Bruderschaft der Unsterblichen
des Weges nur einen Wall aus undurc h dringlichen Stacheln und Dornen finden? Ich glaube, i r gendwie habe ich das erwartet. Die ganze Expedition lediglich ein weiterer Fehlschlag, ein weiteres Fiasko für Eli, den Schmeggege. Der Schädel am Wegrand, der sich als trügerischer Beweis erweisen würde, das Manuskript als Traummärchen, der Zeitungsartikel als Betrug, das X auf unserer Karte nichts als ein blöder Scherz. Vor uns nur Kakteen und Mesquiten, ein dürres Ödland, der Arsch einer Wüste, in der noch nicht einmal Schweine sich so weit erniedrigen würden, hier hinzuscheißen. Was würde ich dann sagen? Ich würde mich in tiefster Demut an meine drei erschöpften Kameraden wenden und s a gen: „Meine Herren, ich bin betrogen, und ihr seid in die Irre geführt worden. Wir sind einem Hirngespinst nac h gelaufen.“ Ein reumütiges, dürftiges Lächeln würde me i ne Mundwinkel umspielen. Und dann würden sie mich schweigend und sachlich ergreifen, weil ich die ganze Zeit über gewußt habe, daß es zu einem solchen Ende kommen mußte. Und sie würden mich entkleiden, mir einen hölzernen Pflock ins Herz treiben, mich an einen hochaufragenden Saguero nageln, mich zwischen den flachen Felsen zu Tode quetschen, sie würden mir Cho l las auf den Augen zerreiben, mich bei lebendigem Leib verbrennen, mich bis zum Hals in einem Ameisenhügel vergraben, mich mit ihren Fingernägeln kastrieren und dabei feierlich singen: Schmeggege, Schlemihl, Schlem a zel, Schmendrick, Schlep! Geduldig werde ich die woh l verdiente Strafe auf mich nehmen. Demütigungen sind mir nicht fremd. Ein Desaster kann mich nicht erschre c ken.
Demütigung? Desaster? Wie beim Fiasko mit Margo? Mein letztes größeres Debakel. Es tut immer noch weh. Letzten Oktober, Semesteranfang, regnerische, neblige Nacht. Wir hatten erstklassigen Shit, angeblich Roter Panamese, den Ned seinen Worten zufolge durch Bezi e hungen zum homosexuellen Underground erhalten hatte. Die Pfeife machte die Runde, Timothy, Ned und ich; Oliver hielt sich natürlich davon fern und schlürfte a n dächtig irgendeinen billigen Rotwein. Ein Quartett von Rasoumovski wurde im Hintergrund von der Platte g e spielt. Tapfer erhob es sich über dem Trommelwirbel des Regens. Als wir high waren, entdeckten wir ein gehei m nisvolles Geräusch bei Beethoven, ein zweiter Cellist schien auf unerklärliche Weise zu den Musikern zu st o ßen, an einigen Stellen sogar eine Oboe, ein transzende n tales Fagott unterhalb der Streicher. Ned hatte noch u n tertrieben – der Pott war super. Und irgendwie fühlte ich mich gedrängt, kam auf den Redetrip, auf den Bekenne r trip, wollte mich ausschütten und sagte plötzlich zu T i mothy, am allermeisten würde ich es bedauern, daß ich in meinem ganzen Leben noch nie mit einer gebumst hätte, die ich als wirklich tolle Frau ansehen würde.
Timothy, teilnahmsvoll und besorgt, fragte mich, wer für mich denn eine wirklich tolle Frau sei. Ich schwieg und ging in Gedanken die zur Wahl stehenden Möglic h keiten durch. Ned wollte helfen und schlug Raquel Welch, Cathérine Deneuve und Lainie Kazan vor. Schließlich stieß ich mit bewundernswerter Unbekümmertheit hervor: „Ich halte Margo für ein wirklich tolles Mädchen.“ Tim o thys Margo. Timothys arische Göttin, die goldene Schic k se. Nachdem ich es ausgesprochen hatte, fühlte ich, wie eine rasche Folge von kurzen Dialogpassagen in meinem cannabisvernebelten Hirn widerhallte, und dann kehrte sich die Zeit so um, wie das eben unter dem Einfluß von Shit vorkommt, daß ich mein ganzes Auftreten als Scha u spiel erlebte, jeder Satz kam prompt aufs Stichwort. Tim o thy fragte mich ganz ernsthaft, ob ich auf Margo abfahren würde. Ich versicherte ihm genauso ernsthaft, daß dem so sei. Jetzt wollte er wissen, ob ich mich weniger unzulän g lich und mehr erfüllt fühlen würde, wenn ich mit ihr schl a fen könnte. Zögernd antwortete ich ihm jetzt, während ich mich fragte, worum es eigentlich bei diesem Stück ging, mit vagen Umschreibungen und dem einzigen Erfolg, daß ich ihn erstaunlicherweise sagen hörte, er würde alles für morgen abend arrangieren. Was arrangieren, fragte ich. Margo, sagte er. Er würde mich mit Margo zusamme n bringen, dies sei ein Akt christlicher Nächstenliebe.
„Und wird sie wirklich …“
„Natürlich wird sie. Sie findet dich reizend.“
„Wir finden dich alle reizend, Eli.“ Das kam von Ned.
„Aber ich kann doch nicht … sie kann doch nicht … wie …
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