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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Sie betrachteten die Zeichnungen aufmerksam, konnten aber weder einen Familiennamen noch einen Ort nennen, der dazugehört hätte.
    »Sofern es aus dieser Gegend stammt«, sagte Bruder Eadwin im Bestreben, Cadfael behilflich zu sein, »findest du eine Antwort eher im Dorf als innerhalb dieser Mauern. In unserer Grafschaft lebten außer Familien des hohen Adels eine Reihe von Junkerfamilien. Wie bist du an dies Siegel gelangt?«
    »Ich habe es im Gepäck eines Toten gefunden«, gab Cadfael zur Antwort. »Aber es war nicht seines. Das Original bewahrt der Bischof von Coventry auf, bis wir den Eigentümer gefunden haben und es ihm zurückgeben können.« Er rollte das Pergament wieder zusammen und wickelte eine Schnur herum. »Es ist nicht so wichtig; der Bischof wird der Sache weiter nachgehen.«
    Während der Komplet, an der er gemeinsam mit den anderen Mönchen teilnahm, beschäftigte ihn mehr als die Verantwortung, die er aus freien Stücken in der Welt auf sich genommen hatte, die Schuld im Zusammenhang mit seiner eigenmächtigen Trennung von diesem klösterlichen Kosmos. Die Gebetsandacht tröstete ihn, und er war dankbar für das Schweigen, das darauf folgte. Er verschob alles Nachdenken auf den nächsten Tag und ruhte in der Stille, bis er einschlief.
    Als die Bauleute am nächsten Morgen nach der Messe ihr Material wieder abgedeckt hatten, um einen neuen Arbeitstag zu beginnen, fiel ihm ein, daß der Bruder Pförtner gesagt hatte, der Steinmetz stamme aus dem Dorf. So wagte er den Versuch, entrollte seine Zeichnungen auf einem Stapel von Steinen und rief Meister Bernard herbei, damit dieser sie sich ansah. Schließlich arbeitete ein Steinmetz nicht nur an Kirchen, sondern auch an Herrenhäusern, Scheunen und Bauernhöfen, und da der Berufsstand selbst Zeichen mit eigener Bedeutung und Symbolik verwendete, mochte es durchaus sein, daß dem Meister solche auch anderswo auffielen.
    Er kam herbei, warf einen kurzen Blick auf die Abbildungen und sagte sogleich: »Nein, kenne ich nicht.« Er sah noch einmal ein wenig aufmerksamer hin, schüttelte dann aber entschieden den Kopf. »Ich hab das noch nie gesehen.«
    Zwei seiner Gehilfen, die eine Trage voller Steine schleppten, waren im Vorübergehen kurz stehengeblieben, um einen neugierigen Blick auf den Bogen zu werfen, mit dem sich ihr Meister beschäftigte. Der Lahme verlagerte sein Gewicht auf das rechte Bein, sah lange vom Pergament zu Cadfael hin, und zuckte lächelnd mit den Schultern, als Cadfael seinen Blick erwiderte. Dann gingen sie weiter.
    »Also niemand aus der Gegend«, sagte er ergeben.
    »Keiner, den ich kenne. Dabei hab ich auf den meisten Herrensitzen im weiten Umkreis gearbeitet.« Noch einmal schüttelte der Steinmetz den Kopf, als Cadfael das Blatt zusammenrollte und wieder in seine Kutte steckte.
    »Ist es wichtig?«
    »Möglicherweise. Gewiß kennt man es irgendwo.«
    Es sah ganz so aus, als hätte er hier alles in seinen Kräften Stehende getan. Über seine nächsten Schritte hatte er sich noch keine Gedanken gemacht und wußte noch nicht, wie er weiter vorgehen sollte. Alles deutete darauf hin, daß er Philip in der Burg La Musarderie finden würde. Dorthin hatten seine Leute höchstwahrscheinlich Yves verschleppt, und dort hielt er nach den Worten des Waldbauern bereits eine oder zwei Geiseln fest. Überzeugend schien Cadfael auch der Gedanke, daß sich ein so sehr von seinen Leidenschaften getriebener Mann dort aufhalten würde, wo sich die Objekte seines Hasses befanden. Zweifellos war Yves in Philips Augen schuldig.
    Sofern man ihn jedoch davon überzeugen konnte, daß er dem Jüngling Unrecht tat, würde er sicherlich Abstand von dem nehmen, was er mit ihm zu tun plante. Er war ein kluger Mann, der sich Vernunftargumenten kaum verschließen würde.
    Cadfael nahm diese Frage zur Terz mit in die Kirche und sprach sein Gebet still in einem ruhigen Winkel.
    Gerade als er die Augen wieder öffnete und sich zurückziehen wollte, legte sich von hinten sacht eine Hand auf seinen Ärmel.
    »Bruder...«
    Offensichtlich konnte sich der Lahme trotz der Behinderung mit seinen abgetretenen Filzschuhen lautlos auf den Bodenplatten bewegen. Sein wettergegerbtes Gesicht unter dem dichten braunen Haar war angespannt und schwermütig. »Bruder, du suchst den Mann, der seine Dokumente mit einem gewissen Petschaft siegelt.« Seine Stimme klang leise und eindringlich.
    »So ist es«, stimmte Cadfael betrübt zu. »Aber es sieht ganz so aus, als könnte mir

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