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Brudermord

Titel: Brudermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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davon aus, dass sie am Tatort war.«
    »Ach! Und das schließen Sie aus der Aussage dieser Zeugin?« Clara verzog verächtlich den Mund. »Wenn Sie nichts Besseres haben …«
    Gruber blieb gelassen. »Diese Zeugin hat Ruth Imhofen an der Villa gesehen, da können Sie jetzt polemisieren, wie Sie wollen. Wir haben außerdem die Aussage eines gewissen Elmar Ziegler, wonach Ruth Imhofen den ganzen Tag nicht im Haus Maximilian war und erst spätabends zurückgekommen ist, was bedeutet, dass Dr. Tenzer uns angelogen hat. Ich frage mich, warum hat er das getan?«
    Gruber hob die Augenbrauen, und sein Blick wanderte von Clara zu Ruth und wieder zurück. »Ihre Mandantin hat kein Alibi, dafür Motiv und Gelegenheit, und sie ist am Tatort gesehen worden. Es sieht nicht besonders gut für sie aus.«
    Er lächelte jetzt und deutete den Flur hinunter. »Wenn Sie mir also bitte folgen wollen?«
    »Was für ein Motiv soll das denn sein?«, fragte Clara misstrauisch. »Außerdem geht es meiner Mandantin nicht gut, wie Sie wohl selbst sehen können. Wir können gerne ein anderes Mal darüber reden, aber ich denke, für heute ist es genug.«
    Doch Gruber ging schon den Gang entlang. »Ein paar Fragen kann sie uns sicher noch beantworten. Es ist doch in ihrem eigenen Interesse, wenn sie nicht noch einmal herkommen muss. Wir können jederzeit einen Arzt rufen, wenn es notwendig ist.«
    Er blieb an einer Tür stehen und drehte sich um. »Sie kann natürlich die Aussage verweigern, aber das muss ich Ihnen ja nicht sagen …«
    Clara warf ihrer Mandantin einen besorgten Blick zu. »Wie fühlen Sie sich, Frau Imhofen? Ich denke, wir sollten jetzt gehen.«
    Doch Ruth schüttelte stumm den Kopf und folgte Gruber. Clara blieb nichts anderes übrig, als sie zu begleiten.
     
    Das Vernehmungszimmer war klein und hatte keine Fenster. In der Mitte standen ein Tisch und mehrere Stühle. Clara betrachtete Ruth unbehaglich. Ihre Verfassung gefiel ihr ganz und gar nicht. Als sie sich setzten, umklammerte Ruth ihren Stuhl mit beiden Händen. Sie schien in höchster Alarmbereitschaft, wie eine Bombe kurz vor der Explosion.
    Kommissarin Sommer brachte ihnen Kaffee, dann setzte sich die Beamtin auf einen Stuhl an der Wand. Eine gespannte Stille breitete sich aus. Aus der offen stehenden Tür zum Flur drangen Stimmen zu ihnen herein, eilige Schritte, Gelächter und das monotone Dröhnen eines Kopierers.
    Gruber musterte Ruth einen Augenblick, bevor er seine Akte aufschlug, und meinte: »Frau Imhofen, es geht noch mal um den besagten Sonntag, an dem Ihr Bruder getötet wurde. Können Sie uns sagen, wo Sie an dem Tag waren?«
    Ruth antwortete nicht.
    Gruber hob den Kopf. »Haben Sie meine Frage nicht verstanden? Oder möchten Sie nichts dazu sagen? Ich mache Sie noch einmal darauf aufmerksam, dass Sie keine Aussage machen müssen, wenn die Gefahr besteht, dass Sie sich dabei selbst belasten.«
    Er beugte sich etwas vor. »Machen Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch?«
    Ruth reagierte nicht.
    »Frau Imhofen«, begann Gruber wieder, nun merklich ungeduldiger, doch Clara unterbrach ihn.
    »Sie sehen doch, dass meine Mandantin nicht in der Verfassung ist, auf Ihre Fragen zu antworten. Wir sollten das jetzt lassen.«
    »Wie Sie meinen!« Gruber hob die Hände in einer Geste, die in etwa besagen sollte: »Sie werden schon sehen, was Sie davon haben«, und nickte seiner Kollegin zu. »Wir brechen ab.« Kommissarin Sommer stand auf und verließ den Raum.
    Hinter ihr fiel die Tür zu und trennte sie unvermittelt von den Geräuschen der Dienststelle. Ruth hob den Kopf. Ihre Augen waren plötzlich weit aufgerissen, und sie schien auf etwas zu lauschen. Clara stand auf: »Kommen Sie, wir gehen jetzt.«
    Doch Ruth rührte sich nicht. Ihre Hände krampften sich um die Sitzfläche, und sie neigte sich nach vorne. Unter dem Stuhl krümmten sich ihre Füße zusammen.
    »Frau Imhofen?« Clara beugte sich zu ihr hinunter und fasste sie vorsichtig an der Schulter. »Alles in Ordnung?«
    Der Schlag kam vollkommen unerwartet und traf Clara an der Brust. Sie taumelte gegen den Tisch.
    Ruth saß noch immer auf ihrem Stuhl, hatte jetzt die Augen geschlossen und hielt sich beide Fäuste gegen die Schläfen. Sie hatte wieder zu flüstern begonnen.
    Gruber war aufgesprungen, als Ruth Clara den Stoß versetzt hatte, und packte die Frau jetzt am Arm.
    Ruth begann zu schreien. Ein einziger hoher Schrei, gellend, voller Panik.
    »Lassen Sie sie los«, rief Clara, und dann fiel

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