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Bruderherz

Titel: Bruderherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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Psychopath ist, und gesehen habe, wie er Menschen gefoltert und ermordet hat. Was zählt, ist einzig und allein, dass mein Blut an Rita Jones klebt!«
    »Du hast gesehen, wie er Menschen ermordet hat?«, fragte Walter. »Du hast ihm wirklich beim Töten zugesehen?« Wieder traten Tränen in meine Augen. »Wen hat er…«
    »Ich möchte nicht mehr darüber reden.«
    »Aber du hast mir gerade erzählt, dass du…«
    »Ich werde nicht darüber reden!«
    Ich erhob mich aus dem Sessel und ging hinüber zum Fenster, von dem aus man über den Rasen und dahinter über den See blicken konnte. Am Waldrand bekamen die ersten Pappeln eine goldene Farbe, die violetten Eichen und roten Ahornbäume würden bald schon den Wald förmlich in Brand setzen mit ihrem welkenden Laub. Ich lehnte die Stirn gegen das Fenster, so dass meine Tränen die Scheibe herabliefen und trübe Spuren hinterließen.
    »Was kann ich tun?«, fragte Walter. Seine Stimme klang jetzt wieder mitfühlend.
    Ich schüttelte den Kopf. Auch ich habe gemordet. Habe einer Frau das Herz herausgeschnitten und einen Mann in den Kopf geschossen, weil Orson es mir befohlen hat. Die Wörter schwirrten in meinem Kopf herum, aber ich konnte Walter nicht erzählen, was ich getan hatte. Irgendwie dachte ich, es reichte aus, dass er von Orson wusste und wo ich gewesen war.
    »Ich habe jede Nacht Alpträume.«
    »Du musst mit jemandem reden. So etwas kann dich kaputtmachen…«
    »Ich rede mit dir«, sagte ich und beobachtete ein Boot, das eine Schleife über den See zog. Zugleich fragte ich mich, was Walter wirklich durch den Kopf ging.
    Er kam zum Fenster und wir lehnten uns beide gegen die Scheibe.
    »Sie ist direkt dort drüben«, sagte ich und zeigte auf den Wald. »In einem flachen Grab.«
    Wir standen ewig am Fenster. Ich vermutete, er würde weitere Details wissen wollen, doch er schwieg und dafür war ich ihm dankbar.
    Dann wurde es Zeit für ihn, zu gehen. Er musste zum Theaterstück seiner Tochter. Ich stellte mir Jenna auf der Bühne vor und Walter und Beth im Publikum. Strahlend. Ich schwöre, dass es nur eine Sekunde lang dauerte, aber mir war ganz übel vor Neid.

Kapitel 16
     
    Jeanette Thomas lebte allein in dem langsam aussterbenden Ort Winston-Salem, North Carolina. In dem einer Ranch ähnelnden Haus waren ihre Söhne aufgewachsen und ihr Mann gestorben. In meiner Kindheit war dies eine blühende Mittelschichtgegend gewesen, doch als ich jetzt mit meinem roten CJ-7 langsam die Race Street entlangfuhr, stellte ich erstaunt fest, wie sehr sich alles verändert hatte. Verrostete Zäune aus Eisenketten umschlossen die Vorgärten, und einige Häuser waren total heruntergekommen. Es schien, als ob auf jeder Veranda eine ältere Person in einem Schaukelstuhl saß und den selten vorbeikommenden Autos zuwinkte. Dieses Viertel diente offenbar vielen Anwohnern als letzte Zone der Unabhängigkeit, bevor sie ihre letzten Tage in einem Altenheim verbringen würden.
    Als ich mich dem Haus meiner Mutter näherte, stieg unweigerlich die Erinnerung an frühere Zeiten in mir hoch. Damals waren die Straßen voller Kinder gewesen, und jetzt sah ich sie alle wieder vor mir, auf Fahrrädern und Stelzen, lachend, raufend, dem Eiswagen hinterherlaufend, wenn dieser hier an den heißen Sommernachmittagen seine Runde drehte. Dieses Paradies mit grünen, Schatten spendenden Bäumen und voller jugendlicher Energie war einst Orsons und meine Welt gewesen. Wir waren auf Bäume geklettert, hatten die dunklen Abwasserkanäle und verbotenen Wälder erkundet, die im Norden das Wohnviertel begrenzten. Wir hatten geheime Clubs gegründet, wackelige Baumhäuser gebaut und an einem Winterabend hier auf dem verlassenen Baseballfeld unsere erste Zigarette geraucht. Da dies das einzige Zuhause meiner Kindheit war, barg diese Straße besonders viele, nachhaltige Erinnerungen. Jedes Mal wenn ich hierher zurückkehrte, überkamen sie mich, und nun, nachdem das Viertel sich in eine Geisterstadt verwandelt hatte, erschien mir meine Kindheit noch viel spektakulärer. Der gegenwärtige Verfall ließ meine Erinnerungen noch reicher und strahlender wirken.
    Meine Mutter parkte ihr Auto immer am Fuß der Einfahrt, damit sie beim Rückwärtsfahren nicht aus Versehen den Briefkasten rammte. Als ich ihren Wagen erblickte, der etwas schief in die Straße hineinragte, musste ich lächeln und parkte mein Auto auf dem Bordstein vor dem Haus. Ich schaltete den Motor des Jeeps aus, öffnete die Tür und hörte als

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