Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
anderen nachzuschicken.
    Okes spürte, daß ihm die Knie weich wurden. Am liebsten hätte er sich davongemacht und der höllischen Szene mit ihrem von Funken gesprenkelten Rauch und den Flammen, die die ganze Reede erhellten, den Rücken gekehrt. Es war die reine Verrücktheit, etwas, das niemand von ihnen unter Kontrolle halten konnte.
    Von Bolitho war nichts zu sehen. Selbst wenn es ihm gelungen sein sollte, den Brander zu verlassen, würde es sehr lange dauern, wieder zum Vorgebirge zurückzukommen.
    »Dort, Sir«, sagte Farquhar. »Sehen Sie. Truppen schwärmen über den Kamm.«
    Gerade als Okes seine Augen von der Schreckensszene losriß, legte sich der Transporter auf die Seite und versank in den Fluten. Damit erlosch das grelle Licht wie eine Kerze, und der Ankergrund sank wieder in tiefen Schatten zurück. Okes blinzelte durch den Rauch. Es wurde bereits heller, über dem Kamm jenseits der Reede lag schon ein schwaches Grau. Die Feuersglut der Schiffe hatte das Nahen der Morgendämmerung verborgen. Er blickte in die von Farquhar gewiesene Richtung und nahm mit steigender Panik das schwache Aufglänzen von Bajonetten wahr. Eine Formation schob sich wie eine riesige Raupe über den Rand des nächstgelegenen Hügels.
    Seine Augen glitten von den heranmarschierenden Truppen zur Brücke und von seiner Position auf dem Batteriegelände zum Ende der Küstenstraße. Mit einer Stimme, die er kaum erkannte, befahl er: »Bereiten Sie alles zur Sprengung des Magazins vor, Mr. Farquhar.« Er starrte um sich wie ein in der Falle sitzendes Tier. »Ich muß sofort zu Rennie. Machen Sie hier weiter.«
    Er eilte davon und ignorierte die verwunderten Blicke der Matrosen und die in Farquhars Augen aufblitzende Verachtung.
    Seine Gedanken rasten, und plötzlich raste auch er mit keuchendem Atem. Er stolperte über Stechginster und glitt auf Steinen aus. Dann rannte er blind über die Brücke und an den bewaffneten Matrosen auf der Talseite vorbei. Weiter, nur weiter! Da und dort bemerkte er zwischen dem Farnkraut des Abhangs die roten Röcke der Seesoldaten, und mit Entsetzen wurde ihm klar, daß das Ufer und die zusammengewürfelten Häuser vor dem Pier bereits zu erkennen waren. Das wachsende Tageslicht steigerte sein Gefühl, der Gefahr nackt und bloß ausgesetzt zu sein, und im Geiste hörte er den Tritt französischer Soldaten, die vorrückten, um ihm die Flucht zur See abzuschneiden.
    Okes folgte der Wegbiegung und wäre beinahe über Hauptmann Rennie gestürzt. Rennie hatte es sich auf einem niedrigen, grasbewachsenen Wall bequem gemacht. Sein Dreispitz und sein Degen lagen neben ihm. Auf den Knien hielt er eine halb verzehrte Pastete. Als Okes taumelnd vor ihm stehenblieb, blickte er auf und wischte sich gelassen den Mund mit seinem Taschentuch.
    »Köstlich«, sagte er und sah forschend an dem Zweiten vorbei. »Hört sich an, als wären sie ziemlich lebhaft dahinten.«
    Okes blickte wild umher. Das war fast zuviel. Er hätte am liebsten gebrüllt und Rennie durchgeschüttelt, damit er das Ausmaß der Gefahr begriff. Doch Rennie kniff die Augen zusammen und sagte: »Auch ein Stück Hühnerpastete? Ich hatte schon fast vergessen, wie sowas schmeckt.« Er deutete über die Schulter, ohne Okes' verzerrtes Gesicht aus den Augen zu lassen. »Haben mir während der Nacht irgendwelche Holländer aus dem Dorf gebracht, verdammt nette Leute. Schade, daß wir im Krieg sind, nicht?« Er stand auf und wickelte den Rest der Pastete sorgfältig in sein Taschentuch. Dann sagte er gelassen: »Nun, erzählen Sie. Wie stehen die Dinge?«
    Okes gab sich alle Mühe, ruhig zu sprechen. »Die Franzosen kommen. Von dort, hinter dem Berg.«
    »Ich weiß. Meine Leute haben sie bereits entdeckt.« Rennie musterte ihn unbewegt. »Was haben Sie sonst erwartet?«
    Rennies offensichtliche Gleichmütigkeit schenkte Okes den kleinen Schuß zusätzlicher Entschlußkraft, den er noch benötigte. »Fangen Sie an, sich zurückzuziehen. Ich habe befohlen, das Magazin zu sprengen.« Er sah zu Boden. »Ich sprenge die Brücke, sobald McIntosh fertig ist.«
    Rennie starrte ihn an. »Aber der Kapitän! Wie, in Teufels Namen, soll er ohne Brücke zurückkommen?« Er stülpte den Dreispitz auf und griff nach dem Säbel. »Ich werde mir die Lage lieber mal selber ansehen.«
    Okes verstellte ihm den Weg. Seine Augen funkelten. »Sie kennen die Order. Ich habe das Kommando, wenn dem Kapitän etwas zustößt. Ihre Pflicht ist es, den Rückzug zu decken.«
    Sergeant

Weitere Kostenlose Bücher