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Bruderherz

Titel: Bruderherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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die Kameras waren zu weit entfernt, um den Inhalt, sofern es einen gab, zu erkennen. Es waren mindestens ein Dutzend Kartons, und das Entschärfungsteam untersuchte jeden einzelnen von ihnen so sorgfältig, als könnte er eine Atombombe enthalten. Ihre Gründlichkeit wirkte ermüdend. Erst gegen elf Uhr waren sämtliche Kartons untersucht und in dem gepanzerten Lastwagen abtransportiert worden.
    Die Spekulationen begannen. In den Kartons waren offensichtlich keine Bomben – was also dann? Ein Scherz? Ein Mordanschlag auf den Präsidenten? Gerüchte und unbestätigte Meldungen schwirrten durch die Sender, bis das FBI um halb zwei vor die Presse trat und die East Street wieder freigegeben wurde.
    Der Sonderbeauftragte Harold Trent wandte sich an die Reporter und sprach auf der Rückseite des Weißen Hauses, das unter dem Oktoberhimmel hinter ihm sichtbar war, in ein Meer von Mikrofonen. Zwölf Kartons, die meisten davon zwischen einem halben und einem Kubikmeter groß, waren vom FBI beschlagnahmt worden. Es wurde kein Sprengstoff darin gefunden. In jedem Karton hatte sich vielmehr etwas befunden, was wie ein menschliches Herz aussah, und dazu ein Zettel mit einem Namen.
    Die Reporter stellten jede Menge Fragen: Waren es Namen realer Personen? Würden die Namen veröffentlicht werden? Gab es Verdächtige? Warum hatten die Kartons in der Nähe des Weißen Hauses gestanden? Harold Trent weigerte sich zu spekulieren. Die Ermittlungen hätten gerade erst begonnen und eine Sonderkommission des FBI werde mit nationalen und lokalen Polizeieinheiten kooperieren, bis der oder die Verantwortlichen in Gewahrsam genommen worden seien.
    Der Sonderbeauftragte Trent atmete tief durch; auf dem Fernsehschirm, der sein Bild in mein Wohnzimmer übermittelte, war ihm die Erschöpfung deutlich anzusehen. Er blickte in die Kameras und sprach Sätze, die in den folgenden Tagen auf allen Fernsehsendern als Klanghäppchen ununterbrochen wiederholt werden würden.
    »Es liegt ein langer Weg vor uns«, erklärte er. »Es wird einige Zeit dauern, bis wir überprüft haben, ob es sich tatsächlich um die Herzen vermisster Personen oder bekannter Mordopfer handelt. Ich bete, dass dies nicht der Fall ist, aber es scheint sich hier letztlich doch um das Werk eines Serienmörders zu handeln. Und sollte dies der Fall sein, wird er so lange weitermorden, bis er gefasst wird.« Der kräftige schwarze Beamte entfernte sich von den Mikrofonen und ignorierte die Fragen, die ihm von den Reportern nachgerufen wurden.
    Die Nation hielt den Atem an, derweil die Presse ihrer Leidenschaft frönte. Die wildesten Spekulationen schossen wie Pilze aus dem Boden, während sich das Land selbstverliebt der eigenen Angst hingab. Noch bevor das FBI bestätigt hatte, dass die Herzen tatsächlich von Mordopfern stammten, propagierte die Presse bereits die Geburt eines Monsters.
    Zum Entsetzen der Ärzte würde dieses Monster den Spitznamen »Herzchirurg« erhalten, womit diese Berufsbezeichnung von jenem Tag an einen Makel besaß. Wer sie aussprach, beschwor die bekannten Bilder von FBI-Agenten und Washingtoner Bombenentschärfungsteams herauf, wie sie Kartons, die Arbeit eines Verrückten, in einen gepanzerten Lastwagen luden.
    Es war ein merkwürdiges Gefühl, als Einziger die Wahrheit zu kennen.

Kapitel 19
     
    Nebel streifte mein Gesicht, als ich zur Mitte des Sees hinausruderte. Ich hörte nichts außer dem gurgelnden Geklapper des Außenbordmotors, der am Heck meines undichten Ruderbootes angebracht war. Der Abendhimmel sah nach Regen aus, als ich über das bleierne, sich kräuselnde Wasser glitt und auf dem leeren See nach Walters Boot Ausschau hielt.
    Eine halbe Meile von meinem Steg entfernt stellte ich den Motor ab. Die kalte, stille Dämmerung hüllte mich ein, und ich überlegte, ob ich wohl noch vor Einsetzen des Regens zurückkäme. Obwohl ich nicht gerne draußen auf dem See war, blieb mir keine Wahl, denn in meinem Haus konnte ich mit Walter nicht mehr sprechen, aus Angst, dass Orson mithörte.
    Ich hörte das Dröhnen von Walters Boot, bevor ich es sah. Meine Nerven flatterten, und ich bedauerte, vorher nicht noch mehrere harte Drinks gekippt zu haben, die es mir leichter gemacht hätten, ihm das zu sagen, was ich ihm sagen musste. Walter hatte ebenfalls den Motor abgestellt, kam mit seinem Ruderboot an meine Seite und warf mir ein Tau herüber, damit ich uns aneinander binden konnte.
    »Was ist los?«, fragte er.
    »Hast du die Nachrichten

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