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Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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in zwei Stücke gespalten worden.
    Er konnte nicht verstehen, warum er schon wach war. Die Droge allein hätte für Stunden tiefen Schlafs ausreichen sollen. Der Himmel jenseits des Kabineneingangs hatte sich verändert. Die Nacht war fast vorbei. Er blieb einen Augenblick liegen und fragte sich, was er jetzt machen sollte, als er plötzlich erkannte, was ihn trotz allem geweckt hatte.
    Die Ethne war auf See.
    Seine Wut nahm ihm so den Atem, daß er nicht einmal mehr fluchen konnte. Er raffte sich auf. Das Deck schwankte unter seinen Füßen, und selbst in seiner jetzigen Situation fiel ihm auf, daß das Schiff nicht richtig lag; es rollte und gierte vor dem starken Wind.
    Er stieß die Tür auf und trat ins Freie.
    Das große Dreiecksegel aus goldener Spinnenseide, geisterhaft in der blauen Luft, schlappte und verlor Wind und schlug gegen die losen Rahen. Heath wandte sich und stieg zu dem erhöhten Hinterdeck hinauf. Die Furcht um sein Schiff verlieh ihm Kraft. Broca stand mit gespreizten Beinen am Steuerruder und versuchte, es unter Kontrolle zu bringen. Die Kielspur wand sich wie eine zuckende Schlange weiß auf dem schwarzen Wasser.
    Alor stand an der Reling und starrte hinaus auf das niedrige Land achteraus.
    Broca gab kein Wort des Protests von sich, als Heath in beiseite stieß und das Ruder übernahm. Alor blickte sich um und sah ihn, sagte aber nichts.
    Die Ethne war klein und die Besegelung so einfach, daß ein einziger Mann sie handhaben konnte. Heath trimmte das Segel, und ein paar Sekunden später trieb das Schiff so leicht und anmutig dahin wie ihre Namensgefährtin, ihr Kielwasser gerade wie mit dem Lineal gezogen.
    Als dies alles getan war, wandte sich Heath gegen sie und verwünschte sie in einem Zorn, der größer war als der einer Mutter, der man das Kind gestohlen hatte.
    Broca beachtete ihn gar nicht. Er blickte hinaus auf das Land und den heller werdenden Himmel. Als Heath zu Ende war, sagte die Frau: »Wir mußten fort. Vielleicht ist es schon zu spät. Und du schienst nicht bereit zu sein, uns zu helfen.«
    Heath gab keine Antwort. Es gab nichts mehr zu sagen. Hart riß er das Ruder herum.
     
    *
     
    In einem einzigen Satz war Broca bei ihm, mit erhobener Hand, als Alor plötzlich ausrief: »Qartet! «
    Etwas in ihrer Stimme ließ beide Männer herumfahren und sie anblicken. Sie stand an der Reling, den Wind in ihrem Gesicht, ihr Haar flatterte, der kurze Rock ihrer Tunika peitschte gegen ihre Schenkel. Sie hatte den Arm erhoben und deutete mit der Hand.
    Die Sonne ging auf.
    Für einen Augenblick verlor Heath jegliches Zeitgefühl. Das Deck hob und senkte sich unter seinen Füßen. Nebel und Morgenröte hingen über der See, dem Meer der Morgenopale, dem sie den Namen gegeben hatten. Es war, als habe es nie ein Mondfeuer gegeben, weder Vergangenheit noch Zukunft, sondern nur David Heath und sein Schiff und das Licht über dem Wasser.
    Es kam langsam, es tropfte hinab durch Meilen perlgrauer Wolken wie ein Regen von Edelsteinen. Kühl und gemächlich zuerst, dann wärmer und breiter, verwandelte es die Luft in Perlen aus rosigem Feuer, schillernd und glühend, so daß das kleine Schiff durch das Herz eines Feueropals zu gleiten schien, der so endlos war wie das Universum.
    Das Meer veränderte seine Farbe von schwarz zu tiefblau, von milchigen Bändern durchzogen. Scharen der kleinen, blitzenden Drachen erhoben sich funkelnd aus den Schilfbänken, die in verstreuten Flecken aus Purpur, Ocker und Zinnober die Wasserfläche überzogen, und das Schilf selbst erwachte zu einem vagen, triebhaften Leben und streckte seine Fühler der Sonne entgegen.
    Für einen kurzen Augenblick war David Heath vollkommen glücklich.
    Dann sah er, daß Broca einen Bogen unter der Heckreling hervorgeholt hatte. Heath erkannte, daß die beiden ihre ganze Habe an Bord gebracht haben mußten, während er in der Schenke lag. Es war einer der großen Langbogen der Hochlandbarbaren, und Broca spannte den massiven Schaft, als sei es ein dünner Zweig, und legte einen Pfeil mit seiner Knochenspitze in die Kerbe.
    Ein Schiff kam auf sie zu. Wie ein Schatten aus Perlmutt schwebte es durch die glimmenden Nebelschleier. Sein Segel war grün wie ein Smaragd. Es war noch weit entfernt, doch es hatte den Wind im Rücken und schoß auf sie zu wie ein Drache im Flug.
    »Das ist die Lahal «, stellte Heath fest. »Weiß Johor, was er da tut?«
    Dann sah er mit einem Anflug ungläubigen Entsetzens, daß am Bug des Schiffes der große

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