Bruderschaft der Unsterblichen
den Rücken hinunter über meinen Hintern und meine Beine, und ich sagte mir, das sei eben immer so, wenn Leute an einem heißen Tag auf dem Feld arbeiteten, daß es anständig und gut sei, nackt unter einer strahlenden Sonne zu stehen, daß es völlig sinnlos sei, sich ein grobes, schmutziges Stück Stoff um den Bauch binden zu müssen, wenn man nackt gena u sogut vorankommt. Je mehr ich darüber nachdachte, desto weniger Sinn schien mir das Tragen von Kleidern zu haben: Solange es draußen warm ist und der eigene Körper keine Beleidigung fürs Auge ist, warum soll man sich da bekleiden? Natürlich gibt es viele Leute, die nicht so gut aussehen wie ich; die tun besser daran, sich etwas anzuziehen, glaube ich, oder zumindest, wenn wir was anziehen sollen, dann sie auch. Nun, ich war ganz froh, die schmutzigen Shorts los zu sein. Hier draußen, wo nur Männer sich aufhielten, was machte es da schon aus?
Während ich so in den Chilireihen arbeitete und o r dentlich schwitzte, brachte mir meine Nacktheit andere Zeiten in Erinnerung, als ich vor vielen Jahren zum e r stenmal meinen Körper und den von anderen entdeckte. Vermutlich hat die Hitze das Erinnerungsferment in mir aufgerührt. Unkontrolliert zogen Gedankenbilder durch meinen Kopf, eine dunstige, einfache, formlose Wolke der Wiedererinnerung: Unten am Fluß, ein sengend he i ßer Tag, als ich – ja, wie alt war ich da? – elf, ja, elf Ja h re alt war; es war das Jahr, in dem mein Vater starb. Ich war mit Jim und Karl unterwegs, meinen Freunden, me i nen einzigen wirklichen Freunden. Karl war zwölf, Jim so alt wie ich, und wir suchten Karls Hund, diesen Tö l pel, der am Morgen weggelaufen war. Wir folgten seiner Spur, fühlten uns wie Tarzan, folgten dem Hund den Fluß hinauf, fanden hier einen Haufen und dort eine na s se Stelle an einem Baumstumpf, bis wir so ein oder zwei Meilen gelaufen waren, irgendwohin ins Niemandsland. Die Hitze bedrängte uns, und der Schweiß durchtränkte unsere Kleider. Wir haben den Hund nicht gefunden. Und wir kamen an eine tiefe Stelle im Fluß, gegenüber der Madden-Farm, wo es tief genug zum Schwimmen ist. Karl sagte: „Laßt uns schwimmen gehen.“ Und ich sagte: „Aber wir haben unser Badezeug doch gar nicht mitg e bracht.“ Und beide lachten über mich und zogen sich die Kleider aus. Nun, vor meinem Vater und meinen Brüdern habe ich auch schon nackt gestanden, und gelegentlich war ich auch schon nackt schwimmen gegangen. Aber ich achtete sehr auf die Moral und war ständig in dem Bemühen verhaftet, das Richtige zu tun, so daß mir der Satz vom Badezeug, das wir nicht mitgebracht hätten, ohne Nachdenken über die Lippen gekommen war. Auch ich zog mich aus. Wir ließen unsere Kleider am Strand zurück und traten über die unsicheren, flachen Steine zum tiefen Teil des Flusses. Karl als erster, dann Jim, dann ich, und wir sprangen hinein und spritzten zwanzig Minuten oder so im Wasser herum. Als wir wieder h e rauskamen, waren wir natürlich naß, und so setzten wir uns an den Strand, um uns von der Sonne trocknen zu lassen, da wir ja keine Handtücher dabei hatten. So etwas hatte ich noch nie erlebt, einfach so nackt mit anderen Nackten auf offenem Gelände zu liegen, ohne daß das Wasser unsere Körper verhüllte. Und wir betrachteten uns gegenseitig. Karl, der ein Jahr älter als Jim und ich war, hatte bereits begonnen, sich zu entwickeln: Seine Eier waren größer, und er hatte unten bereits ein dunkles Büschel Haare – ein paar Härchen hatte ich auch schon, aber weil ich blond bin, waren sie kaum zu sehen –, und Karl war stolz auf das, was er schon hatte. Er lag auf dem Rücken und protzte damit. Ich bemerkte, wie er auch mich besah, und ich fragte mich, was er wohl dachte. Vielleicht unterzog er meinen Schwanz einer Kritik, weil er so klein war, es war halt das Schwänzchen eines kle i nen Jungen, und seiner war der von einem Mann, oder? Aber davon abgesehen, war es ganz angenehm, in der Sonne zu liegen, die Hitze auf meiner Haut, die mich trocknete und meinen Unterleib bräunte, wo ich so weiß wie ein Fischbauch war. Und ganz plötzlich kreischte Jim, klappte das Knie zusammen und legte die Hände auf die Leistengegend. Ich sah mich um, und da war Sissy Madden, die damals, glaube ich, sechzehn oder siebzehn Jahre alt war. Sie trainierte wohl mit ihrem Pferd. Ihren Anblick werde ich nie vergessen: ein Teenager mit viel Babyspeck mit langen roten Haaren, vielen Somme r sprossen, engen braunen Shorts, einem
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