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Bruderherz

Titel: Bruderherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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durch.
    Scheißkerl.
    Dr. David L. Parker.
    Sein Name war zwar mit einem Hyperlink versehen, doch seine Seite ließ sich nicht öffnen. Bist du das? Habe ich dich tatsächlich aufgrund eines kurzen Wortwechsels mit einem bekifften Cowboy aus Wyoming gefunden?
    Das Klingeln an der Haustür überraschte mich. Ich erwartete niemanden. Nachdem ich die Pistole vom Schreibtisch genommen hatte (ich trug sie jetzt überall mit mir herum), schritt ich durch den langen Flur, der mein Arbeitszimmer mit der Küche und dem restlichen Haus verband, durch das Wohnzimmer und rechts durch die Eingangshalle bis zu dem opaken, ovalen Fenster neben der Tür. Währenddessen hatte ich die Waffe geladen.
    Es klingelte erneut.
    »Wer ist da?«, fragte ich.
    »Süßes oder Streiche!« Kinderstimmen. Ich ließ die Waffe sinken und steckte sie hinten in den Hosenbund meiner feuchten Jeans. Da mein Haus am Ende einer langen Auffahrt abseits auf einem großen Waldgrundstück stand, kamen an Halloween nur selten Kinder an meine Tür. Ich hatte dieses Jahr nicht einmal Süßigkeiten für sie eingekauft.
    Ich öffnete die Tür. Ein kleiner maskierter und als Zorro verkleideter Junge zeigte mit einem Revolver auf mich. Seine Schwester war ein Engel – ein kleiner weißer Bademantel, Flügel aus Karton und ein Heiligenschein aus silbernem Lametta. Ein unglücklich dreinblickender Mann in einem braunen Regenmantel stand mit einem Regenschirm hinter ihnen – Walter. Warum bist du…
    »Süßigkeiten oder ich erschieße dich!«, rief John David. Das blonde Haar des Vierjährigen lugte unter seinem schwarzen Kopftuch hervor. Seine Maske war verrutscht, so dass er nur durch eins der Augenlöcher sehen konnte, doch er blieb seiner Verkleidung treu. »Ich erschieße dich«, warnte er mich erneut, und noch bevor ich etwas sagen konnte, zog er den Abzugshahn. Bei jedem Klicken des Plastikhammers zuckte ich zusammen, stolperte schließlich rückwärts in die Eingangshalle zurück und fiel dort auf die Knie.
    »Warum, John David, warum?«, fragte ich atemlos, hielt mir den Bauch und sank schließlich in gekrümmter Haltung auf den Boden, allerdings achtete ich darauf, dass meine Glock nicht aus der Hose rutschte. John David kicherte.
    »Guck mal, Papa, ich hab ihn erwischt. Ich schau kurz nach, ob er auch wirklich tot ist.«
    »Nein, JD«, sagte Walter, während ich wieder auferstand. »Geh nicht ins Haus.«
    Ich ging zurück zur Tür, sah Walters Blick und blickte auf den siebenjährigen Engel herab.
    »Du siehst wunderschön aus, Jenna«, sagte ich. »Hast du das Kostüm selbst gemacht?«
    »Ich hab’s heute in der Schule gemacht«, erklärte sie. »Gefällt dir mein Zauberstab?« Sie hielt einen langen Feenstab mit einem glitzernden Pappstern an der Spitze hoch.
    »Geh ein Stückchen mit uns«, sagte Walter. »Ich habe das Auto am Briefkasten stehen lassen.«
    »Lass mich erst nachsehen, ob ich ein paar Süßigkeiten für…«
    Er schüttelte die Plastiktüte in seiner rechten Hand. »Sie haben genug Süßigkeiten. Komm schon.« Ich zog mir Stiefel an, holte eine Jacke und einen Regenschirm aus dem Garderobenschrank, schloss die Tür hinter mir ab und trat nach draußen.
    Zu viert gingen wir den Fußweg bis zur Auffahrt entlang, dort reichte Walter Jenna seinen Regenschirm. »Schätzchen, ich möchte, dass du mit JD ein Stückchen vorgehst, okay?«
    »Warum denn, Papa?«
    »Ich muss mit Onkel Andy reden.«
    Sie nahm den Schirm. »Du musst mit mir kommen, JD«, trieb sie ihren Bruder an.
    »Neiiiin!«
    »Los, geh mit ihr. Wir sind direkt hinter euch.« Jenna lief vor und John David lief ihr hinterher und duckte sich unter den Regenschirm. Sie lachten und erfüllten mit ihren hellen, lebhaften Stimmen den Wald. Seine Spielzeugpistole gab drei Schüsse ab.
    Walter kam unter meinen Regenschirm. Gemeinsam gingen wir die von hohen Weihrauchkiefern gesäumte Auffahrt entlang. Während der Regen auf unseren Baldachin trommelte, wartete ich darauf, dass er reden würde. Der Abend roch nach nassen Pinien.
    »Beth packt gerade«, flüsterte er. »Sie bringt die Kinder weg.«
    »Wohin?«
    »Ich habe sie angewiesen, mir nicht zu sagen, wohin.«
    »Sie weiß Bescheid über…«
    »Nein. Sie weiß, dass die Kinder in Gefahr sind. Mehr braucht sie nicht zu wissen.«
    »Hör auf!«, schrie John David seine Schwester an.
    »Kinder!«, rief Walter barsch. »Benehmt euch.«
    »Papa, Jenna…«
    »Ich will nichts davon hören, mein Sohn.«
    Ich überlegte, warum Walters Zorn

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