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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Augen auf den Pier gerichtet. Das einzig Richtige. Die anderen würden das ebenfalls bald erkennen. Er stellte sich das Gesicht seiner Frau vor, wenn sie die Nachricht in der Gazette las: »Leutnant Matthew Okes, der nach dem Tode des kommandierenden Offiziers die Hauptlast der Verantwortung für diesen wagemutigen Angriff trug, ist zu der Kühnheit und dem Geschick zu beglückwünschen, mit dem er die Attacke gegen eine große Übermacht zum erfolgreichen Ende führte.«
    Okes blieb stehen, als Seesoldaten aus dem Ginster brachen und auf dem Weg in Stellung gingen. Einer von ihnen rief: »Da kommen sie, Jungs.«
    Von der anderen Seite der Kuppe her erscholl Sergeant Garwoods Stimme. »Anlegen! Achtung, Feuer!«
    Das letzte Kommando ertönte, als eine Kette blau uniformierter Soldaten über der Kammlinie auftauchte und sich anschickte, zum Ufer hinunterzurennen. Nachdem der Pulverqualm verweht war, sah Okes, daß die Soldaten sich zurückgezogen hatten, ohne sich um ihre Gefallenen zu kümmern.
    »Nachladen. Laßt euch Zeit«, rief Garwood gelassen. »Und tiefhalten, Jungs.«
    Noch eine Salve, doch diesmal rückten die Soldaten trotz der Verluste in größerer Zahl und mit größerer Entschlossenheit vor. Hier und da fiel auch ein Seesoldat, und einige erlitten Verwundungen, so daß sie ihren Kameraden nur langsam den Abhang hinunter folgen konnten.
    Okes sah, daß Rennie gelassen auf einem kleinen Hügel stand und die Scharfschützen ignorierte, während er die dünne Linie seiner zurückgehenden Männer beobachtete. Er spürte, daß sein Neid in Haß umschlug. Rennie hätte nie so gehandelt wie er. Er hätte auf Bolitho gewartet und alle für nichts und wieder nichts geopfert.
    Okes brüllte: »Zum Lugger, schnell!«
    Die Matrosen rannten zum Pier. Sie trugen ihre verwundeten Kameraden und riefen den Seesoldaten ermutigende Worte zu.
    Es kam Okes vor, als dauerte es eine Ewigkeit, bis sich die letzten Seesoldaten über den Pier zurückzogen. Eine frische Morgenbrise wehte und füllte die Segel, und als der letzte Seesoldat keuchend über das Schanzkleid kletterte, legte der Lugger ab.
    Unter irrem Lärm brachen die Franzosen aus der Deckung und stürmten zum Pier. Die einzelnen Uniformen schlossen sich zu einer festen Masse, und als sie zum Pier drängten, flossen sie zu einem einzigen Feind zusammen.
    McIntosh hockte im Bug und richtete die Drehbasse aus. Er achtete nicht auf das sporadische Gewehrfeuer und wartete, bis die Soldaten eine brüllende, gedrängte Front bildeten, ehe er abzog. »So, meine Lieben!« Der Lugger stampfte wild, als der Kartätschenschuß die schreienden Soldaten wie eine Sense niedermähte. McIntosh stand auf und brüllte: »Das war für den Kapitän und die anderen!«
    Ehe die zweite Welle bis zu den Hingemetzelten vorgedrungen war, hatte der Lugger abgedreht und segelte bereits auf das offene Meer hinaus. Jetzt herrschte Schweigen an Bord, und selbst als die nach hinten geneigten Masten der Phalarope das Vorgebirge umrundeten und wie schützende Eltern über dem kleinen Boot aufragten, brachten die erschöpften Männer kein Hurra zustande.
    Okes blickte zur Insel zurück, zum Rauch, zu dem undeutlichen Umriß der Batteriestellung. Es war vorüber.
    Nach dem Angriff würde man den Lugger aufgeben. Okes ließ ihn längsseits kommen. Von der Phalarope streckten sich den Verwundeten und den schweigenden Siegern viele Hände entgegen. Hauptmann Rennie trat beiseite, um Okes zuerst hinaufklettern zu lassen. »Nach Ihnen, Mr. Okes«, sagte er. »Ich möchte Ihren Auftritt nicht verderben.«
    Okes sah ihn an und wollte etwas erwidern. Als er die kalte Feindseligkeit in Rennies Augen bemerkte, unterließ er es aber.
    Mit Eifersucht muß ich rechnen, sagte er sich. Darauf muß ich gefaßt sein.
    Er langte nach der Kette und schwang sich über das Schanzkleid der Fregatte. Eine Sekunde lang blickte er über das vertraute Deck. Er hatte überlebt.

Niederlage
    Bolitho erinnerte sich nicht, die Explosion des Magazins gehört zu haben. Es war mehr ein Empfinden gewesen oder das Ende eines Alptraums, aus dem man mit gesteigerter Furcht vor der wartenden Wirklichkeit erwacht. Er sah wieder vor sich, wie er im Heck des überlasteten, halb überspülten Bootes saß und auf das kochende, wirbelnde Wasser zurückblickte, in dem der Transporter versunken war. Seine schmerzenden, von der Feuersglut geblendeten Augen sahen gar nichts mehr, seit das Schiff untergegangen war und die von hohen Wänden

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