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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Langlebigkeit, um die es hier geht, genauso unmöglich. Es ist notwendig, das bloße Menschliche abzustoßen, im wahrsten Sinn des Wortes unmenschlich, nichtmenschlich zu werden, wenn man den Tod besiegen will. Aber ich werde ja noch nicht einmal mit den treulosen Zuckungen meines Schwanzes fertig, wie soll ich da daran denken, meinen ganzen M e tabolismus zu steuern, durch eine geistige Anstrengung einen organischen Schaden zu beheben, die Art von Ze l lenkontrolle zu erreichen, die die Brüder beherrschen müssen? Ich kann es nicht.
    Ich sehe mein Versagen schon am Horizont aufleuc h ten. Bruder Leon und Bruder Bernard haben gesagt, sie wollten mir ein besonderes Training geben, sie wollten mir einige ganz nützliche Techniken verraten, mit denen man die Ejakulation zurückhalten könne, aber viel Hof f nung habe ich dabei nicht. Das Problem liegt zutiefst in meiner Eli-Haftigkeit verwurzelt, und es ist zu spät, da r an noch etwas zu ändern; ich bin so wie ich bin. Ich b e steige diese Dirnen, diese wortlosen, gelenkigen aztek i schen Priesterinnen, und obwohl ich an nichts anderes denke als an die Anweisungen, wie ich meinen Samen zurückhalten soll, bricht mein ganzer Körper in wilden Galopp aus, läuft mir davon, und ich explodiere vor Le i denschaft; dabei ist es gerade die Leidenschaft, die b e siegt werden muß, will man die Prüfung überstehen. Wenn ich bei dieser Aufgabe versage, habe ich bei allem versagt; ich werde beiseite gestoßen und ich bin auf ewig verloren; laßt mich deshalb meine unwürdige Existenz selbst vernichten, einer muß es ja schließlich, und damit werde ich den anderen die Möglichkeit geben, weiterz u kommen. Daran habe ich letzte Nacht in jenen dunklen Stunden gedacht, daß es so kommen müsse. Und ich dachte auch daran, daß Timothy der andere ist, der s i cherlich versagen wird, da er unfähig oder unwillentlich ist, die nötige Innerlichkeit zu erreichen. Er ist das Opfer seines eigenen Spotts. Er schätzt die Bruderschaft und ihre Riten so gering ein, daß er seine Ungeduld kaum zügeln kann. Somit kann er niemals auch nur die Grun d disziplinen erreichen. Wir meditieren, er schaut sich nur die Umgebung an. Und es besteht die ernst zu nehmende Gefahr, daß er sich in den nächsten paar Tagen einfach auf und davon macht, und das würde natürlich alles z u nichte machen, da der Fruchtboden nicht mehr ausbala n ciert wäre. Für meine Person habe ich Timothy deshalb dazu bestimmt, das andere Opfer des Neunten Myster i ums zu werden; er kann einfach nicht das bekommen, was die Bruderschaft anbietet, darum wollen wir ihn fa l lenlassen, ihn hinschlachten zum Segen der anderen. In der letzten Nacht, während ich mit düsteren Gedanken wach lag, überlegte ich mir, ob ich die Sache nicht zum gewünschten Ende bringen sollte: ein Messer aus der Küche klauen, Timothy im Schlaf erstechen und dann mich selbst durchbohren. Dem Neunten Mysterium wäre damit Folge geleistet, und Ned und Oliver hätten ihre Fahrkarte in die Ewigkeit. Ich setzte mich schließlich aufrecht hin.
    Aber im kritischen Moment hielt ich inne und fragte mich, ob jetzt überhaupt die richtige Zeit für meine Pläne war. Vielleicht gibt es einen festgesetzten Termin für den Entleibungsprozeß im Neunten Mysterium, zu einem späteren Zeitpunkt der Prüfung. Vielleicht würde ich a l les zunichte machen, wenn ich mich jetzt schon daran gab, ganz willkürlich, ohne auf ein Signal von den Br ü dern zu warten. Wenn ein vorzeitig begangenes Ritual wertlos war, würde ich meine Tat besser unterlassen. Ich blieb im Bett, und der Drang kühlte wieder ab. Aber he u te morgen war ich immer noch depressiv, und ich en t deckte, daß ich eigentlich gar keine Lust hatte, mich selbst umzubringen. Ich habe Todesahnungen, ich bin zutiefst unglücklich über meine nicht wegzuleugnenden Unzulänglichkeiten, klar, aber zur gleichen Zeit wollte ich so lange wie möglich leben. Obwohl die Aussichten, Langlebigkeit von den Brüdern zu erreichen, plötzlich in einem sehr unfreundlichen Licht standen. Ich glaube nicht, daß es überhaupt einer von uns schaffen wird. Ich fürchte, dieser Fruchtboden fällt auseinander.

34. KAPITEL
Oliver
     
    Zur Mittagszeit, als wir gerade von unserer Sitzung mit Bruder Miklos kamen, fing uns Bruder Javier in der Ei n gangshalle ab. „Ich möchte mich mit euch nach dem Mi t tagessen im Raum der Drei Masken treffen“, sagte er und wandte sich dann schweigend ab, um seinen Geschäften nachzugehen. Etwas

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