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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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der Komplet bestätigte eine unauffällige Nachfrage in der Gästehalle, daß weder Hugh Beringar noch seine drei Begleiter dort waren. Der Pförtner erinnerte sich, daß die drei Männer fortgegangen waren, kurz nachdem Beringar von seinem Tagesdienst zurückgekehrt war, etwa gegen Ende der Vesper.
    Eine Stunde später war Beringar ihnen ohne Eile gefolgt.
    Das also ist der Stand der Dinge, dachte Cadfael. Er rechnet damit, daß es heute nacht geschehen wird, und spielt um alles oder nichts. Nun gut, wenn er denn so kühn und so gerissen ist, daß er meint, meine Gedanken lesen zu können, dann wollen wir doch einmal sehen, wie gut ich die seinen lesen kann. Diese Wette jedenfalls werde ich halten.
    Also: Beringar wußte von Anfang an, daß der König seine Dienste akzeptierte und daß seine Pferde nicht in Gefahr waren. Wenn er sie also wegbrachte, verfolgte er damit seine eigenen Zwecke. Und dabei hat er mich zum Komplizen gemacht! Warum nur? Er hätte selber einen sicheren Ort finden können, wenn er wirklich einen gebraucht hätte. Aber er wollte, daß ich wußte, wo seine Pferde einladend bereitstanden. Er wußte auch, daß ich zwei Leuten zur Flucht vor dem König verhelfen wollte und daß ich sein Angebot annehmen würde, weil es zu meinen eigenen Plänen paßte. Damit ich den Schatz zum selben Ort brachte, bot er mir zwei Pferde zum Köder an.
    Auf diese Weise kann er sich schließlich die Mühe sparen, die Flüchtlinge aufzustöbern und muß nur abwarten, bis ich sie zum Gutshaus im Wald bringe. Dann hat er alles auf einmal und braucht nur noch zuzugreifen.
    Aus all dem folgt, daß er heute nacht mit seinen drei Bewaffneten auf uns warten wird.
    Einige Einzelheiten waren Cadfael jedoch noch unklar. Warum hatte Beringar heute abend so getan, als habe er Torold in seinem Versteck nicht bemerkt? Vielleicht hatte er da nicht gewußt, wohin Godith geflohen war, und ließ den einen Vogel fliegen, um auch den anderen noch zu fangen. Aber als Cadfael jetzt nochmal alle Ereignisse überdachte, konnte er an der Möglichkeit (wenn nicht gar Wahrscheinlichkeit) nicht mehr zweifeln, daß Beringar Godiths Verkleidung schon die ganze Zeit durchschaut hatte und genau im Bilde war, wo seine verschwundene Braut sich versteckte. Wenn er also gewußt hatte, daß Godric in Wirklichkeit Godith war, und daß sich einer von FitzAlans Männern in der alten Mühle versteckte, dann hätte er, sobald er sicher war, daß Cadfael den Schatz für ihn aus dem Versteck geholt hatte, alle drei Gesuchten gewaltsam festsetzen und einem wahrscheinlich hocherfreuten und dankbaren König Stephen übergeben können. Da er das aber nicht getan, sondern diesen heimlichen Weg gewählt hatte, mußte etwas anderes dahinterstecken. Zum Beispiel die Absicht, Godith und Torold an den König auszuliefern und sich dafür belohnen zu lassen, FitzAlans Gold aber nicht nach Shrewsbury, sondern von seinen eigenen Männern und zu seiner persönlichen Bereicherung auf seinen Besitz bringen zu lassen. In diesem Fall hatte er seine Pferde nicht nur deshalb in den Wald geschafft, um einen alten Mönch an der Nase herumzuführen, sondern auch, um die Voraussetzungen zu schaffen, den Schatz ganz geheim und ohne Umweg über Shrewsbury direkt nach Maesbury zu schaffen.
    Das galt natürlich nur für den Fall, daß Beringar nicht Nicholas Faintrees Mörder war. Wenn er es aber war, lautete der Plan in einem entscheidenden Punkt anders. Dann würde er dafür sorgen, daß Godith als Lockvogel für ihren Vater dienen konnte, während Torold Blund getötet werden würde. Tote konnten gegen niemanden mehr aussagen. So hätte er die Aufklärung eines Mordes durch einen anderen Mord vereitelt.
    Das sind keine guten Aussichten, dachte Cadfael und war überrascht, wie ruhig er blieb. All das kann natürlich auch etwas anderes bedeuten. Es kann und es muß, oder ich will nicht Cadfael heißen und mich in Zukunft nicht mehr in die Angelegenheiten gerissener junger Männer mischen!
    Beruhigt begab er sich wieder ins Herbarium. Wieder einmal hatte er eine ereignisreiche Nacht vor sich. Torold war wach und öffnete die Tür, sobald er sich davon überzeugt hatte, daß es Cadfael war, der geklopft hatte.
    »Ist es schon Zeit? Ist der Weg zum Gästehaus jetzt frei?« Er brannte darauf, Godith zu sehen und sich zu vergewissern, daß ihr nichts zugestoßen war.
    »Es gibt immer mehrere Wege. Aber noch ist es weder dunkel noch ruhig genug, also setz dich und ruh dich aus, solange noch Zeit

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