Bruderdienst: Roman (German Edition)
Kim erhebliche Trübungen in Müllers Befinden ausgelöst hatte. Er war bedrückt.
Er las die Einweisung und spürte, wie seine Konzentration langsam wieder zunahm. Und was er las, machte ihn wütend.
Als das Telefon klingelte, nahm er ab und meldete sich sehr sachlich und kurz mit: »Ja, bitte?«
»Sie kennen mich unter dem Namen Ben Wadi. Was kann ich für Sie tun, Doktor?«
»Oh, das ist gut, dass ich Sie dran habe. Danke für die Zeit. Ich habe eine Frage zu stellen, nachdem wir darauf gestoßen sind, dass Sie auf Mauritius einen gewissen Ben Schuster getroffen haben.«
»Wer soll das sein?«
»In der Bildunterschrift steht, er sei ein amerikanischer Geschäftsmann. Können Sie das bestätigen?«
Ben Wadi lachte leise. »Wann soll das denn gewesen sein?«
»Im April des vergangenen Jahres. Und Sie sind auch mit einem Aliasnamen angegeben, sie heißen da Ben Hadsch Abdul Aziz. Kann das sein?«
»Oh ja, das kann gut sein, denn dieser Name ist tatsächlich Bestandteil meines vollständigen Namens. Und der ist so lang, dass Sie ihn sich niemals merken könnten. Soweit ich das verstehe, beziehen Sie sich auf eine Zeitungsmeldung.«
»Ja, genau. Es ist eine Meldung mit Foto und Bildunterschrift. Das Bild zeigt Sie und diesen Schuster auf der Terrasse eines wunderbaren Hotels. Sehr eindrucksvoll.«
»Das ist schön.« Er lachte wieder leise. »Und dazu verlangen Sie einen Kommentar?«
»Ja. Sie erinnern sich an unser Spiel? Sie haben mir erklärt, wie man Gelder verbirgt, mit denen man eine Atombombe kaufen kann, und …«
»Doktor Dieckmann, ich bitte Sie, das war ein Spiel. Und was hat das jetzt mit dieser Bildunterschrift zu tun?«
»Ganz einfach, mein Lieber. Dieser amerikanische Geschäftsmann namens Ben Schuster ist nicht Ben Schuster.« Er wartete.
»Dann hat er sich als Ben Schuster ausgegeben?«
»Könnte man so sagen. Wir gehen davon aus, dass Sie das sehr wohl gewusst haben.«
»Aber warum sollte ich das gewusst haben? Glauben Sie, ich lasse meine Gäste mit gezücktem Ausweis antreten?«
»Oh nein, Sir. Dazu sind Sie entschieden zu vorsichtig. Und Sie sind zu kostbar, was Ihre Bargeldvorräte anbelangt. Sie treffen niemanden, von dem Sie nicht genau wissen, wer er ist. Und Ben Schuster ist der ehrenwerte Regierungsdirektor Lars Young, seines Zeichens ein hoher Beamter der CIA aus dem Stab des Archie Goodwin. Und den, das können wir auch beweisen, kennen Sie seit Jahren zur Genüge.«
Ben Wadi schwieg sehr lange. Dann sagte er leise: »Ich werde mir merken müssen, dass Sie jemand sind, mit dem man nur in Anwesenheit seines Rechtsberaters reden sollte.«
»Ach was!«, sagte Müller wegwerfend. »Das ist doch gar nicht nötig. Ich bin allerdings enttäuscht von Ihnen, dass Sie mir in Zürich nichts davon berichtet haben. Sie wussten, wie sehr ich Ihre Hilfe brauchte, und Sie haben sie mir verwehrt. Da kann man schon mal sauer werden.«
»Ich glaube, ich breche das Gespräch lieber ab.«
»Aber so hilflos sind Sie doch gar nicht. Sie müssen sich nur einen kleinen Schubs geben, und wir beide trennen uns friedlich.«
»Was soll denn dabei herauskommen? Dass ich persönlich die Bombe gekauft habe?«
»Das haben Sie selbstverständlich nicht.«
»Was ist, wenn ich nicht kooperiere?« Seine Stimme wirkte längst nicht mehr so selbstsicher und gelassen. Müller nahm an, dass er jetzt Angst hatte.
»Also, sagen wir so: Sie haben sehr eindrucksvoll geschildert, wie Ihr guter Freund Christopher Hohn sich mit seiner TCI bei der niederländischen Bank ABN AMRO einkaufte und dass er seiner Frau aus Gewinnen hundert Millionen Euro für die Aidswaisen in Afrika und Indien rüberschob. Sehr edel, muss ich schon sagen. Nun gibt es allerdings auch Gegenbeispiele, die nicht so edel sind. Zum Beispiel wäre es nicht edel, beim Kauf einer A-Bombe behilflich gewesen zu sein. Das wäre nun wirklich keine gute Publicity. Ihre Branche hat entgegen weit verbreiteter Meinungen ein ungeheuer feines Gespür für Soll und Haben. Und jemand, der beim Kauf einer solchen Waffe hilft, wäre schlicht unten durch. Auf Lebenszeit. Aber eigentlich sind Sie doch gar nicht so ein Mensch. Ich möchte Ihnen ein Szenario vortragen, und Sie brauchen nur Ja oder Nein zu sagen.«
»Das ist Erpressung«, stellte Ben Wadi fest, schwieg dann eine Weile und fragte dann: »Wie sieht das Szenario aus?«
»Wir nehmen an, dass Ben Schuster alias Lars Young Sie auf Veranlassung seines Chefs Goodwin besuchte und Ihnen einen Vorschlag
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