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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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unterbreitete. Sie sollten sich bitte dazu bereit erklären, dass etwa eine Milliarde Euro aus Ihrer Brieftasche kurzfristig abgerufen wird. Zu einem bestimmten Datum. Dann gab man Ihnen eine Reihe von Konten, auf die Sie das Geld transferieren sollten. Wir nehmen an, es war gut ein Dutzend Konten, wenn nicht noch mehr. Man sagte Ihnen sogar, Sie bräuchten keine Sorgen um Ihre aktuelle Liquidität zu haben, denn die Milliarde bekämen Sie schleunigst ersetzt, innerhalb von, sagen wir, vier Wochen. Es ist wahrscheinlich auch erwähnt worden, wer dieses Geld ausgeben wollte, aber das wissen wir nicht genau. Es war der US-Milliardär Glen Marshall. Und der würde Ihnen die Milliarde umgehend erstatten, er hat genug davon. Und genau so ist das auch gelaufen, und erst ich habe Sie darüber informiert, was mit diesem Geld genau passiert ist. Das wäre unser bescheidenes Szenario. Es hat Mängel, ich weiß, aber das Prinzip ist richtig.«
    »Das werden Sie nie beweisen können«, sagte Ben Wadi schnell.
    »Das wollen wir auch gar nicht«, entgegnete Müller freundlich. »Wir möchten das im Gegenteil überhaupt nicht an die große Glocke hängen. Aber wir möchten Klarheit darüber, ob das, was wir annehmen, annähernd richtig ist. Wenn Sie so wollen, ist das unser Controlling.«
    »Habe ich eine Sicherheit?«, fragte Ben Wadi.
    »Nein«, antwortete Müller trocken und wartete.
    »Sie haben dieses Gespräch aufgenommen?«
    »Natürlich. Ja oder Nein?«
    »Ja«, sagte er.
    »Sie sind doch so klug, wie ich dachte. Alles Gute für Sie!«
     
     
     
    Svenja fragte: »Was war denn – nein, entschuldige bitte – was ist denn deine Tochter für ein Mädchen? War sie früher ganz sanft und brav oder auch mal richtig wild? Schlug sie schon mal über die Stränge, begehrte sie auf, probte sie die Revolution?«
    »Chang war alles«, sagte er in einer wilden Anwandlung reiner Freude und strahlte über das ganze Gesicht. »Anfangs war sie ein kleines süßes Mädchen mit Zöpfen, sehr lebhaft, ohne Scheu. Dann kam sie in die Schule, lernte mit einer stillen Ernsthaftigkeit. Sie war immer ein richtig schönes Kind. Noch schöner als ihre Mutter. Ja, aber es kamen auch andere Zeiten. War sie anfangs sehr gut in der Schule gewesen, wurde sie dann, als sie ungefähr dreizehn war, auf einmal schrecklich faul. Sie träumte am helllichten Tag.« Er lächelte in der Erinnerung. »Na, ich denke, man kennt das, wenn Mädchen in die Pubertät kommen, das ist wohl überall auf der Welt so. Sie machte keine Hausaufgaben mehr, wollte einfach nicht lernen, sie mäkelte an den Lehrern herum. Aber das gab sich irgendwann, und sie kam wieder in Schwung. Ich war richtig stolz auf sie.«
    »Und du hast sie besucht?«
    »Na, natürlich. Wann immer ich konnte, die ganzen Jahre über. Ich wollte, dass sie weiß: Draußen ist mein Vater, und wenn etwas schiefgeht, wird er mir helfen. Und ich denke, sie wusste das auch. Bis dann die Phase kam, in der sie sagte, ich solle sie nicht mehr besuchen, es sei besser für sie allein.«
    »Hatte zu diesem Zeitpunkt ihre Mutter überhaupt noch Kontakt zu ihr?«
    »Nein, schon lange nicht mehr. Und ich denke, sie hat ihre Mutter jahrelang vermisst. Alle Kinder hatten eine Mutter, wenn sie nicht gerade Waise waren, nur meine Tochter nicht. Obwohl sie ja lebte, und meine Tochter wusste das. Da fehlte ihr etwas. Ich habe ihre Mutter sogar mal auf der Straße abgepasst, sie gebeten, sich um unsere Tochter zu kümmern. Sie wandte sich an einen vorübergehenden Soldaten und sagte: Bitte, befreien Sie mich von diesem aufdringlichen Mann! Das ist bei uns in Korea eine ganz schlimme Sitte. Der Soldat fragte nicht nach, sondern schlug mich sofort, ohne irgendeine Erklärung abzuwarten, schlug er einfach zu. Ich war tief beschämt, und ich habe meine Frau in dem Moment gehasst.«
    »Hatte deine Tochter etwas mit gleichaltrigen Jungen zu tun?«
    »Das kann ich nicht sagen, weil ich ihren Alltag nicht kannte. Ich kam ja immer nur am Wochenende. Aber als sie die Oberschule abschloss, hatte sie meiner Meinung nach noch keine feste Verbindung zu einem jungen Mann. Da war sie siebzehn. Vielleicht hat es da erste schüchterne Annäherungsversuche gegeben, aber das kann ich dir nicht sagen.«
    »Und dann?«
    »Dann wollte sie studieren. Biologie, Geschichte, auch noch Philosophie. Das interessierte sie. Sie fing an mit einer Reihe Vorlesungen über die heimische Tierwelt. Daran kann ich mich sehr gut erinnern, weil sie so begeistert

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