Bruderschaft der Unsterblichen
Bett. Origen soll mein Leitbild sein: In einem Moment der Verzückung werde ich mich entmannen und meine Eier auf dem heiligen Altar als Opfergabe niede r legen. Danach wird es mit den Verwirrungen der Leide n schaft vorbei sein. Ach was, nein, ich hab’ ja viel zuviel Spaß daran. Gewähre mir Gnade, Herr, aber bitte jetzt im Moment gerade nicht. Ich habe Mickeys Telefonnummer. Wenn ich von Arizona zurückkehre, werde ich sie anr u fen. (Wenn ich zurückkomme. Falls ich zurückkomme! Und wenn und falls, was werde ich dann sein?) Mickey ist wirklich die Richtige für mich. Ich muß maßvolle s e xuelle Ziele für mich setzen. Die blonde Sexbombe ist nichts für mich, auch nicht die Anführerin und auch nicht das kultivierte Mädchen aus der Oberschicht mit der Al t stimme. Für mich sind süße, scheue Mäuschen gerade richtig. Olivers LuAnn würde mich nach einer Vierte l stunde zu Tode geritten haben, obwohl ich mir vorstellen könnte, daß ich es einmal gerne versuchen möchte, und sei es nur ihrer Brüste wegen. Und Timothys Margo? Davon will ich gar nicht erst reden. Mickey ist die Ric h tige für mich: freundlich, blaß, zurückgezogen, verfü g bar. Jetzt ist sie achthundert Meilen von mir entfernt. Ich würde gern einmal wissen, was sie ihren Freundinnen über mich erzählt. Soll sie mich verherrlichen. Soll sie mich verklären. Ich kann es brauchen.
Jetzt sind wir also in Chikago. Warum Chikago? Liegt das nicht abseits der direkten Route zwischen New York und Phoenix? Ich glaube schon. Wenn ich fahren würde, hätte ich den Kurs quer durch den Kontinent von einer Ecke zu der anderen gelegt, durch Pittsburgh und Ci n cinnati, aber wahrscheinlich sind die kürzesten Wege nicht immer die schnellsten. Wie dem auch sei, wir sind jetzt in Chikago, was auf Timothys Wunsch zurückgeht. Er hegt ganz und gar sentimentale Gefühle für diese Stadt. Hier ist er aufgewachsen; zumindest den Teil se i ner Kindheit, den er nicht auf dem Gut seines Vaters in Pennsylvania verbracht hat, lebte er im Penthouse seiner Mutter am Lake Shore Drive. Gibt es überhaupt Angl i kaner, die sich nicht alle sechzehn Jahre scheiden lassen? Gibt es überhaupt einen unter ihnen, der nicht über mi n destens zwei Garnituren Eltern verfügt? Ich erinnere mich an Heiratsanzeigen in den Sonntagszeitungen: „Miss Rowan Demarest Hemple, die Tochter von Mrs. Charles Holt Wilmerding aus Grosse Pointe, Michigan, und Mr. Dayton Belknap Hemple aus Bedford Hills, New York, und Montego Bay, Jamaika, vermählte sich an di e sem Nachmittag hier in der All Saints Episcopal Chapel mit Dr. Forrester Chiswell Birdsall IX., Sohn von Mrs. Elliot Moulton Peck aus Bar Harbor, Maine, und Mr. Forrester Chiswell Birdsall III. aus East Islip, Long I s land.“ Et cetera ad infinitum. Was muß eine solche Ve r sammlung für Ausmaße haben, mit den vervielfachten Pärchen, die sich zum Glückwunsch zusammenfinden, jedermann ist Cousin oder Cousine von allen anderen, allesamt haben, Person für Person, zwei- bis dreimal g e heiratet. Die Namen, die Dreifachnamen, vom Lauf der Zeit geheiligt, die Mädchen heißen Rowan und Coate und Palmer, die Jungen heißen Amory und McGeorge und Harcourt: Ich bin mit Barbaras und Loises und Cla i res, Mikes, Dicks und Skeldons aufgewachsen; aus McGeorge wird „Mac“, aber was macht man mit Ha r courts, wenn man Kosenamen sucht? Und was bei einem Mädchen, das Palmer oder Coate heißt? Eine andere Welt, diese WASPs, eine andere Welt. Scheidung! Die Mutter (Mrs. X.Y.Z.) lebt in Chikago, der Vater (Mr. A.B.C. III.) lebt außerhalb von Philadelphia. Meine E l tern, bei denen im kommenden August der dreißigste Hochzeitstag ansteht, haben sich während meiner ganzen Jugend angeschrien: Scheidung, Scheidung, Scheidung, ich hab die Schnauze voll, ich ziehe aus und kehre nie zurück! Die gewöhnliche Art von Menschen der Mitte l schichten, nicht zusammenzupassen. Aber Scheidung? Zu einem Anwalt gehen? Mein Vater wäre lieber unb e schnitten gewesen, als das zu tun. Meine Mutter wäre eher nackt durch Gimbels gelaufen. In jeder jüdischen Familie existiert eine Tante, die einmal geschieden wu r de, vor langer Zeit, wir reden jetzt nicht mehr darüber. (Man findet so etwas immer heraus, wenn man zwei ält e re Verwandte verstohlen Erinnerungen austauschen hört.) Aber niemals jemand, der Kinder hatte. Man hat nie di e se Anhäufungen von Eltern, die solche verwickelten Vo r stellungen nötig machen: Ich möchte dich mit meiner Mutter und
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