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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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anders aus.
    »Mir mißfällt die Disziplinlosigkeit, die in letzter Zeit an Bord eingerissen ist, und ich beabsichtige, dieses Schiff unverzüglich auf seinen vollen Leistungsstand zurückzubringen.« Vibart starrte mit gerötetem Gesicht auf die versammelte Mannschaft. Herrick fühlte sich angeekelt. Es macht ihm Freude, dachte er. Er ist tatsächlich froh über Bolithos Tod.
    Herrick drehte sich um, als Okes aus dem Niedergang trat und unsicher auf ihn zukam. Herrick nahm ihn beim Ärmel und zischte: »Was hast du Vibart gesagt, Matthew? Um Himmels willen, was ist mit dir los?«
    Okes zuckte zurück. »Nichts als die Wahrheit habe ich ihm gesagt. Ist Bolithos Unglück meine Schuld?«
    »Und wie steht's mit Farquhar? Hast du gesehen, wie er starb?«
    Okes blickte beiseite. »Aber natürlich. Was, zum Teufel, willst du damit sagen?« Aber seine Stimme zitterte leicht, und Herrick dachte plötzlich an Okes' Verhalten während des Kampfes mit dem Kaperschiff, an seine Furcht, an seinen panischen Schrecken. Ein Mensch konnte sich nicht über Nacht ändern.
    »Ich möchte Gewißheit haben, Matthew. Sag's mir lieber gleich.«
    Okes hatte sich offenbar gefangen, und als er Herrick ansah, waren seine Augen undurchsichtig und ausdruckslos. »Ich sage die Wahrheit, verflucht noch mal.« Er versuchte zu lächeln.
    »Aber mach dir nicht so viele Gedanken. Schließlich wirst du Zweiter Leutnant.«
    Herrick trat einen Schritt zurück und sah ihn angewidert an.
    »Und du wirst Erster, ganz ohne Zweifel. Du und Vibart, ihr seid die Helden der Stunde.«
    Okes erblaßte. »Wie kannst du es wagen! Du warst nicht dabei. Bolitho war auch bloß ein Mensch.«
    »Und du bist nicht mal wert, seine Schuhe zu putzen.«
    Herrick fuhr herum, als Vibart zwischen sie trat.
    »Ich dulde keinen Streit auf meinem Schiff, Mr. Herrick.
    Noch ein Wort, und ich mache eine Eintragung ins Logbuch.«
    Er sah Okes fest an. »Kommen Sie in die Kajüte. Ich habe mit Ihnen zu reden.«
    Herrick sah ihnen elend und hilflos nach, und der kleine Neale fragte: »Was bedeutet das alles, Sir?«
    Herrick sah ihn ernst an: »Es bedeutet, daß wir in der nächsten Zeit auf jeden unserer Schritte achten müssen, mein Junge. Ohne den Kapitän fühle ich mich hier nicht mehr sicher.«
    Er erstarrte, als Zahlmeister Evans, einen bekümmerten Ausdruck im Frettchengesicht, auf das Achterdeck zugeeilt kam. Profoß Thain, der ihm folgte, schob zwei verängstigte Matrosen vor sich her. Sein Gesicht ließ in Herrick keinen Zweifel darüber aufkommen, was als nächstes geschehen würde: Auspeitschungen und nochmals Auspeitschungen. Jetzt würden alle alten Rechnungen beglichen werden.
    Er sah Evans fest an und fragte scharf: »Nun? Was ist jetzt schon wieder los?«
    Evans lächelte nervös. »Ich habe diese Leute auf frischer Tat ertappt. Sie haben Rum gestohlen.«
    Es gab Herrick einen Stich, und er rief die Männer zu sich heran. »Stimmt das?« Er erinnerte sich, daß beide Matrosen der Landeabteilung angehört hatten.
    Einer sagte mürrisch: »Aye, Sir. Der Rum war für einen unseren Kameraden. Er ist verwundet. Wir dachten, er würde ihm helfen.« Sein Gefährte nickte bekräftigend.
    Herrick nahm Evans beiseite. »Es könnte stimmen.«
    »Natürlich stimmt es.« Evans sah ihn verdutzt an. »Aber darum geht es jetzt nicht. Diebstahl bleibt Diebstahl. Es gibt keine Entschuldigung dafür, und Sie wissen das.« Er sah Herrick mit kaum verhohlener Schadenfreude an. »Also melden Sie es lieber Mr. Vibart.« Er blies sich auf. »Oder ich tue es, Mr. Herrick.«
    »Kommen Sie mir nicht so, Mr. Evans.« Herricks Gesicht verzerrte sich vor Wut. »Oder ich zahle es Ihnen heim, das können Sie mir glauben.« Doch es war nur ein Wutausbruch.
    Ihm blieb gar nichts anderes übrig, als Vibart zu informieren. Er übergab die Wache an Neale und ging niedergeschlagen nach unten. Der Posten öffnete die Kajütentür, ehe Herrick sie überhaupt erreicht hatte, und er vermutete, daß der Seesoldat seine Überraschung richtig vorausgesehen hatte, denn Vibart war bereits in Bolithos Quartier umgezogen. Das steigerte nur noch Herricks Gefühl alptraumhafter Unwirklichkeit.
    Vibart schaute vom Arbeitstisch hoch und blickte Herrick an.
    »Zwei Mann zur Bestrafung.« Herrick sah, daß Okes gedankenverloren am Heckfenster stand.
    Vibart lehnte sich im Stuhl zurück. »Sagen Sie >Sir<, wenn Sie mich anreden, Mr. Herrick.« Er zog die Stirn in Falten. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum Sie es so

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