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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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wirklich ein netter Kerl, aber schrecklich naiv. Er ist so naiv, dass es mir auf den Geist geht. Eben lag er auf Deck und hat sich zwei, drei, nein, sechs obskure Schnäpse bringen lassen und anschließend ›Waltzing Mathilda‹ gegrölt. Jedenfalls freue ich mich auf zu Hause und auf dich.«
    »Wann geht dein Flug?«
    »Ich denke morgen gegen Mittag.«
    »Bringst du Onkel Dagobert mit?«
    »Wahrscheinlich schon. Falls er nicht darauf besteht, in Fernost zu bleiben. Ist übrigens das Paket von Tante Gustel schon angekommen?«
    »Nicht die Spur«, antwortete sie. »Wir haben keine Ahnung, wo es geblieben sein kann. Vielleicht hat sie es auch gar nicht auf die Post getragen und traut sich jetzt nicht, das zuzugeben.«
    »Das könnte sein«, antwortete Müller. »Das wäre typisch für Tante Gustel.« Er machte eine Pause. »Es ist schön, deine Stimme zu hören. Geht es dir gut?«
    »Ich vermisse dich. Ich werde übrigens gleich mit der Firma in Peking telefonieren. Du weißt schon. Mit diesem Logistikgenie, das ich letztes Jahr flüchtig kennengelernt habe.«
    »Wir werden richtig international«, kommentierte er trocken. Dann: »Oje, Onkel Dagobert steht schon wieder an der Reling und opfert.«
    »Na gut«, sagte sie. »Ich unterbreche jetzt, damit du dich um den Onkel kümmern kannst.«
    »Mach es gut«, murmelte er.
    Sie wussten, dass sie sich der Drei-Minuten-Grenze näherten, und unterbrachen ihr Gespräch.
    »Ich war dumm«, sagte Kim und lächelte gequält. Er war sehr blass. »Schnaps ist nicht gut.«
    »Schnaps ist nicht gut«, wiederholte Müller. »Gleich an Land essen wir etwas, und dann wird es dir besser gehen.«
    »Ich habe nichts anzuziehen. Du hast meine Sachen ins Meer geschmissen.«
    »Wir besorgen dir neue Sachen«, sagte Müller. »Wir bitten den Skipper, etwas zu kaufen. So lange bleiben wir auf dem Boot.«
    Nach einer kurzen Pause sagte Kim: »Vielleicht kann ich ja in irgendeinem kleinen Dorf wohnen oder auf einem Bauernhof, der ein bisschen abseits liegt. Ich brauche ja nicht viel. Und vielleicht finde ich eine Arbeit. Ich glaube, ich bin gut im Holzhacken. Ich habe schon viel Holz gehackt.«
    Müller wollte spontan etwas erwidern, ihn in die Realität zurückholen, aber er bremste sich. »Das wird sich zeigen. Sicherlich gibt es viele Arbeiten, die du machen kannst. Vielleicht ist es besser, du arbeitest in der ersten Zeit gar nicht und siehst dir erst mal die neue Welt an.«
    Kim überlegt eine Weile und lächelte dann. »Ich weiß gar nicht, wie deine Welt aussieht.«
    »Sie ist ganz anders als deine, aber sie ist nicht schlecht.«
    »Und ihr habt genügend zu essen?«
    »Ja, das haben wir. Jeden Tag und …«
    Wieder meldete sich sein Handy. »Also, es ist so, dass ich dich wirklich sehr vermisse«, hörte er Svenja sagen. »Alles ruhig bei dir?«
    »Wir legen gleich an«, sagte Müller. »Ich glaube, ich habe in der Ferne schon die Küstenlinie gesehen. Ich melde mich, wenn die Maschine geht.«
    »Das wäre gut«, sagte sie seltsam tonlos.
    Er unterbrach das Gespräch und wandte sich erneut Kim zu. »Man sagt, dass deine Staatsoberhäupter, also Vater und Sohn, große Genies sein sollen. Ist das so?«
    Aber Kim ging nicht darauf ein, sondern fragte stattdessen: »Ist das richtig, dass bei euch die Menschen alle ein Handy haben? Und einen Computer?«
    »Fast alle«, nickte Müller. »Bei uns in Deutschland haben schon fast alle Jugendlichen ein Handy. Also wie ist das jetzt mit Vater und Sohn in deinem Land? Sie sind doch sicher ganz außergewöhnliche Menschen.«
    »So heißt es. Aber wahrscheinlich behauptest du jetzt, dass das nicht stimmt, dass sie ganz gewöhnliche Menschen sind.«
    Sieh an, ein heller Kopf, dachte Müller. »Das kann ich nicht beurteilen, ich weiß wirklich nicht viel über die beiden, außer dass sie eben angebliche Genies sind und die Welt um intelligente Denkweisen reicher gemacht haben.«
    »Das ist so«, sagte Kim knapp mit verschlossener Miene.
    »Dann wollen wir es dabei belassen«, sagte Müller. »Ich weiß zu wenig über dein Land. Ich weiß nur, dass Nordkorea seit mehr als fünfzig Jahren vollkommen isoliert vom Rest der Welt lebt. Und ich weiß nicht, warum das so ist.«
    »Wir leben im Krieg mit den USA«, sagte Kim.
    »Das stimmt auf keinen Fall«, widersprach Müller. »Die meisten Lebensmittel, die die Welt in dein Land schickt, damit ihr nicht verhungert, stammen aus den USA. Und die ganze Völkergemeinschaft bezahlt dafür.« Schluck es oder spuck

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