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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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darauf anlegen, Ihre Position zu verschlechtern.« Kalt fuhr er fort: »Machen Sie eine Eintragung ins Logbuch, Mr. Herrick. Bestrafung um acht Glasen morgen früh. Jeder zwei Dutzend Hiebe.«
    Herrick schluckte. »Aber ich habe Ihnen doch die Vergehen noch gar nicht mitgeteilt, Sir.«
    »Auch nicht notwendig.« Vibart deutete zum offenen Oberlicht. »Ich habe Ihr unsinniges Gespräch mit Mr. Evans gehört. Und lassen Sie sich gesagt sein, daß mir Ihr offensichtlicher Wunsch, sich bei Lügnern und Dieben anzubiedern, mißfällt.«
    Herrick hatte das Empfinden, als ob ihn die Kajüte erdrücke.
    »Ist das alles?« Er schluckte wieder. »Sir?«
    »Im Augenblick ja.« Vibart sah fast heiter aus. »Wir nehmen in einer Stunde Kurs nach Süden. Sorgen Sie dafür, daß die Leute während Ihrer Wache nicht nachlässig werden.«
    »Aye, aye, Sir.« Herrick mußte mit aller Macht an sich halten.
    Draußen drehte er sich kurz um und blickte zurück. Die Tür war geschlossen, und der Posten unter der schwingenden Laterne starrte ausdruckslos vor sich hin. Es war geradeso, als sei Pomfret zurückgekehrt und säße wieder in der großen Kajüte.
    Herrick schüttelte den Kopf und stieg zum Achterdeck hinauf.
    Alles fügte sich so schnell zu einem Muster, daß Herrick sich unvermittelt fragte, ob Pomfret tatsächlich die kontrollierende Instanz gewesen war, die die Phalarope in eine schwimmende Hölle verwandelt hatte.
    Als er an Deck zurückkam, war die Sonne tiefer zur Kimm hinabgesunken. Das Meer war leer, eine weite Wüste aus Silber und purpurnen Schatten, begrenzt durch einen messerscharfen Horizont. Hier draußen ist ein Kapitän tatsächlich Gott, dachte er bitter. Nur unter Bolitho hatte er gespürt, was Zweckmäßigkeit und Verständnis bedeuteten, und nach der Zeit mit Pomfret war ihm das wie der Beginn eines neuen Lebens vorgekommen.
    Er blickte zur Heckreling, als erwarte er, die hohe Gestalt Bolithos zu sehen, der das Brassen der Rahen beobachtete oder bloß auf den Sonnenuntergang wartete. Herrick hatte Bolitho in solchen Augenblicken nie gestört, aber sonst jede Gelegenheit genutzt, ihn besser verstehen zu lernen. Vor seinem geistigen Auge standen Bolithos ausgeprägtes Profil und der feste Mund, der gleichzeitig belustigt und traurig wirken konnte. Es schien undenkbar, daß ein solcher Mann wie ein Licht ausgelöscht worden sein sollte.
    Mit gesenktem Kopf ging er von neuem langsam auf und ab.
    In dieser Welt, dachte er, kann man sich auf nichts verlassen.
    Den erschöpften Männern in dem kleinen Boot kam die Nacht kalt und trostlos vor, und selbst jenen, die die grelle Sonne verflucht und über brennenden Durst geklagt hatten, brachte die Dunkelheit keine Linderung.
    Bolitho kroch nach achtern zurück, wo Farquhar neben der Ruderpinne saß. Mit Stockdales Hilfe hatte er gerade einen toten Matrosen über Bord geworfen, während die anderen schweigend zugeschaut hatten. Dem Matrosen war das Schlimmste an Schmerzen und Durst erspart geblieben, da er seit seiner Verwundung durch die Wache auf der Korvette fast nie aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht war. Unter dem kleinen Segel machte das Boot nur wenig Fahrt, und es schien eine Ewigkeit zu dauern, ehe der Leichnam nach achtern trieb. Sie hatten nicht einmal einen Anker, um den Körper zu beschweren.
    Sie hatten so gut wie überhaupt nichts. Nur ein Faß brackiges Wasser, die Tagesration pro Kopf betrug nicht mehr als einen Becher.
    Bolitho sank auf die Achterducht und blickte nach den Sternen. »Steuern Sie genau Süd, wenn Sie können.« Durst und Müdigkeit setzten ihm zu. »Wenn wir bloß ein bißchen mehr Wind in dieses kümmerliche Segel bekämen.«
    »Ich glaube, dann würde das Boot sinken, Sir«, sagte Farquhar. »Es ist rost- und wurmzerfressen.«
    Bolitho streckte die Beine aus und dachte darüber nach, wie langsam die Zeit verstrichen war. Wenn das der erste Tag war, grübelte er, was würde morgen werden und was übermorgen?
    Die Männer verhielten sich ruhig, aber auch das konnte gefährlich sein. Die Erleichterung, daß sie den Franzosen entkommen waren, konnte bald in Mißtrauen und Gegenbeschuldigungen umschlagen. Das Elend, Kriegsgefangener zu sein, konnte ihnen bald als trostreich erscheinen im Vergleich zu der Aussicht, zu verdursten und zu verhungern.
    »In Hampshire liegt jetzt Schnee auf den Hügeln, nehme ich an«, sagte Farquhar abwesend. »Die Schafe werden zu Tal getrieben worden sein, und die Knechte trinken am Feuer ihr Bier.« Er leckte

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