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Bruderherz

Titel: Bruderherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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sein Gesicht mit Blut und Hirnmasse bespritzt ist.
    »Willst du auch mal draufhauen?«, fragt er mich, obwohl nicht mehr viel zum Draufhauen übrig ist.
    »Nein.«
    Er wirft den Stein ins Wasserbecken, kommt rüber zu mir und setzt sich neben mich. Ich beuge mich vor und übergebe mich. Nachdem ich mich wieder aufgerichtet habe, frage ich: »Was hat er mit dir gemacht?«
    »Hat sein Ding in meinen Hintern gesteckt.«
    »Warum?«
    »Weiß ich nicht. Sieh mal hier.« Orson zeigt mir seinen kleinen Penis. Beim Anblick der Brandblase auf der Eichel muss ich heulen.
    Ich gehe zu Willard hinüber und drehe ihn um. Er hat kein Gesicht mehr. Sein Schädel erinnert mich an eine aufgeplatzte Wassermelone. In seiner Brusttasche finde ich die feuchte Zigarettenschachtel. Ich hole eine Zigarette und das Feuerzeug heraus und setze mich wieder neben meinen Bruder. Ich zünde die Zigarette an, ziehe meine Hose runter und füge mir selbst ein Brandmal zu.
    »Wir sind immer noch gleich«, sage ich wimmernd, als ich den Schmerz spüre.
    Bis die Hunde Willard Bass fanden, hatten sich längst die Fliegen über ihn hergemacht. Zuvor verboten uns unsere Eltern für den Rest des Sommers, im Wald zu spielen. Dass ihre Söhne vergewaltigt worden waren, schienen sie nie zu bemerken.
    Es ist merkwürdig. Ich erinnere mich nicht mehr daran, wann ich es vergessen habe.
     
    Nachdem Orson geendet hatte, herrschte lange Zeit Schweigen. Im Auto war es inzwischen vollkommen dunkel und draußen heulte immer noch der Sturm.
    »Ich schätze, du hältst das für eine Erklärung«, begann ich.
    »Nein. Willst du wissen, was ich denke? Ich glaube, auch wenn du und ich niemals diesen Tunnel betreten hätten, wären wir dennoch hier in der Wüste. Ich bin nicht der, der ich bin, weil ich mit zwölf vergewaltigt wurde. Willard Bass hat nur Öl in mein Feuer gegossen. Wann wirst du es erkennen?«
    »Was?«
    »Was wirklich in dir ist.«
    »Ich erkenne es durchaus, Orson.«
    »Und?«
    »Und ich hasse es. Ich fürchte es. Ich respektiere es. Und wenn ich auch nur eine Sekunde das Gefühl hätte, es könnte Oberhand über mich gewinnen, würde ich mir eine Pistole in den Mund stecken. – Zeit für deine Injektion.«

Kapitel 33
     
    Als ich aufwachte, hatte der Wind aufgehört. Die Uhr zeigte zehn. Orson atmete schwer, und obwohl ich ihn schüttelte, bewegte er sich nicht.
    Da es im Auto unangenehm heiß geworden war, stellte ich die Heizung aus. Ich schaltete die Scheibenwischer ein, die einen Teil der Schneeschicht zur Seite schoben. Die Sonne schien blendend grell auf die Vordersitze.
    Die Schneedecke reichte bis über die Motorhaube, und als ich über die weiße Wüste starrte, konnte ich nur hier und da einen ausgewachsenen Beifußstrauch aus dem Schnee ragen sehen. Der Himmel war azurblau.
    In einigen Meilen Entfernung sah ich einen weißen Hügelkamm und überlegte, ob es sich dabei um denjenigen handelte, der hinter der Hütte und der Scheune emporragte.
    Als ich meinen schlafenden Bruder auf dem Beifahrersitz ansah, zog sich mir der Magen zusammen. Scheißkerl! Ich hatte von Willard Bass geträumt und davon, wie ich seinen Penis in den Mund nehmen musste. Wut gärte in meinen Eingeweiden, die umso heftiger wurde, je mehr ich darüber nachdachte. Er hätte mir das nicht antun dürfen.
    »Orson, wach auf.« Ich schlug ihm ins Gesicht und seine Augen öffneten sich.
    »Oh, Scheiße!«, murmelte er, während er sich aufsetzte. »Das ist ja mindestens ein Meter Schnee.« Orson verrenkte seinen Nacken. »Lass meine Scheibe herunter.« Ein Schneeklumpen fiel Orson in den Schoß, als sich die Scheibe in die Tür senkte. »Ich kann die Hütte sehen«, sagte er.
    »Wo?«
    »Zwei schwarze Punkte am Horizont.« Ich blinzelte durch das Beifahrerfenster nach draußen.
    »Bist du sicher, dass sie das ist?«
    »Es gibt hier innerhalb von fünfzehn Meilen keine weiteren Gebäude.«
    »Wie weit ist es bis dahin?«
    »Ein oder zwei Meilen.«
    Ich griff nach hinten zur Rückbank, holte einen Arm voll Kleidungsstücke aus den Koffern und ließ sie auf die Konsole zwischen Orson und mir fallen. »Bis zur Hütte befreie ich dich von den Handschellen.«
    »Du willst da jetzt hinlaufen?«, fragte er ungläubig. »Das werden wir niemals schaffen.«
    »Orson, wir können sie sehen. Der Tank ist nicht einmal mehr zu einem Viertel gefüllt. Das reicht nicht mehr, um noch eine Nacht die Heizung laufen zu lassen, und was, wenn noch ein Unwetter aufzieht? Wir gehen zu Fuß.«
    »Sind

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