Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel
verraucht und seiner natürlichen Neigung zur Bequemlichkeit, wenn nicht gar Faulheit, gewichen. »Ich bin jedoch gar nicht so sicher, daß ich mich des Mädchens auf diese Weise bedienen möchte.« Ihm fiel ein, daß er diesem jungen Beringar praktisch den Befehl gegeben hatte, seine Braut aufzuspüren, wenn er sich der königlichen Gunst erfreuen wollte. Der junge Mann, der seitdem immer wieder, wenn auch recht sporadisch, erschienen war, hatte in dieser Sache keinen großen Eifer an den Tag gelegt. Vielleicht, dachte der König, kennt er meine Gedanken besser als ich selber.
«Es braucht ihr ja nichts zuzustoßen. Ihr würdet aber nicht gegen die Truppen ihres Vaters kämpfen müssen, möglicherweise nicht einmal gegen die seines Herren. Wenn Ihr dem Feind diese Verstärkung entzieht, könnt Ihr Kräfte und Truppen sparen. Eine solche Gelegenheit dürft Ihr Euch nicht entgehen lassen, Euer Gnaden.«
Es war ein wohlüberlegter Rat, das wußte der König. »So sei es denn!« sagte er. »Durchsucht jeden Ort, an dem sie sich versteckt halten könnte.«
Die Vorbereitungen waren äußerst gründlich. Mit seinen eigenen Leuten und einer Abteilung flämischer Söldner übernahm Adam Courcelle die Klostersiedlung. Während Willem Ten Heyt einen Wachtposten bei St. Giles aufstellte, der alle aus der Stadt kommenden Reiter und Fuhrwerke kontrollierte, und sein Leutnant Soldaten an jedem Weg und jeder Stelle postierte, an der der Fluß überquert werden konnte, übernahm Courcelle höflich, aber bestimmt das Kommando am Torhaus des Klosters und gab Befehl, niemanden herein-oder herauszulassen. Die Dämmerung war schon vorangeschritten, es war etwa zwanzig Minuten vor der Prim. Die Aktion war sehr leise vonstatten gegangen, aber Prior Robert hatte vom Fenster seiner Zelle aus die Unruhe am Tor bemerkt und kam eilig herbei um nachzusehen, was die Ursache dafür war.
Courcelle begrüßte ihn höflich und bat ihn um die Erlaubnis zur Durchsuchung des Klosters. Jeder wußte, daß ihn ohnehin niemand daran hindern konnte, aber die Höflichkeit, mit der er seine Bitte aussprach, beschwichtigte den Ärger des Priors.
»Ehrwürdiger Bruder, ich bin hier auf Befehl Seiner Gnaden, des Königs Stephen, und ersuche Euch um freien Zugang zu allen Gebäuden und Behausungen, einen Zehnten Eurer Vorräte zur Versorgung der Armee Seiner Gnaden und der Pferde, die nicht den Männern im Dienste des Königs gehören.
Ich habe außerdem noch den Befehl, das Kloster nach dem Mädchen Godith zu durchsuchen, der Tochter des Verräters Fulke Adeney, die sich angeblich immer noch hier in Shrewsbury aufhalten soll.«
Prior Robert runzelte mißbilligend die Stirn. »Meint Ihr nicht auch, daß dieses Kloster wohl kaum ein geeignetes Versteck für eine solche Person ist? Das Gästehaus wäre die einzig schickliche Unterkunft für sie, und ich versichere Euch, daß sie sich nicht dort aufhält.«
»Ihr dürft sicher sein, daß es sich in diesem Falle nur um eine Formalität handelt«, antwortete Courcelle, »aber ich habe meine Befehle und darf bei ihrer Ausführung keine Unterschiede machen.«
»Das muß auf der Stelle dem Abt gemeldet werden«, sagte der Prior mit bewundernswerter Gefaßtheit und bat Prestcote ihm zu folgen. Hinter ihnen schlossen die flämischen Söldner das Tor und stellten eine Wache auf, bevor sie ihre Aufmerksamkeit der Scheune und den Ställen zuwandten.
Bruder Cadfael war zwei Nächte hintereinander erst in den frühen Morgenstunden ins Bett gekommen und schlief daher fest, als das Torhaus besetzt wurde. Erst als die Glocke zur Prim läutete, erwachte er, und da war es schon zu spät.
Er kleidete sich in aller Eile an und begab sich mit den anderen Brüdern in die Kirche. Erst als er das aufgeregte Geflüster bemerkte, die geschlossenen Tore mit den Wachsoldaten davor sah und aus den Ställen das Klappern der Hufe hörte, dämmerte es ihm, daß die Ereignisse dieses eine Mal ihn eingeholt hatten, so daß jetzt die Initiative nicht mehr bei ihm lag. Unter den verängstigten Klosterschülern in der Kirche war Godith nicht zu sehen. Gleich nach der Prim eilte er zu seinem Schuppen im Kräutergarten. Die Tür stand weit offen, auf dem Regal waren Mörser und Flaschen ordentlich aufgestellt, die Decke war von der Bank genommen worden, auf der statt dessen ein Korb mit frisch gepflücktem Lavendel und zwei Flaschen standen. Von Godith keine Spur, weder im Schuppen noch im Garten oder in den Erbsenfeldern am Bach, wo ein
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