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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Lenkrad, dann hob er die Finger aus der
    naßklebrigen Whiskeytünche.
    »Sie übersehen eins, Mister JayMac, Affen gibt es in allerlei
    Farben. Und manche haben zweifarbige Seelen.«
    Mister JayMac schlug auf das Armaturenbrett, daß die
    Becher tanzten. Aber sie fielen nicht herunter.
    »Darius, geh nicht!«
    Darius nahm sein Taschentuch und wischte das Lenkrad ab.
    Dann putzte er sich die Hände. »Hätte der Affe eine andere
    Farbe, wär er vielleicht nicht auf die Idee gekommen.«
    »Tu’s nicht«, sagte Mister JayMac. Darius schwieg. Mister
    JayMac stieß die Tür auf, sprang vom Trittbrett und ging mit

    großen Schritten über die Schicht aus Sägemehl und
    Muschelsplittern.
    Ich duckte mich, als er am Heck vorbeikam. Hinter mir
    kreischte die verzinnte Blechtür zum Hof. Durch den Spalt
    brach ein Fächer aus orangeweißem Licht und Staubgestöber –
    also hatte ich noch nicht den ganzen Tag verschlafen. Dann
    fiel die Tür scheppernd ins Schloß.
    Darius blieb am Steuer sitzen. Ich konnte nicht unbemerkt
    aus dem Bus, und die Auseinandersetzung, die ich mitangehört
    hatte, machte mir nicht gerade Mut. Für Mister JayMac würde
    ich der heimliche Lauscher sein und für Darius der Spion mit
    dem Milchgesicht. Also machte ich mich klein und wartete.
    Das Problem war mein vorwitziges Taschenmesser; es glitt
    mir aus der Hose, traf mit einem Ende auf den Metallboden
    (klong) und fiel dann um (peng).
    »Wer ist da hinten?« sagte Darius.
    Ich biß mir auf die Unterlippe.
    »Mäuse? Nazis? Raus da, wenn ich bitten darf.«
    Ich setzte mich auf. Darius starrte mich aus dem schrägen
    Rechteck des Rückspiegels an.
    »Barmherziger Jesus«, sagte er. »Was machst du denn da hinten, Danny?«
    Mein Schulterzucken war wohl nicht besonders
    aufschlußreich.
    »Troll dich«, sagte Darius. »Ich will meine Ruhe.«
    Ich hob das Taschenmesser auf, raffte meine sieben Sachen
    beisammen und ging auf leisen Sohlen den Gang hinauf. Hätte
    Darius mir alles aus den Händen geschlagen und mich zu
    Boden gestoßen, um mir zu verklickern, daß ich mich wie ein
    Wurm benommen hatte, ich hätte mich nicht gewundert. Doch
    er blieb sitzen. Er würdigte mich keines Blickes, nicht einmal auf dem Umweg über den Rückspiegel.

    Ich stieg aus. Die Gepäckträger waren leer. Jumbo mußte
    meinen Sack mitgenommen haben. Um mir diesen Streich zu
    spielen, hatte keiner querschießen dürfen; er mußte sie alle
    instruiert haben – alle, bis auf Mister JayMac und Darius. Ha ha. Als ich die Garage verließ, hing Darius immer noch über
    dem Steuer, hohläugig, innerlich auf des Messers Schneide und
    stumm.

    27

    AN DIESEM ABEND NACH DEM ESSEN klopfte jemand an die
    Tür. Die Mansarde kam mir kleiner vor als sonst, denn
    während wir auf Achse gewesen waren, war hier ein Schreiner
    gewesen und hatte mir ein Bett gezimmert, mit Kopfbrett und
    Schubladen unter der Matratze, womit meinem Anspruch als
    Hellbender – wenn auch verspätet – Genüge getan war.
    Jedenfalls schreckten wir von dem Klopfen auf, denn wir
    hatten nichts gehört, kein verräterisches Knarren von Stufen
    oder Dielen. Aber wir hätten etwas hören müssen: Ich saß da und schrieb einen Brief an Mama Laurel, derweil Jumbo,
    obwohl er alles haßte, was mit Krieg zu tun hatte, Burma
    ∗
    Surgeon las – weil, wie er sich ausdrückte, »Colonel Seagrave sich dem Heilen widmet und nicht der Zerstörung«. Als es
    dann klopfte.
    Jumbo öffnete die Tür, wobei er weder aufzustehen noch
    seine Lage zu verändern brauchte. Kizzy Lorrows, eine
    zwergenhafte braune langhaarige Seminolin. Das Mehl an
    ihren Armen erinnerte an diese Art Rauhreif auf Pflaumen.
    Auch die halbe Stirn sah so aus. Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab und zeigte ins Zimmer: Ich war gemeint.
    »Danl, ein Anruf für dich. Ferngespräch. Rasch, du nimmst
    besser Füße in Hände.«
    »Das wäre sinnlos«, sagte Jumbo. »Völlig sinnlos.«
    »Seine Mama will ihn sprechen. Sie weiß nicht, daß er sich
    Zunge verstaucht hat. Er hat ihr bestimmt nicht gesagt.«

    ∗ Der Chirurg von Burma

    Ich stand auf. Ich schüttelte den Kopf. Mama telefonierte
    nicht gerne, doch ich hätte damit rechnen sollen, daß sie
    irgendwann mal anrufen würde, um mich stammeln zu hören.
    Irgendwann war jetzt, und Kizzy wischte mein Kopfschütteln
    mit einer Schlenkerhand beiseite. »Jede Minute, du zögerst,
    wirfst du Telefonleuten gutes Geld in den Rachen. Los, Bubi!«
    »Ich werde für ihn sprechen«, sagte Jumbo. Er

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