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Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ein einziges Wort verstanden hatte. Erst als ihn die Bootsmannsmaaten packten, ihm das Hemd vom mageren Körper rissen und ihn zum Prügeln über die Gräting warfen, begann er zu brüllen und zu protestieren. Die meisten nahmen ihre Strafe hin, ohne einen Laut von sich zu geben. Schon ein einziger Schlag mit der neunschwänzigen Katze trieb die Luft aus den Lungen, so daß kaum genug für einen Schrei übrig blieb. Kirk schrie unaufhörlich, als seine Handgelenke so festgebunden wurden, daß die Füße eben das Deck berührten. Furcht und Schrecken des Mannes brachten die Bootsmannsmaaten einen Augenblick durcheinander, und sie wechselten flüchtige Blicke. Quintal zog die Peitsche aus der roten Tasche, reichte sie Packwood und sagte barsch: »Zwei Dutzend. Josling übernimmt die anderen zwei. Wenn Kirk so lange lebt«, fügte er halblaut hinzu.
    Vibart hatte den Hut aufgesetzt und kurz genickt.
    »Anfangen.«
    Herrick hatte viele Auspeitschungen gesehen. Sie schienen Teil des Seemannslebens, und er hatte sich gegen den Anblick gestählt. Doch diesmal lagen die Dinge anders. Die Bestrafung war ungerecht, weil Vibart zu versessen darauf war.
    Die Trommel wurde gerührt, und Packwoods muskulöser Arm holte aus: »Eins.« Die Peitsche zischte durch die Luft. Wie üblich wartete Herrick angewidert und fasziniert zugleich auf die Wirkung des Schlages. Einige Sekunden lang zeigte sich auf dem bloßen Rücken des Mannes nichts, doch schon während die Peitsche zum zweiten Schlag gehoben wurde, sprang die straffe Rückenhaut von der Schulter bis zur Hüfte in vielen feinen Rissen auf.
    »Zwei.« Kirk brüllte und zuckte hilflos an der Gräting. Aus seinem Mund floß Blut, und Herrick wußte, daß er sich die Zunge aufgebissen hatte.
    »Drei.« Packwood zögerte, ehe er wieder zuschlug. Seine Augen wurden glasig, als die Peitsche Kirks Rücken blutig riß.
    Vibarts Stimme übertönte die Trommel. »Härter, Packwood, ersparen Sie dem Kerl nichts, wenn Sie nicht mit ihm tauschen wollen.«
    So war es weitergegangen, Schlag für Schlag, begleitet vom unmenschlichen Rasseln der Trommel. Nach dem ersten Dutzend sackte Kirk zusammen und gab keinen Ton mehr von sich. Doch als der Wundarzt Ellice grimmig feststellte: »Er lebt noch, verträgt aber nicht mehr viel«, fauchte Vibart: »Weitermachen mit der Bestrafung.«
    Herrick hatte bemerkt, daß sich Fähnrich Neale an Maynards Ärmel klammerte, während die Auspeitschung weiterging. Kirk war mager, und nach achtzehn Schlägen glaubte Herrick, unter der zerfleischten Haut Knochen und Muskeln zu sehen. Dann übernahm Josling die Peitsche und streifte mit den Fingern Fleischfetzen davon ab. Nach einem kurzen Blick in Vibarts ausdrucksloses Gesicht machte er sich an das zweite Dutzend.
    Nach dem zwanzigsten Schlag fiel Mr. Quintal ihm in den Arm und sagte fest: »Das reicht, Sir. Er stirbt.« Kirks blutiger Körper wurde nach unten geschafft, aber erst, nachdem Wundarzt Ellice das Eingreifen des Bootsmanns unterstützt hatte.
    »Vielleicht übersteht er es«, hatte er unbestimmt geknurrt.
    »Sagen kann ich es nicht. Ich glaube, seine Nieren sind geplatzt. «
    Herrick forschte nach einem Zeichen von Mitleid oder Triumph in Vibarts schweren Zügen. Doch sie zeigten lediglich steinerne Gleichmütigkeit. Captain Pomfret hatte Auspeitschungen zugesehen, als wären sie ein brutaler Sport. Der blutige Abschluß erregte ihn stets auf eine Weise, als hätte er einen perversen Sexualakt erlebt. Nichts davon bei Vibart.
    Vibart sah man überhaupt kein Gefühl an, ganz gleich welcher Art.
    Herrick wandte sich hastig ab, als Vibart im Kajütsniedergang auftauchte und in den Wind schnüffelte. Vibart musterte den seltsam kupferfarbenen Himmel und sagte gedehnt: »Der Wind hat aufgefrischt. Wir werden in zehn Minuten die Segel bergen.« Sein Blick streifte Proby. »Haben Sie unsere Position?
    Unsere genaue Position?«
    Proby nickte mürrisch. »Aye, Sir. Nevis liegt in Nordost voraus, etwa fünfzehn Meilen entfernt.«
    Vibart musterte ihn durchdringend. »Ich hoffe um Ihretwillen, daß es stimmt, Mr. Proby.« Dann bellte er den Rudergänger an: »Paß auf, du Tölpel. Bleib hart am Wind.«
    Herrick blickte hinauf. Das Schiff lief perfekt. Vibart wurde offenbar um so nervöser, je näher sie der Insel kamen. Nicht furchtsam. Er hatte bei keiner Gelegenheit irgendwelche Zeichen von Furcht gezeigt. Nein, das lag tiefer, hatte mit der lauernden Möglichkeit eines Fehlschlags zu tun.
    Vibart bemerkte,

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