Bruderschaft der Unsterblichen
Eli, er packte wirklich meinen Penis, hielt mich da so, wie das Mä d chen machen. Und wir beide lagen nackt an diesem kle i nen See, in dem wir eben noch geschwommen hatten, am Waldrand. Und seine Worte strömten durch meinen Kopf, während er mir erklärte, daß auch wir beide es miteinander machen könnten. ‚Ich kenne mich da aus’, sagte er. ‚Mein Schwager hat mir das beigebracht. Du mußt wissen, er haßt meine Schwester. Sie sind erst drei Jahre verheiratet, und schon kann er sie nicht ausstehen, wie sie riecht, wie sie sich dauernd die Nägel feilt, alles an ihr. Und eines Abends hat er zu mir gesagt, laß mich dir mal was Tolles zeigen, Karl. Und er hatte recht, es war wirklich toll. Also, laß mich dir auch etwas Tolles zeigen, Oliver. Und danach sagst du mir, was dir besser gefallen hat, mein Weg oder der von Christa Henrichs, meiner oder der von Judy Beecher.’“
Im Zimmer roch es streng nach Schweiß. Olivers Sprechweise war abgehackt und scharf; jede Silbe wurde mit der Wucht eines Wurfpfeils herausgestoßen. Seine Augen glänzten, das Gesicht war verzerrt. Er schien in einer Art Trance zu sein. Wenn das da vor mir nicht Ol i ver gewesen wäre, hätte ich geglaubt, er sei stoned. Di e ses Bekenntnis schien ihn ungeheuer viel inneren Schweiß zu kosten; das war schon von dem Moment an klar gewesen, als er hereingekommen war: zusammeng e preßte Kiefer, verschlossene Lippen, und er hatte auf e r schreckende Weise aufgewühlt gewirkt, wie ich ihn vo r her nur selten gesehen hatte. Planlos und zögernd hatte er von dieser Spätsommer-Geschichte in den Wäldern von Kansas, als er noch ein Junge war, zu reden begonnen. Als die Geschichte im Fluß war, hatte ich versucht, ihren Verlauf vorauszusehen und ihr Ende zu erraten. Ich ve r mutete, daß er Karl offensichtlich hereingelegt hatte. Hatte er Karl die Freundschaft aufgekündigt? Oder hatte er ihm Munition geklaut, als Karl ihm gerade den Rücken zuwandte? Hatte er Karl nach einem Streit erschossen und dem Sheriff erzählt, es sei ein Unfall gewesen? Aber keine von diesen Möglichkeiten schien mir überzeugend. Auf den eigentlichen Verlauf seiner Erzählung war ich nicht vorbereitet: die wandernde Hand, die geschickte Verführung. Der ländliche Background – Gewehre, wilde Spiele, Wälder hatte mich zu falschen Schlüssen verle i tet. Meine einfältige Vorstellung vom Aufwachsen in Kansas hatte keinen Platz für homosexuelle Abenteuer und andere Sachen, die für mich eigentlich ein Merkmal städtischer Dekadenz waren. Aber hier war Karl, der kräftige Jägersmann, der sich den unschuldigen jungen Oliver packte, und hier war auch ein älterer Oliver, der sich vor mir wand und nach den richtigen Worten aus seinem Innern suchte. Die Wortwahl wurde weniger krampfhaft; Oliver ließ sich vom Fluß seiner eigenen Erzählung mitreißen. Und obwohl seine Pein nicht nac h ließ, wurde die Geschichte farbiger, als hätte er den m a sochistischen Ehrgeiz, mir diese Episode zu eröffnen. Unerbittlich rollte die Geschichte voran, nach Olivers Gusto mit Details verziert. Er beschrieb mir seine jun g frauenhafte Schüchternheit, sein Unwohlsein, sein st u fenweises Unterliegen vor Karls ernstgemeinten Spit z findigkeiten, der kritische Moment, als seine unsichere Hand endlich Karls Körper erreicht hatte. Oliver ve r heimlichte mir nichts. Ich hörte, daß Karl nicht beschni t ten war, und für den Fall, daß ich mit solchen anatom i schen Besonderheiten nicht vertraut gewesen wäre, e r klärte mir Oliver die Erscheinungsform eines unbeschni t tenen Glieds im erschlafften und im erigierten Zustand. Er erzählte mir auch von den manuellen Liebkosungen und seiner Einführung in orale Vergnügungen. Schlie ß lich vermittelte er mir dann eine ausführliche Beschre i bung von zwei jungen, kräftigen, männlichen Körpern, die sich bis zur Kopulation am Rande des Weihers wäl z ten. Biblische Furcht beherrschte seine Worte: Er hatte etwas Abscheuliches getan, er hatte sich mit den Sünden Sodoms besudelt, er hatte sich bis in die siebte Generat i on hinein verdorben, und das alles an dem einen Nac h mittag mit seinem knabenhaften Vergnügen. „Schon gut“, wollte ich sagen, „schon gut, Oliver, also hast du es mit deinem Freund gemacht, warum denn so eine große Megillah daraus machen? Im Grunde deines Wesens bist du doch immer noch ein Hetero, oder? Jeder stellt doch mit anderen Jungen in seiner Jugend irgendeinen Blö d sinn an, und schon Kinsey hat vor langer
Weitere Kostenlose Bücher