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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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es in sicherer Entfernung vorbeisegelte.«
    Wie hypnotisiert von dem Haß, der aus Pochins Worten sprach, starrte Ferguson in das wütende Gesicht.
    Pochins Blicke glitten durch das schrägliegende Logis. Die zusammengedrängten Männer schwiegen seit seinem Ausbruch.
    »Aber an die armen Schweine, die so ein Schiff bemannen, habt ihr nie gedacht. Auch nicht an ihre Mühen.« Er wandte sich wieder Ferguson zu. »Na, dein liebes Weib steht jetzt mit 'nem anderen auf der Mole. Sollte mich nicht wundern.« Er machte eine obszöne Geste. »Hoffen wir, daß sie Zeit findet, auf dich stolz zu sein.«
    Ferguson taumelte hoch, Wahnsinn funkelte in den weitaufgerissenen Augen. »Dafür bringe ich dich um!«
    Er holte aus, doch Allday packte die erhobene Faust. »Laß das«, sagte er. Und zu dem grinsenden Pochin: »Seine Frau ist krank. Laß ihn in Ruhe.«
    »Ich hatte auch mal 'ne Frau«, sagte Old Ben Strachan unbestimmt und kratzte sich den grauen Kopf. »Liebe Güte, jetzt weiß ich nicht mal mehr, wie sie hieß.«
    Einige lachten, doch Allday zischte zornig: »Nimm dich zusammen, Bryan! Gegen Männer wie Pochin kommst du nicht auf. Er beneidet dich, das ist alles.«
    Ferguson begriff die freundliche Warnung nicht. Pochins aufreizender Ton hatte ihm sein ganzes Elend mit neuer Macht zu Bewußtsein gebracht. Er sah seine Frau geradezu vor sich, im Bett am Fenster in die Kissen gelehnt, so deutlich, als wäre er eben ins Zimmer getreten. An dem Tag, als das Preßkommando ihn den Hügel hinabtrieb, hatte sie bestimmt so dagesessen und auf seine Heimkehr gewartet. Doch er würde nie heimkehren, würde sie nie wiedersehen.
    Er torkelte auf die Füße und warf den Teller mit dem Fleisch auf den Boden. »Ich kann nicht.« Er kreischte es fast. »Ich will auch nicht!«
    Ein pferdegesichtiger Backsgast namens Betts sprang auf, als schrecke er aus tiefem Schlaf hoch. »Verspottet ihn nicht, Leute.« Er stand schwankend unter einer Laterne. »Er hat für diesmal genug.«
    »Lieber Himmel!« knurrte Pochin und verdrehte in gespielter Besorgnis die Augen.
    »Bei Gott, was soll er noch durchmachen, ehe du begreifst?
    Der Mann kommt beinah um vor Angst wegen seiner Frau, und andere haben ähnlichen Kummer. Doch ihr müßt sie noch verhöhnen!«
    Allday rutschte auf seinem Sitz hin und her. Fergusons Verzweiflungsausbruch hatte geheime Gemütsbewegungen aufgerührt. Wochen, in einigen Fällen Jahre auf See, ohne einmal den Fuß an Land zu setzen, das fing an, grausamen Tribut zu fordern. Aber es machte auch gefährlich und blind. Er hob die Hand und sagte leise: »Immer mit der Ruhe, Jungs, immer mit der Ruhe!«
    Betts schielte ihn aus salzgeröteten Augen an. »Wie kannst du dich einmischen?« fragte er undeutlich. »Wir leben wie die Tiere von einem Fraß, der schon faulig war, ehe er in die Fässer gestopft wurde.« Er zog sein Messer und stieß es in den Tisch.
    »Aber diese Schweine achtern leben wie die Fürsten.« Er spähte Unterstützung suchend von einem zum anderen. »Na, stimmt's vielleicht nicht? Evans, dieser Bastard, hat sich von dem, was er uns gestohlen hat, vollgefressen wie eine Kirchhofsratte.«
    »Ach, habe ich da eben meinen Namen gehört?«
    Das Mannschaftslogis erstarrte in Schweigen, als Evans, der Proviantmeister, in den Lichtkreis trat. In dem langen, bis zum Hals zugeknöpften Rock, mit dem schmalen Gesicht und dem streng nach hinten gekämmten Haar sah er wie ein angreifendes Frettchen aus. Er legte den Kopf schief, »Nun, ich warte.«
    Allday betrachtete ihn genau. Der kleine walisische Proviantmeister hatte etwas Böses und Erschreckendes an sich.
    Evans bemerkte das Fleisch neben dem Tisch. »Und wer hat das getan?« fragte er bekümmert und saugte an den Zähnen.
    Niemand antwortete. Das Donnern von See und Wind waren die einzigen Geräusche im Zwischendeck.
    Da schaute Ferguson hoch, seine Augen glänzten fiebrig. »Ich habe es getan.«
    Evans lehnte sich mit den schmalen Schultern an den massiven Stamm des Fockmastes, der durch beide Decks lief, und sagte: »Ich habe es getan, Sir.«
    Ferguson murmelte etwas und setzte dann hinzu: »Entschuldigung, Sir.«
    »Es war ein Versehen, Mr. Evans«, sagte Allday kalt. »Ein Versehen.«
    »Essen ist Essen.« Evans Ärger stieg, und sein Waliser Akzent machte sich stärker bemerkbar. »Wie kann ich hoffen, euch bei guter Gesundheit zu halten, wenn ihr so ausgezeichnetes Fleisch vergeudet?«
    Die um den Tisch gescharten Männer starrten auf das formlose, stinkende

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