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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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war, sein Wissen und seine Erfahrungen zu teilen, und Bolithos viele Fragen gern beantwortet hatte.
    Die klare Erinnerung half ihm, die nagende Verzweiflung zurückzudrängen, so daß er sich automatisch gerade aufrichtete und sogar über die Schrammen und die notdürftig ausgebesserten Schäden, die die Breitseiten der Phalarope angerichtet hatte, bittere Genugtuung zu empfinden vermochte.
    Der Kapitän der Andiron wollte sicher zur Insel Mola, um dort die Reparaturen zu vollenden, ging es ihm durch den Kopf.
    Womöglich waren das Segeltuch und die Spieren, die der Lugger geladen hatte, für die Andiron bestimmt gewesen.
    Er senkte den Kopf, als ihn der Offizier nach achtern führte.
    Bei jedem Schritt bemerkte er neugierige Gruppen der Besatzung, die ihn musterten. Eine zusammengewürfelte Mannschaft, dachte er.
    Einige zeigten offene Feindseligkeit und riefen ihm Beleidigungen zu. Andere blickten zu Boden oder verbargen ihre Gesichter. Bestimmt englische Deserteure, dachte Bolitho, manche gehörten vielleicht sogar zur ursprünglichen Besatzung der Andiron. Er bemerkte Neger und olivfarbene Mexikaner, wortgewaltige Iren und dunkelhäutige Matrosen, die wahrscheinlich aus dem Mittelmeergebiet stammten. Dennoch offenbar eine eng verknüpfte Gemeinschaft, wenn auch möglicherweise nur durch die gemeinsame Gefahr und die Risiken des von ihnen gewählten Gewerbes verbunden.
    Der Offizier stieß eine schwere Tür auf und trat beiseite, um Bolitho in eine kleine, kärglich eingerichtete Kajüte eintreten zu lassen.
    »Warten Sie hier. Wir müssen erst wieder Fahrt aufnehmen.
    Ich nehme aber an, daß der Kapitän Sie bald zu sehen wünscht.«
    Er streckte die Hand aus. »Ihren Degen.« Er bemerkte Bolithos empörten Blick und setzte hinzu: »Und falls Sie an irgendeine Heldentat denken sollten, möchte ich Ihnen nur sagen, daß die Tür bewacht ist.« Er nahm den Degen entgegen und betrachtete ihn von allen Seiten. »Eine ziemlich alte Klinge für einen englischen Kapitän.« Er grinste. »Aber es wird eben alles ein bißchen knapp in England, wie?«
    Bolitho gab keine Antwort. Der Offizier wollte ihn reizen. Es hatte keinen Sinn, mit ihm zu reden oder Vergünstigungen zu erbitten. Er sah den Degen seines Vaters im Laternenschein aufglänzen und drehte sich ostentativ um. Er war ein Gefangener. Er mußte alle Kraft für später aufsparen. Die Tür schlug zu, und er hörte die sich entfernenden Schritte.
    Bolitho ließ sich müde auf eine Seekiste fallen und stierte vor sich hin. Farquhar und Belsey waren sicher jeder für sich festgesetzt worden. Zweifellos wollte der Kommandant der Andiron jeden einzeln vernehmen. Er hätte es ebenso gemacht.
    Sonderbar, sich vorzustellen, daß erst zwei Tage vergangen waren, seit er den vor Angst schlotternden Spanier auf seinem Schiff verhört hatte. Seither war so viel geschehen. Es war beinahe unmöglich, sich den Zeitablauf und die Vorfälle der Reihe nach zurückzurufen. Eins war sicher, er hatte sein Schiff verloren, und die Zukunft lag leer und öde vor ihm.
    Die stickige Luft und die Erschöpfung wirkten sich schließlich aus. Als sich das Schiff überlegte und Fahrt aufnahm, lehnte sich Bolitho gegen ein Schott und schlief sofort ein.
    Jemand rüttelte ihn am Arm, und er erwachte. Einige Sekunden hoffte er, daß alles nur Teil eines furchtbaren Traumes sei und er zu einer ganz anderen Wirklichkeit erwachen würde, und wenn es die der Ungewißheit in dem überladenen Boot wäre. Doch es war der Offizier, der ihn in die Kajüte gebracht hatte. Als Bolitho sich aufrichtete, sagte er: »Ich dachte schon, Sie wachen überhaupt nicht mehr auf.«
    Bolitho bemerkte, daß Tageslicht den Gang vor der Tür erhellte, und während er nach und nach sich der tatsächlichen Lage bewußt wurde, hörte er auf dem Oberdeck das Geräusch von Scheuersteinen und Wassergüssen.
    »Wie spät ist es?«
    »Sieben Glasen.« Der Offizier zuckte mit den Schultern. »Sie haben fast sieben Stunden geschlafen.« Er winkte einem Matrosen. »Hier ist Wasser und Rasierzeug.« Er musterte Bolitho kalt. »Der Mann bleibt bei Ihnen, um aufzupassen, daß Sie sich nicht die Kehle durchschneiden.«
    »Sehr aufmerksam von Ihnen.« Bolitho nahm die Schüssel mit heißem Wasser und ignorierte das faszinierte Interesse des Matrosen. »Aber keine Sorge, Leutnant. Bevor ich sterbe, möchte ich noch sehen, wie Sie gehenkt werden.«
    Der Offizier grinste. »Sie sind ein Feuerkopf, das muß man Ihnen lassen.« Und zu der

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