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Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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Schwarze, drohende Titanen und dazwischen ein Chaos aus weißem Wasser, zerrissen und zerfetzt von Felsen wie riesigen Fängen.
    Der Drachenschlund.
    Als Heath das letzte Mal diese Passage gemacht hatte, hatte er gutes Wetter und Männer für die Ruder gehabt. Sogar dann war es nicht einfach gewesen. Jetzt versuchte er sich zu erinnern, wo der Kanal war, und versuchte, das Schiff auf die Stelle hinzuzwingen, wo sich ein Weg zwischen den Felsen zu öffnen schien.
    Die Ethne wurde schneller und schneller und schoß in den Drachenschlund hinein.
    Sie raste durch Gischt, Wind und Donner. Immer wieder sah Heath plötzlich einen Felsen vor sich auftauchen und riß das Ruder zur Seite oder entging nur um Haaresbreite dem Tod, der dicht unter der brodelnden Oberfläche lauerte. Zwei-, dreimal erzitterte die Ethne mit einem schauderlichen Knirschen, und er dachte, es sei vorbei.
    Einmal, als das Ende greifbar war, als es keine Hoffnung mehr zu geben schien, spürte er Alors Hand auf der seinen.
    Das hohe Wasser rettete sie. Es trug sie mit seinem Schwall durch den Kanal und über die Felsen und schließlich über die Barriere am Ende der Meerenge. Schlingernd trieb die Ethne in das verhältnismäßig ruhige Wasser der Oberen Seen hinaus, wo die rollenden Wogen sanft erschienen, und alles war viel zu schnell vorbei. Eine lange Zeit standen die drei erschöpft über das Ruder gelehnt und konnten es nicht begreifen, daß alles vorüber war und sie noch lebten.
    Der Sturm hatte sich ausgetobt. Der Wind schwächte ab. Heath spannte ein Stück Segel auf. Dann saß er neben der Ruderpinne und dachte daran, daß Alor nach seiner Hand gegriffen hatte, als sie glaubte, sterben zu müssen.
     

4.
     
    Sogar jetzt am Morgen war es heiß. Die Oberen Seen lagen in der Äquatorzone: flache, landumschlossene Gewässer, vom Schilf erstickt, von wandernden Schlammbänken durchzogen und von den vorspringenden Ausläufern der Berge in ein Labyrinth von Tümpeln und blinden Kanälen zerschnitten.
    Der Wind fiel ab bis zur Flaute. Sie verließen das offene Wasser, das von den Gezeiten des Meeres der Morgenopale freigehalten wurde. Das treibende Schilf wurde dichter, eine fleckige, ockerfarbene Ebene aus unbeseeltem pflanzlichem Leben. Die Luft stank.
    Unter Heaths Anleitung brachten sie das Schilfmesser an, eine große, geschwungene Klinge, die über den Bug gestreift wurde. Dann, indem sie das Steuer als Heckruder benutzten, skullten sie die Ethne im Schweiße ihres Angesichts voran.
    Wolken von kleinen, hellgeschuppten Drachen erhoben sich, aufgescheucht durch das Schiff, mit Gezisch und Geschrei. Dies war ihre Brutstätte. Sie kämpften und nisteten im Schilf, und die dampferfüllte Luft hallte vom Klatschen ihrer Flügel. Sie saßen auf der Reling und in der Takelage und beobachteten sie mit ihren roten Augen. Das Tier auf Heaths Schulter stieß rauhe Schreie der Erregung aus. Heath warf es in die Luft, und es flatterte fort, um sich zu seinen Gefährten zu gesellen.
    Und es gab Leben unter dem Schilf, das in dem warmen, stehenden Wasser laichte, vielförmig, schwärmend, ewig hungrig. Kleine, echsenartige Geschöpfe huschten und schlängelten sich durch das Schilf und fraßen die Eier der Drachen. Und hier und dort brach bisweilen ein flacher, dunkler Kopf mit einem klatschenden Geräusch durch die Oberfläche und beobachtete teilnahmslos die Ethne, während er mahlte und schluckte.
    Heath war immer auf der Wacht.
    Über den ewigen Wolken stieg die Sonne höher. Die Hitze sank herab und sammelte sich. Das Ruder ging hin und her, das Messer biß, das Schilf schleifte an den Planken vorbei, und hinter ihnen schloß sich langsam der Schnitt, wenn die Masse sich wieder zusammenschob.
    Heath mußte immer wieder zu Alor hinüberschauen.
    Er wollte sie nicht ansehen. Er wollte sich nicht daran erinnern, wie ihre Hand nach der seinen gegriffen hatte. Er wollte nur an Ethne denken, an die Qual des Mondfeuers und an die Belohnung, die auf ihn wartete, wenn er nur durchhielt. Was konnte ihm ein Tempelmädchen daneben bedeuten?
    Doch insgeheim schweifte sein Blick immer wieder zu ihr hinüber. Ihre weißen Arme glänzten vor Schweiß, und ihr roter Mund war verschlossen vor Müdigkeit, doch selbst jetzt war sie von einer seltsamen, wilden Schönheit. Hin und wieder trafen sich ihre Augen, und Alors Blick unter den langen Wimpern war nicht der einer Tempeldienerin. Heath verwünschte Broca in seinem Herzen, weil er ihm den Gedanken an Alor eingegeben

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