Durchsuchung sicher war, dann war das das Haus, in dem Aline Siward lebte.
    Wenn wir auch auf verschiedenen Seiten stehen, dachte Godith und paddelte unbeholfen, aber entschlossen in das ruhigere Wasser des Kanals, wird sie mich doch nicht verraten. Das traue ich ihr nicht zu, so unschuldig wie sie aussieht. Und stehen wir überhaupt auf verschiedenen Seiten? Oder sind wir, dieses eine Mal wenigstens, Verbündete? Sie schwört, mit allem, was sie hat, dem König Gefolgschaft, und er läßt ihren Bruder hängen! Und mein Vater setzt sein Leben und seine Besitzungen für die Kaiserin aufs Spiel, aber ihr ist es wahrscheinlich egal, ob ihm oder seinesgleichen etwas zustößt, solange sie nur die Macht erringt. Alines Bruder stand ihr näher als König Stephen, und ich weiß, daß mir an meinem Vater und Torold mehr liegt als an der Kaiserin. Wenn doch der Sohn des alten Königs nicht ertrunken wäre, als sein Schiff unterging!
    Dann hätte es keinen Streit um die Erbfolge gegeben, Stephen und Maud hätten auf ihren Burgen bleiben können, und wir würden in Frieden leben!
    Zu ihrer Rechten erhob sich die Mühle, aber das Rad stand heute still, und das Wasser des Mühlkanals ergoß sich ungehindert in den Teich. Das Ufer war hier sehr steil, um so viel Platz wie möglich für die Gärten zu lassen; aber wenn sie es schaffte, ihre Last hochzustemmen, würde sie wohl auch das Boot heraufziehen können. Sie band es an einer vorstehenden Wurzel einer Weide fest. Erst dann wagte sie den Versuch, den Schatz auf das Ufer zu heben. Mit ausgestreckten Armen konnte sie eben die Grasnabe erreichen, ohne das Boot zum Kentern zu bringen. Mühsam stemmte sie die Last hoch, legte sie am Ufer ab und ließ erschöpft die Arme sinken.
    Unvermittelt stiegen ihr Tränen in die Augen und rollten über ihre Wangen.
    Warum, dachte sie zornig, warum gebe ich mir nur eine solche Mühe mit diesem Zeug, wenn Torold und mein Vater das einzige auf der Welt sind, das mir wichtig ist? Und natürlich Bruder Cadfael! Er wäre schwer enttäuscht, wenn ich diesen Schatz jetzt einfach in den Teich werfen würde. Alle möglichen Mühsalen hat er auf sich genommen, um ihn hierherzuschaffen.
    Jetzt muß ich für ihn weitermachen. Und auch für Torold ist es wichtig, daß er die Aufgabe, die man ihm übertragen hat, erfüllt.
    Das wiegt schwerer als Gold. Im Vergleich dazu ist dieses Paket gar nicht so wichtig.
    Ungeduldig wischte sie mit ihrer schmutzigen Hand die Tränen ab und machte sich daran, aufs Ufer zu klettern. Das stellte sich als gar nicht einfach heraus, denn immer wieder trieb das Boot unter ihr ab; und als sie es schließlich geschafft hatte, konnte sie es nicht nachziehen – die hervorstehenden Wurzeln der Bäume hätten seinen Boden aufgerissen. Es mußte also auf dem Wasser bleiben. Sie legte sich auf den Bauch, verkürzte die Leine, mit der das Boot festgemacht war, und überzeugte sich davon, daß der Knoten saß. Dann schleppte sie ihre verwünschte Last in den Schatten des Hauses und klopfte an die Tür.
    Constance öffnete ihr. Godith fiel ein, daß es erst kurz vor acht Uhr war, und daß Aline erst um zehn Uhr zur Messe ging.
    Möglicherweise war sie noch gar nicht aufgestanden. Aber die allgemeine Unruhe im Kloster schien auch diesen ruhigen Ort nicht verschont zu haben, denn Aline war bereits wach und angekleidet und erschien hinter ihrer Zofe.
    »Was gibt es denn, Constance?« Ihr Blick fiel auf Godith, die sich schmutzig, zerzaust und atemlos über ein großes Bündel aus Sackleinen beugte. Besorgt trat sie einen Schritt vor.
    »Godric! Was ist los? Hat Bruder Cadfael dich geschickt?«
    »Ihr kennt den Jungen, Mylady?« fragte Constance überrascht.
    »Ja, er ist Bruder Cadfaels Gehilfe. Wir haben schon einmal miteinander gesprochen.« Sie warf Godith einen Blick zu, sah die Tränenspuren und das Zittern der Unterlippe und hieß ihre Zofe beiseite treten. Auch wenn Godith bisher kein Wort gesagt hatte, so stand ihr die Verzweiflung

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