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Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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das Meer der Morgenopale, dem Äquator zu. Sie waren weit abseits von den üblichen Handelslinien. Dieses ganze endlose obere Gebiet war Wildnis. Es gab nicht einmal Fischerdörfer entlang der Küste. Die großen Klippen ragten steil aus dem Wasser, und nichts und niemand konnte dort einen Halt finden. Und auf der anderen Seite, jenseits des Drachendschungels, lag nur die unwirtliche Todesfalle der Oberen Seen.
    Die Fahrt der Ethne war so glatt, als sei das Boot glücklich, dem Schlamm und den Ketten des Hafens entronnen zu sein. Und ein Wandel kam über Heath. Er stand rasiert, sauber und aufrecht auf seinem eigenen Deck, und es gab keinen Zweifel mehr. Die lange Furcht und das lange Warten waren vorbei, und auf seine eigene bittere Art war auch er glücklich.
    Sie hatten nichts mehr von der Lahal gesehen, aber Heath wußte sehr wohl, daß sie ihnen irgendwo folgte. Sie war nicht so flink wie die Ethne, aber sie war zuverlässig, und Johor war ein guter Seemann. Außerdem war der Priester Vakor an Bord, und er würde, wenn nötig, die Lahal über die Wolkenberge selbst treiben – um sie zu kriegen.
    Einmal sagte er zu Alor: »Vakor scheint einen besonderen Haß gegen dich zu haben.«
    Ihr Gesicht verzerrte sich vor Abscheu und der Erinnerung an erlittene Schmach. »Er ist ein Tier«, sagte sie. »Er ist eine Schlange, eine Kröte, die sich aufführt wie ein König. Wir haben es ihm einfach gemacht«, fügte sie hinzu, »alle drei auf einem Haufen wie hier.«
    Von seinem Platz am Ruder aus beobachtete Sie Heath mit einer Art entfernter Neugier. Langbeinig stand sie da, ihr Mund war kühn; mit dunklen, umwölkten Augen blickte sie zurück auf das weiße Kielwasser, das sie hinter sich herzogen.
    »Du mußt Broca geliebt haben«, meinte er, »wenn du seinetwegen deinen Eid gebrochen hast. Wenn man bedenkt, was es heißt, wenn sie dich erwischen.«
    Alor blickte ihn an, dann lachte sie kurz und humorlos.
    »Ich wäre mit jedem gegangen, der stark genug gewesen wäre, mich aus dem Tempel zu holen. Broca ist stark, und er betet mich an.«
    Heath war ernsthaft verwundert. »Du liebst ihn nicht?«
    Sie zuckte die Achseln. »Er sieht gut aus. Er ist ein prächtiger Krieger und ein Mann und kein Priester. Aber Liebe …?«
    »Wie ist das«, fragte sie plötzlich, »jemanden zu lieben, wie du deine Ethne geliebt hast?«
    Heath fuhr hoch. »Was weißt du von Ethne?«
    »Du hast im Schlaf von ihr geredet. Und Broca hat mir erzählt, wie du in der Schenke ihren Schatten beschworen hast. Du hast dich in das Mondfeuer gewagt, um sie wiederzugewinnen.«
    Sie warf einen Blick auf die elfenbeinerne Galionsfigur an dem hohen, geschwungenen Bug, eine Frauengestalt, jung, zart, lächelnd.
    »Ich denke, du bist ein Narr«, schloß sie abrupt. »Nur ein Narr kann einen Schatten lieben.«
    Sie hatte sich in die Kabine begeben, bevor er seine Stimme wiederfand, bevor er ihren weißen Hals zwischen seine Hände nehmen und zerquetschen konnte.
    Ethne – Ethne!
    Er verfluchte die Frau aus den Tempelgärten.
    Er war immer noch in seinem brütenden Zorn gefangen, als Broca hinaufkam, um ihn am Steuer abzulösen.
    »Ich werde noch etwas länger hierbleiben«, gab Heath ihm zu verstehen. »Ich fürchte, das Wetter schlägt um.«
    Es ging auf den Abend zu. Wolken begannen sich im Süden zu ballen. Das Meer war wie während der ganzen letzten Tage von langen, sich kräuselnden Wogen bedeckt, doch es war anders als sonst, ein Pulsschlag, eine Schwingung, die den Kiel des Schiffes vibrieren ließ.
    Broca reckte seine mächtigen Schultern, blickte gen Süden und dann auf Heath herab.
    »Du redest mir zuviel mit meiner Frau«, knurrte er dann.
    Bevor Heath etwas erwidern konnte, legte der Venusier ihm die Hand ganz leicht auf die Schulter. Ein leichter Griff, doch mit Kraft genug dahinter, Heath die Knochen zu brechen.
    »Du sollst nicht so viel mit Alor reden«, sagte er.
    »Ich habe nicht angefangen«, schnappte Heath zornig. »Sie ist deine Frau – paß du doch auf sie auf.«
    »Ich brauche nicht auf sie aufzupassen«, gab Broca kaltblütig zurück. »Nicht was sie und dich betrifft.«
    Er schaute auf Heath herab, als er sprach, und Heath war sich bewußt, welchen Gegensatz sie bildeten – seine magere Gestalt und sein eingefallenes Gesicht gegen die kraftvolle Erscheinung des großen Barbaren.
    »Aber sie ist immer bei dir an Deck und läßt sich von dir Geschichten über das Meer erzählen«, meinte Broca. »Du sollst nicht so viel mit ihr

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