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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Vibarts Ärger schien ihn anzustacheln. »In zwei Wochen oder so stoßen wir zu Sir Samuel Hoods Geschwader, und dann werden wir mehr als alle Hände voll zu tun haben. Bis dahin«, fuhr er ruhiger fort, »wird jeder von Ihnen, jeder einzelne, meine Befehle täglich in die Tat umsetzen. Nutzlose Brutalität hat noch nie zu etwas Gutem geführt. Ist ein Mann beharrlich ungehorsam, dann wird er ausgepeitscht werden. Was jedoch diesen besonderen Fall anlangt, schlage ich ein milderes Experiment vor.« Bolitho bemerkte, wie Vibarts Unterlippe vor kaum unterdrücktem Ärger zuckte. »Betts kann sieben Tage Sonderdienst auferlegt bekommen. Je eher die Angelegenheit der Vergessenheit anheimfällt, je eher können wir den Schaden heilen.« Er hob kurz die Hand. »Machen Sie weiter, Mr. Farquhar.«
    Als Evans kehrt machte, um dem Fähnrich zu folgen, sagte Bolitho unbetont: »Ach, Mr. Evans, ich sehe keinen Grund, Ihre Unterlassung ins Logbuch einzutragen.« Evans sah ihn halb dankbar, halb furchterfüllt an. »Vorausgesetzt, ich kann darlegen, daß Sie dieses Fleisch für Ihre eigenen Zwecke erworben haben, vielleicht für Ihren persönlichen Bedarf?«
    Evans Augen glitten kurz zu Vibart hinüber und kehrten dann zu Bolithos unbewegtem Gesicht zurück. »Erworben, Sir? Ich, Sir?«
    »Ja, Evans, Sie. Sie können die Summe morgen vormittag dem Zahlmeister übergeben. Das wäre alles.«
    Vibart griff nach seinem Hut und wartete, bis sich die Tür hinter dem Proviantmeister geschlossen hatte. »Benötigen Sie mich noch, Sir?«
    »Ich möchte Ihnen gern noch eins sagen, Mr. Vibart. Ich ziehe durchaus in Betracht, daß Sie unter Kapitän Pomfret unter erschwerten Bedingungen segelten. Vielleicht haben Sie einiges von dem, was Sie tun mußten, nicht gern getan.« Er wartete, aber Vibart sah starr an ihm vorbei. »Vergangenes interessiert mich nicht, ausgenommen als Lektion für das, was sich auf einem schlecht geführten Schiff ereignen kann. Als Erster Leutnant sind Sie der Schlüsseloffizier, der Erfahrenste an Bord, um meine Befehle auszuführen, verstehen Sie?«
    »Wenn Sie meinen, Sir.«
    Bolitho senkte die Augen, um Vibart seinen aufkeimenden Ärger zu verbergen. Er hatte dem Ersten den ihm zukommenden Teil an Verantwortung angeboten, ja ihm Vertrauen angetragen; der Leutnant schien es jedoch als Zeichen der Schwäche zu deuten, als Unsicherheit. Seine Bündigkeit sprach die Geringschätzung so deutlich aus, als hätte er sie über das Schiff gebrüllt.
    Es fiel Vibart sicher nicht leicht, von einem so viel jüngeren Kapitän Befehle entgegenzunehmen. Bolitho versuchte nochmals, Vibarts Feindseligkeit mit Verständnis zu begegnen.
    Da sagte der Erste plötzlich: »Wenn Sie erst etwas länger an Bord der Phalarope sein werden, Sir, sehen Sie es vielleicht anders.« Er wiegte sich auf den Absätzen und blickte den Kapitän ausdruckslos an.
    Bolitho entspannte sich. Daß Vibart ihm den einzigen Weg zeigte, die Angelegenheit zu beenden, empfand er fast als Erleichterung. Er maß ihn kalt. »Ich habe jedes Journal an Bord studiert, jedes Logbuch, Mr. Vibart. Trotz meiner begrenzten Erfahrung habe ich noch kein so offenkundig kampfunwilliges Schiff kennengelernt, keins, das so unfähig war, seine Pflicht zu erfüllen.«
    Vibarts Züge zeigten Überraschung.
    »Nun, Mr. Vibart, wir kehren in die Kriegszone zurück, und ich beabsichtige, den Feind zu suchen und zu stellen, jeden Feind, bei jeder Gelegenheit.« Er senkte die Stimme. »Und wenn das geschieht, erwarte ich, daß jeder einzelne seinen Mann steht. Für kleinliche Eifersucht und Feigheit ist dann kein Platz.«
    Vibarts Wangen liefen dunkel an, aber er schwieg.
    »Sie haben es mit Menschen zu tun, Mr. Vibart, nicht mit Sachen. Ihr Offizierspatent schließt nur die Befehlsgewalt ein.
    Der Respekt kommt später, wenn Sie ihn sich verdient haben.«
    Er entließ den Ersten Leutnant mit einem kurzen Kopfnicken, drehte sich wieder um und starrte auf das schäumende Kielwasser unterhalb des Fensters. Als sich die Tür schloß, stand er noch völlig unter der Gewalt der Anspannung und krallte die Hände ineinander, bis er vor Schmerz zusammenzuckte.
    Er hatte sich Vibart zum Feind gemacht, aber es war ihm nichts anderes übriggeblieben, es stand zu viel auf dem Spiel. Er ließ sich auf die Fensterbank sinken. Stockdale kam herein und begann, eine Decke über den Tisch zu legen.
    »Ich habe der Ordonnanz befohlen, Ihr Abendessen zu bringen, Sir.« Sein Ton verriet Mißtrauen. Er

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