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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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versammelten wir uns in der Redaktion der Zeitung. Wiederum stellte Timothy die Fragen; sein m ü heloses, selbstsicheres Oberklassenauftreten läßt ihn in jeder Situation das Richtige tun. Die Vorteile einer Zucht. Timothy gab uns als Studenten aus, die Unters u chungen für eine Arbeit über zeitgenössische Klöster a n stellten. Wir gelangten von der Anmeldung über einen Reporter zum Chef der Feuilleton-Redaktion. Der besah sich unseren Zeitungsausschnitt und sagte, er wüßte nichts über ein solches Kloster in der Wüste (Trübsal!), aber unter seinen Leuten gäbe es einen, der sich darauf spezialisiert habe, alles über Kommunen, Kulte und so n stige ähnliche Niederlassungen am Rande der Stadt zu sammeln (Hoffnung!). Wo sei dieser Mann denn zu fi n den? Oh, er habe seinen Urlaub genommen, sagte der Redakteur (Verzweiflung!). Wann werde er denn in die Stadt zurückkehren? Eigentlich habe er die Stadt gar nicht verlassen (Hoffnung neu geboren!). Er verbringe seinen Urlaub zu Hause. Vielleicht lasse er mit sich reden. Auf unsere Bitte hin rief der Redakteur den Mann an und lud uns ein ins Haus dieses Spezialisten für Irrsinn jeder Art. „Er wohnt hinter der Bethany Home Road, nicht weit vom Zentrum, im vierundsechzigsten Hunderterblock. Wissen Sie, wo das ist? Sie fahren durchs Zentrum, am Camelback vorbei, dann an der Bethany Home …“ Zehn Minuten Fahrt. Wir ließen die verschlafene City hinter uns, fuhren in Richtung Norden durch das Geschäftsvie r tel voller gläserner Wolkenkratzer und auswuchernder Kaufhäuser und kamen durch eine Gegend mit beei n druckend modern aussehenden Häusern, die zur Hälfte von Vorgärten mit tropischen Pflanzen verdeckt wurden. Kurz dahinter eine bescheidene Wohngegend, wo wir das Haus des Mannes fanden, der alle Antworten wußte. Er hieß Gilson. Vierzig, sonnengebräunt, offene, blaue A u gen, hohe, glänzende Stirn. Eine angenehme Ersche i nung. Das Sammeln von allem, was sich am Stadtrand an Verrückten aufhielt, war eher sein Hobby als eine Sucht von ihm. Er sah nicht so aus, als könnte er sich krankhaft mit einer Sache beschäftigen. Ja, er kannte die Brude r schaft der Schädel, aber bei ihm hieß sie anders. „Die mexikanischen Patres“ war sein Ausdruck dafür. Nein, er selbst sei noch nie dort gewesen, aber er habe mit jema n dem gesprochen, der schon dort gewesen sei, ein Tourist aus Massachusetts, vielleicht sogar derselbe, der den A r tikel in der Zeitung geschrieben hatte. Timothy fragte Gilson, ob er uns den Standort des Klosters sagen könnte. Gilson bat uns ins Haus: nicht groß, sauber, die typische Südwestler-Einrichtung mit Navaho-Decken an den Wänden; ein halbes Dutzend cremefarbene und orange Töpfe der Hopi beanspruchten die Bücherregale für sich. Er holte eine Karte von Phoenix und Umgebung. „Hier befinden Sie sich im Moment“, sagte er und tippte auf die Karte. „Um aus der Stadt rauszukommen, müssen Sie sich hierhinwenden, Black Cañon Highway, das ist eine Schnellstraße . Sie nehmen diese Auffahrt hier und fahren in Richtung Norden. Folgen Sie der Ausschilderung nach Prescott, auch wenn Sie dort ja gar nicht hinwollen. Also hier, sehen Sie, nicht weit aus der Stadt heraus, ein bis zwei Meilen, verlassen Sie die Schnellstraße – haben Sie eine Karte? Kommen Sie, ich markiere es Ihnen. Dann folgen Sie dieser Straße hier, und dann biegen Sie auf dieser dort ab, sehen Sie, die nach Nordosten führt … ich glaube, das sind sechs, sieben Meilen …“ Er malte einige Zickzacklinien auf unsere Straßenkarte und schließlich ein großes X. „Nein“, sagte er, „das ist nicht der Platz, wo das Kloster steht. An dieser Stelle müssen Sie den Wagen zurücklassen und zu Fuß weitergehen. Die Straße wird dort zu einem Wüstenpfad, kein Wagen kommt da durch, noch nicht einmal ein Jeep. Aber junge Leute wie Sie werden keine Schwierigkeiten haben, es sind nur drei bis vier Meilen, immer stur nach Osten.“
    „Was ist, wenn wir daran vorbeilaufen?“ fragte Tim o thy. „Am Kloster, nicht an der Straße.“
    „Das werden Sie schon nicht“, erklärte uns Gilson. „Aber wenn Sie zu der Indianerreservation Fort McD o well kommen, wissen Sie, daß Sie etwas zu weit gelaufen sind. Und wenn Sie am Roosevelt-See herauskommen, wissen Sie, daß Sie ein ganz schönes Stück zu weit g e laufen sind.“
    Er bat uns, als wir uns verabschiedeten, auf dem Rückweg durch Phoenix bei ihm anzuhalten und ihm zu erzählen, was wir entdeckt hatten. „Ich

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