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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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alle schwierigen Entscheidungen für uns zu treffen. Doch halt, schreit Eli. Gebt euren Zynismus auf, gebt auf euren hohlen Unglauben an das, was unsichtbar ist! Einstein, Bohr und Thomas Edison haben unsere F ä higkeit zerstört, das Zukünftige in uns aufzunehmen, aber würdet ihr nicht frohen Herzens das Hier-und-Jetzt e r greifen? Glaubt, sagte Eli. Glaubt an das Unmögliche. Glaubt daran, weil es unmöglich ist. Glaubt, daß die ni e dergeschriebene Weltgeschichte ein Mythos ist, und daß es der Mythos ist, der aus der wahren Geschichte übe r lebt. Glaubt an die Schädel, glaubt an ihre Hüter. Glaubt. Glaubt. Glaubt. Übt euch im Glauben, und die Ewigkeit wird euer Lohn sein. So spricht Eli. Wir fahren nach Norden, Osten, Norden, wieder Osten, fahren im Zic k zack durch die dornige Wildnis, und wir müssen glauben.

21. KAPITEL
Timothy
     
    Ich bemühte mich, fröhlich zu sein und nicht zu maulen, aber manchmal wird es auch dem Stärksten zu viel. Di e ser Zug heute mittag durch die Wüste zum Beispiel. Man muß schon einen starken Hang zum Masochismus haben, um sich auf so etwas einzulassen, auch wenn es dadurch zehntausend Jahre Lebensverlängerung gibt. Aber das ist doch alles blanker Unsinn. Das einzige Reale ist die Hi t ze. Ich schätze, fünfunddreißig Grad und mehr, vielleicht sind es sogar vierzig Grad hier draußen. Der April hat noch nicht begonnen, und wir befinden uns schon in e i nem Hochofen. Das ist die berühmte trockene Hitze von Arizona, von der man schon soviel gehört hat: Natürlich ist es dort heiß, aber es ist trockene Hitze, und man spürt sie gar nicht. Scheiße, ich spüre sie. Die Jacke ist heru n ter, das Hemd offen, und trotzdem brate ich. Wenn ich nicht meine verflucht empfindliche Haut hätte, würde ich auch das Hemd ausziehen, aber dann werde ich verbr ü hen. Oliver hat sein Hemd schon ausgezogen, und er ist viel blasser als ich; vielleicht verbrennt seine Haut nicht, eine bäuerliche Haut, eine Kansas-Haut. Jeder Schritt kostet Anstrengung. Wie weit müssen wir überhaupt noch laufen? Fünf Meilen? Zehn?
    Der Wagen liegt schon weit hinter uns. Zwölf Uhr dreißig haben wir jetzt, und losgegangen sind wir um zwölf, vielleicht um Viertel nach. Der Weg ist kaum e i nen halben Meter breit und manchmal noch schmaler. Dann gibt es Stellen, wo der Weg überhaupt nicht mehr vorhanden ist. Dort müssen wir springen und uns den Weg durch das Bodenholz bahnen. Wir geben ganz das Bild von vier geistesgestörten Navahos ab, die immer noch hinter Custers Armee her sind. Sogar die Eidechsen lachen uns aus. Herr im Himmel, mir ist es schleierhaft, wie hier draußen auch nur ein Wesen überleben kann, wo die Eidechsen und Pflanzen in Grund und Boden gekocht werden müssen. Der Boden besteht nicht eigentlich aus Erdreich, aber es ist auch nicht direkt Sand. Es ist eher etwas Trockenes, Krümliges, das leise, krachende Gerä u sche macht, sobald wir darauftreten. Die Stille hier dra u ßen verstärkt das Geräusch ungemein. Die Stille macht einem Angst. Und wir haben noch kein Wort miteinander gewechselt. Eli stürmt uns voran, als habe er den heiligen Gral vor Augen. Ned grummelt und brummelt: Er ist nicht sehr kräftig, und eine Tour wie diese reibt ihn auf. Oliver, der Schlußmann, hat sich wie üblich ganz in sich selbst verschlossen. Man könnte ihn genausogut für einen Astronauten halten, der über den Mond marschiert. Gel e gentlich durchbricht Ned das Schweigen, um uns etwas über die hiesige Flora zu erzählen. Ich hätte nie gedacht, daß er sich so viel aus Pflanzen macht. Man sieht hier nur wenige von den beeindruckenden Riesenkakteen, den Saguaros; obwohl ich ein paar entdeckt habe, fünfzehn bis zwanzig Meter hoch, ein gutes Stück vom Weg en t fernt. Worauf man allerdings zu Tausenden stößt, sind seltsame Dinger, so knapp zwei Meter hoch, mit einem knorrigen, grauen, holzartigen Stamm und zahllosen he r unterbaumelnden Stacheltrauben und grünem, beulena r tigem Zeugs. Kettenfrucht-Cholla nennt Ned sie und warnt uns, ihnen zu nahe zu kommen. Die Stacheln sind sehr scharf. Also meiden wir sie; aber es gibt hier noch eine Cholla-Art, die Teddybär-Chollas, vor der man sich nicht so leicht in acht nehmen kann. Teddybär-Chollas sind hinterhältige Burschen. Kleine, stummelartige Pflanzen, höchstens fünfzig Zentimeter hoch und übersät von Tausenden flaumartiger, strohfarbener Stacheln; man braucht eine Teddybär-Cholla nur einmal schief anzus e hen, und schon springen die

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