Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
hielt Philip durch: Er war entschlossen, zu regeln, was geregelt werden mußte, bevor er wieder in die Bewußtlosigkeit zurücksank.
    Auf die Nachricht hin, daß sein Herr wach und bei Bewußtsein war, kam Guy Camville herbeigeeilt und berichtete rasch, wovon er annahm, daß er es auf jeden Fall hören wollte. »Der Turm hält stand. Bisher sind sie nicht durchgebrochen, aber sie befinden sich unterhalb der Mauer und haben ein Schutzdach für ihren Widder.«
    Philip sammelte erkennbar seine Kräfte und zog seinen Stellvertreter am Handgelenk zu sich herab. »Guy, hiermit erteile ich Euch einen Auftrag. Entsatz ist nicht zu erwarten. Sie will nicht die Burg, sondern mich - mag sie mich haben. Dann wird sie einlenken. Ruft beim ersten Tageslicht FitzGilbert mit einem Flaggensignal zu Verhandlungen herbei. Handelt die bestmöglichen Bedingungen aus und übergebt die Burg. Sobald sie mich hat, wird sie die Besatzung ehrenhaft abziehen lassen.
    Geleitet die Leute sicher nach Cricklade. Sie wird Euch nicht verfolgen lassen, wenn sie hat, was sie will.«
    In heftigem Aufbegehren rief Camville aus: »Nein!«
    »Ich sage Ja, und noch gilt hier mein Wort. Tut es, Guy!
    Entzieht ihr meine Männer, bevor sie alle umbringt, um mich zu bekommen.«
    »Aber es bedeutet Euer Leben - «, setzte Camville erschüttert und bestürzt an.
    »Seid vernünftig! Mein Leben ist nicht den Tod eines einzigen Mannes m der Burg wert, ganz zu schweigen vom Leben aller.
    Ich bin ohnehin nur noch eine Haaresbreite vom Tode entfernt und habe keinen Grund zur Klage. Ich war die Ursache, daß Männer sterben mußten, die ich geschätzt habe; erspart es mir, während ich schon dahingehe, eine noch größere Blutschuld auf mein Haupt zu laden. Vereinbart einen Waffenstillstand und seht zu, daß Ihr im Tausch gegen mich bekommt, was Ihr könnt!
    Beim ersten Tageslicht! Sobald man eine weiße Fahne sehen kann.«
    Es gab keinen Grund, ihm den Wunsch zu verweigern.
    Er war bei klarem Verstand und sagte deutlich, was er meinte, also schwieg Camville. Erst nachdem er erschüttert, aber überzeugt, davongegangen war, schien Philip auf seinem Lager zu schrumpfen, als hätten ihn schlagartig Atem und Kraft verlassen. Er brach in heftiges Schwitzen aus. Cadfael trocknete Stirn und Lippen und träufelte ihm Wein in den Mund. Eine Weile hörte man nichts als die rauhen Atemstöße, die im Laufe der Zeit leichter und flacher zu werden schienen. Dann sagte eine kaum noch hörbare Stimme mit geradezu unheimlicher Klarheit:
    »Bruder Cadfael?«
    »Ich bin hier.«
    »Eins noch, dann habe ich alles erledigt. Dort der kleine Wandschrank... Öffnet ihn.«
    Ohne zu fragen, aber auch ohne zu verstehen, tat Cadfael wie ihm geheißen. Alles Dringende war getan. Philip hatte dafür gesorgt, daß das Schicksal seiner Leute nicht mit seinem verknüpft blieb. Doch sofern ihn noch etwas bedrückte, mußte man diesen Druck von ihm nehmen.
    »Dort hängen drei Schlüssel. Nehmt sie heraus.«
    Drei Schlüssel an einem Ring, einer groß und verziert, zwei klein und schmucklos. Cadfael nahm sie heraus und schloß das Schränkchen.
    »Was soll ich damit tun?« Er trat mit ihnen neben das Bett und wartete.
    »Der Nordwestturm«, sagte die geisterhafte Stimme.
    »Zwei Stockwerke unter der Erde, der zweite Schlüssel.
    Der dritte löst seine Fesseln.« Reglos hingen Philips dunkle, völlig klare Augen an Cadfaels Gesicht. »Es könnte klug sein, ihn zu lassen, wo er ist, bis sie hier ist. Ich möchte nicht, daß man ihn auch nur im Ansatz mit dem in Verbindung bringt, wessen sie mich beschuldigt. Jetzt aber sucht ihn auf, sobald Ihr wollt. Geht zu Eurem Sohn.«

13. Kapitel
    adfael rührte sich nicht, bis der Kaplan kam, um ihn abzulösen. Zweimal hatte der Verwundete die Augen aufgeschlagen, die jetzt in tiefen bläulichen Höhlen des hageren Gesichts lagen, und ihn angesehen, wie er, die Schlüssel in der Hand, bewegungslos dortsaß. Aber es kam kein weiteres Wort, weder des Erstaunens noch der Mißbilligung. Er hatte das Seine getan, und was Cadfael zu tun gedachte, konnte man ihm selbst überlassen. Allmählich sank Philip abermals unter die Schwelle des Bewußtseins zurück. Es gab nichts mehr zu ordnen — zumindest nichts, was zu ordnen in seiner Kraft stand. Was jetzt noch nicht im Lot war, mußte man Gott überlassen.
    Besorgt sah ihn Cadfael an. Weder entgingen ihm die tief eingefallenen Wangen noch die bleiche Stirn, die straff gespannten Lippen und der zunehmend starke Schweiß

Weitere Kostenlose Bücher