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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Da müsste ich in meiner Liste nachgucken. Was soll die Frage?«
    »Wir versuchen herauszufinden, wann die Atombombe Nordkorea verlassen hat. Und jetzt hat dieser übergelaufene General den Russen gesagt, dass er die Bombe am 10. Juni an die Ostküste von Nordkorea geschafft hat. Und wir wissen mit Sicherheit, dass du am 10. Juni aus Nordkorea gekommen und direkt in die chinesische Stadt Harbin gefahren bist.«
    »Das mit dem nordkoreanischen General stand hier in allen Zeitungen. Das habe ich gelesen. Was ich selbst an Fracht nach Harbin gebracht habe, weiß ich nicht. Da muss ich wirklich nachgucken. Aber du redest dauernd von wir und uns. Ist das die CIA?«
    »Nein«, erklärte sie einfach. »Ich bin beim BND in Deutschland.«
    »Aber du hast hier für die Amerikaner gearbeitet, oder?«
    »Ich war ausgeliehen«, sagte sie.
    »Wow!«, sagte er nur.
    »Es geht auch um Nancy, um Larry und Silverman, die damals in der US-amerikanischen Botschaft waren.«
    »Die sind nicht mehr da.«
    »Wann kann ich in Ruhe mit dir reden? Gib mir eine Zeit.«
    »Von jetzt an in genau sechs Stunden. Aber ich weiß nicht, ob …«
    »In genau sechs Stunden. Ist das dann Festnetz oder Handy?«
    »Handy ist nicht so gut. Ich gebe dir die Nummer meiner Wohnung. Da bin ich dann.«
    Das konnte gelogen sein, er konnte versuchen, Zeit zu schinden, aber das war jetzt nicht wichtig. Wichtig war allein die Verbindung.
    Er diktierte ihr eine sehr lange Nummer, und sie schrieb gewissenhaft mit.
    Er fragte: »Wie ist es dir gelungen, die Sache mit dem Wissenschaftler in Nordkorea durchzuziehen?«
    »Ich kann froh sein, dass ich noch lebe.«
    »Und du hast dabei einen General gekillt.«
    Nach einer Pause: »Ja, stimmt. Woher weißt du das?«
    »Nicht von der CIA!« Er lachte schallend. »Okay, in sechs Stunden.« Dann kappte er die Verbindung.
    Sie rief sofort die Nummer in Peking an und hörte zu ihrer Erleichterung folgende Ansage erst in Chinesisch, dann in Englisch: »Hier ist Wu, der mit großem Abstand wichtigste Logistiker im modernen China, ausgerüstet mit wundervollen, mächtigen, original amerikanischen Trucks. Was immer Sie an Problemen haben, ich löse sie.«
    Du bist ein Quatschkopf!, dachte sie zärtlich, und ich habe jetzt ein paar Stunden Zeit zu schlafen. Und sie war sich vollkommen im Klaren darüber, dass das Ganze eine Falle sein konnte.
     
     
     
    Moshe Balkunian stand unvermittelt in der Tür und hatte die Arme weit zu einer brüderlichen Begrüßung ausgebreitet. Er sagte strahlend: »Der Held meiner Kindertage!«
    Esser schlüpfte wie ein dünnes Gespenst unter seinem rechten Arm durch und war verschwunden.
    Krause wollte aufstehen, stieß dabei aber zunächst seinen Stuhl mit den Kniekehlen um, trat dann zurück, was er besser nicht getan hätte, und landete auf dem Teppichboden.
    Moshe versicherte: »Ich bin unbewaffnet.«
    Krause erwiderte: »Das glaubst du doch selbst nicht«, und versuchte sich aufzurichten. Er befreite seine Beine aus dem Stuhl, versuchte, die Hand auf der Schreibtischplatte, sich hochzustemmen, rutschte ab und landete auf den Knien, was seiner Figur jede Würde nahm.
    »Was machen Sie da unten, junger Mann? Ich bin hier oben«, sagte Moshe grinsend.
    Krause atmete schnell und heftig und sagte: »Ich habe noch nie im Leben vor irgendjemandem einen solchen Kotau hingelegt.« Dann begann er schallend zu lachen. »Wieso kommst du mitten in der Nacht?«
    »Ich war erst bei unserem Botschafter hier. Da gab es ein paar Problemchen. Und dann erfuhr ich von deiner Bereitschaft, dass du noch im Haus bist. Also, Schalom.«
    »Schalom, mein Alter. Dass du trotz der Hamas und der Schweinerei im Gazastreifen hier auftauchen kannst, lässt nur zwei Schlüsse zu: Entweder hast du die Lage in deinem Verein so gut im Griff, dass sie auch ohne dich auskommen, oder aber du bist gefeuert worden und spielst keine Rolle mehr.«
    »Sie können mich nicht feuern. Ich weiß zu viel.«
    Moshe hatte eine sehr tiefe, sonore Stimme, wobei kein Mensch sich vorstellen konnte, woher die kam. Er war ein kleiner, schmächtiger Mann mit einer spiegelnden Glatze und langen, schmalen Händen. Sein Gesicht bildete ein längliches Oval, die Haut war stark gegerbt von den scharfen Wettern seines Berufes und durchzogen von tiefen Linien, die um die Augen feiner und zahlreicher wurden. Er trug eine randlose Brille mit schmalen Gläsern. In der Branche hatte er einen gleichzeitig erstklassigen und furchtbaren Ruf. Er war sehr genau und

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