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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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woanders aufgeschlagen, ständig auf der Suche nach einem Ort, an dem sie in Ruhe und Frieden ihren Riten nachgehen konnten.
    Drei Tage harter Arbeit, und ich hatte eine ziemlich genaue Übersetzung von 85 Prozent des Textes vor mir liegen und ein grobes, zur Weiterarbeit ausreichendes Verständnis von dem Rest. Das meiste davon schaffte ich aus eigener Kraft, obwohl ich Professor Vasquez Ocaña bei einigen wirklich komplizierten Wendungen konsu l tierte. Allerdings verriet ich ihm nichts von der wahren Natur des Projekts. (Wenn er fragte, ob ich den Aufb e wahrungsort der Maura Guidol gefunden hätte, antwort e te ich immer ausweichend.) Zu diesem Zeitpunkt hielt ich die ganze Sache noch immer für ein hübsches Mä r chen. Als Junge hatte ich Lost Horizon gelesen. Ich eri n nerte mich an Shangri-La, das geheime Kloster im Him a laya, die Mönche übten sich in Yoga und atmeten reine Luft, dieser wunderbare Schock, der in dem Satz „ Daß sie immer noch leben, Vater Perrault“ steckte. Natürlich nimmt man solches Zeugs nicht ernst. Ich nahm mir vor, meine Übersetzung in, na, sagen wir, Speculum zu verö f fentlichen, mit einem angemessenen Kommentar über den im Mittelalter weitverbreiteten Glauben an die U n sterblichkeit, mit Verweisen auf den Mythos um Priester John, auf Sir John Mandeville und auf die Erzählungen Alexanders. Die Bruderschaft der Schädel, die Hüter der Schädel, deren Hohepriester, die Prüfung, die von vier Kandidaten gleichzeitig begonnen werden muß, nur zwei von ihnen dürfen überleben, der Hinweis auf antike G e heimnisse, an denen Jahrtausende vorübergezogen sind – warum nicht, das hier hätte ja auch genausogut ein altes Märchen sein können, das Scheherazade erzählt hat, oder? Ich nahm die große Mühe auf mich, sorgfältig Bu r tons Ausgabe von Tausend und eine Nacht durchzug e hen, alle sechzehn Bände, weil ich vermutete, die Ma u ren hätten dieses Märchen von den Schädeln im achten oder neunten Jahrhundert nach Katalonien gebracht. Nichts. Was ich da auch gefunden hatte, es war kein Fragment nach Motiven aus den Arabischen Nächten. Vielleicht dann aus der Periode Karls des Großen? Oder ein romanisches Lügenmärchen, von dem man bislang noch nichts wußte? Ich wühlte mich durch unhandliche Verzeichnisse der mythologischen Leitgedanken des Mi t telalters. Nichts. Ich versuchte es noch früher. Innerhalb einer Woche wurde ich zum Experten der gesamten Lit e ratur von Langlebigkeit und Unsterblichkeit. Tithonus, Methusalem, Gilgamesch, der Uttarakurus und der Ja m bu-Baum, der Fischer Glaukus, die Unvergänglichkeit des Taoismus, jawohl, die gesamte Bibliographie. Und dann ging der Kronleuchter auf, fielen die Groschen gleich reihenweise, ein Schrei, der die studentischen Hilfskräfte aus allen Ecken zusammenrennen ließ. Ar i zona! Mönche, die von Mexiko gekommen waren und davor von Spanien nach Mexiko gekommen waren!
    Der Fries der Schädel! Ich suchte wie ein Wilder den Artikel in der Beilage der Sonntagszeitung. Las ihn wie im Delirium. Ja. „Überall Schädel, grinsend und düster, als Relief oder in sonstigen dreidimensionalen Darste l lungen. Die Mönche sind hager und kräftig … Der einz i ge, mit dem ich sprechen konnte … mochte dreißig oder dreihundert Jahre alt sein; es war unmöglich, dies zu en t scheiden.“ Daß Sie immer noch leben, Vater Perrault. Meine verwirrte Seele fuhr zurück. Konnte ich an so e t was glauben? Ich, der Skeptiker, der Spötter, der Mat e rialist, der Pragmatiker? Unsterblichkeit? Ein uralter Kult? Die Hüter der Schädel weilen zwischen Kakteen? Die ganze Angelegenheit kein Mythos des Mittelalters, keine Legende, sondern wirklich eine beständig fortla u fende Einrichtung, die sogar bis in unsere automatisierte Welt vorgedrungen war, eine Einrichtung, die ich sogar mit eigenen Augen sehen konnte, sobald ich nur Lust hatte, den Ausflug dorthin zu unternehmen und als Ka n didat der Unsterblichkeit die Prüfung zu machen. Eli Steinfeld lebt, um das Morgengrauen des sechsunddre i ßigsten Jahrhunderts zu erblicken. Das sprengte jegliche Vorstellungskraft. Ich weigerte mich, mehr als einen merkwürdigen Zufall in der Übereinstimmung von M a nuskript und Zeitungsartikel zu sehen. Dann, nach erne u ten Überlegungen, schaffte ich es, die Annahme der Weigerung zu verweigern und die Tatsache selbst zu a k zeptieren. Es war notwendig, einen Akt des Glaubens zu vollziehen, den ersten, den ich je zustande brachte, um die Sache

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