Bruderdienst: Roman (German Edition)
leidenschaftlich, und ihr Atem wurde schneller. Sie packte sein Poloshirt mit beiden Händen und riss es unterhalb der Knopfleiste auf, sodass seine Brust frei lag.
»Du bist sehr stark«, hauchte er.
»Stärker als Kriemhild«, versicherte sie.« Und könntest du bitte diese blöde Jeans ausziehen? Halt, nein, nein, nicht aufstehen. Das musst du irgendwie hinkriegen, ohne mich abzuwerfen.«
»Das geht nicht.«
»Doch, das geht. Und halt jetzt den Mund, bitte. Sei einfach still.«
Er konnte ohnehin nicht mehr sprechen, er versuchte, das zerfetzte Poloshirt loszuwerden, und da ihr Mund nicht von ihm abließ, war das eine ausgesprochen schwierige Operation. Dann brach das Sesselchen unter ihnen vollkommen lautlos zusammen, und sie nahmen sich nicht einmal die Zeit, darüber zu lachen.
Es war der fünfte Tag der Affäre, und Krause saß an seinem Schreibtisch und blickte wieder einmal zu den Bäumen hinaus. In der Nacht war die Nachricht eingetroffen, dass Svenjas Einsatz erfolgreich verlaufen war. Vielleicht würde das Dossier irgendwelche Hinweise liefern. Oder Moshe mit den Filmen, falls er tatsächlich an diesem Tag noch kommen würde.
Das Telefon klingelte, und Goldhändchens aufgeregte Stimme verkündete: »Es könnte sein, dass ich einen Hinweis habe, Chef. Darf ich Ihnen das kurz darlegen?«
»Kommen Sie!«, befahl Krause. »Aber machen Sie’s kurz, bitte.«
Er starrte missmutig auf eine pralle Plastiktüte, die bis obenhin gefüllt war mit weißlichen, in Zehnerpackungen eingeschweißten Bratwürsten. Angeekelt blickte er auf die Aufschrift »Genuss aus dem Bayernland!« und konnte sich nicht erinnern, jemals so eine konzentrierte Ansammlung deutscher Chemie gesehen zu haben. Unvorstellbar, dass das einer essen würde.
Und weil er gegen sein Unbehagen unbedingt etwas unternehmen musste, rief er seine Frau an und sagte: »Ich bin’s. Ich hoffe, es geht dir gut.«
»Die Warterei geht mir auf die Nerven. Aber anscheinend ist dieser Chirurg sie unbedingt wert. Die Schwestern hier führen sich auf wie verliebte Teenager, wenn sie von ihm reden. Und sie sagen, für die schönsten hängenden Gärten der Welt ist der Mann der einzig Richtige.«
»Das klingt ja großartig«, lächelte Krause. »Dann halte ich mich lieber raus.«
»Kommst du nicht?«, fragte sie erschrocken.
»Doch, natürlich«, sagte er. »Ich weiß nur nicht, wie spät es wird. Haben dich die Blumen erreicht?«
»Ich habe sechs Biedermeiersträuße, und sie stehen alle in kleinen Teekannen und sehen allerliebst aus«, antwortete sie.
»Du wirst wieder gesund«, versprach er. »Übrigens – Moshe kommt.«
»Wann?«
»Ich weiß es nicht genau, wie das so ist bei ihm. Aber ich nehme an, heute oder morgen.«
»Es ist diese Atombombengeschichte, nicht wahr?«
»Ja.«
»Moshe kann auch bei uns zu Hause schlafen.«
Daran hatte er nicht gedacht, auf so eine Idee kam er nie. »Warum nicht? Na klar, das ist gut. Wir wollen grillen. Kannst du dich noch an die furchtbaren weißen Bratwürste erinnern? So welche habe ich wieder gekauft.«
»Das war doch ganz scheußliches Zeug«, sagte sie glucksend. »Na gut, wenn ihr wollt. Und Moshe muss mich besuchen.«
»Sicher«, sagte er. »Ich muss jetzt Schluss machen. Bis bald.«
Als Goldhändchen hereinkam, versuchte Krause sich gerade an eine alte Melodie zu erinnern, nach der er einmal mit seiner Frau getanzt hatte. Sie fiel ihm nicht mehr ein.
»Also, es ist ganz einfach«, sagte Goldhändchen und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Diese Eröffnung wählte er häufig, und sie bedeutete in der Regel, dass es nicht einfach war, sondern im Gegenteil höchst kompliziert.
Krause nickte.
»Wenn auf einer Bank Geld ankommt, dann gibt es mehrere Buchstaben- und Zahlenreihen, die dieses Geld begleiten. Das ist sozusagen der Absender, wenn Sie verstehen, was ich meine. Der Absender besagt, dass das Geld von einer gewissen Bank kommt, im Auftrag einer weiteren Bank, ferner im Auftrag eines Kunden, einer bestimmten Gesellschaft, einer Holding, im Namen des Aufsichtsrates einer großen Firma und so weiter und so fort.«
»Dass Geld unter bestimmten Umständen einen Absender haben sollte, ist mir schon klar.«
»Das ist schön«, sagte Goldhändchen. »Inzwischen belaufen sich die nordkoreanischen Gelder bei der China-International auf siebenhundertdreißig Millionen. Und für einen Teil dieser Gelder, genau für zweihundertachtzig Millionen, habe ich den Zahlen- und Buchstabencode
Weitere Kostenlose Bücher