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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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JayMac.
    »Gundy telegraphiert seinen Curve-Ball.« Darius sah Sloan in die Augen, und Sloan begann einen Fussel vom Ärmel zu
    pflücken. »Und den Fast, Knuckle* wirft er aus dem
    Handschuh heraus – immer, da gibt’s kein Vertun. Was genau
    kommt, sieht man erst, wenn der Ball unterwegs ist. Da hilft
    nichts. Aber wer den Flipflopflattermann eines Knuckles nicht
    vom Harakiri eines Fast unterscheiden kann, der ist sowieso
    ein Fall für den Augenarzt.«
    »Gilt das auch für Pitcher?« sagte Hoey. »Die größte Angst
    des Schlagmanns ist der halbblinde Pitcher.«
    Darius lächelte. »Wie wahr. Aber Gundys Curve – den kann
    man sehen, bevor er kommt. Er nimmt den Ball hinter und unter die rechte Arschbacke und fummelt solange, bis der Griff stimmt. Wenn Gundy die Ballhand rückwärts runternimmt,

    kommt immer ein Curve – das ist so sicher wie das Amen in
    der Kirche.«
    »Und wenn er täuschen will?« meinte Nutter. »Wenn er zum
    Handschuh zurückkommt, um auszuholen, kann er doch
    umgreifen. Der Schlagmann, der mit ‘nem Curve rechnet und
    nach sonst was schwingt, ist dann der Dumme.«
    »Mr. Nutter, Sie haben bei den Großen gespielt«, sagte
    Darius. »Sie kennen das doch. Das war das erste Mal, daß
    Gundy so was macht. Sein Curve ist so sicher wie die
    Strafpredigt in der Kirche, und kein Gendarme, nicht mal Mr.
    Strock, hatte bis jetzt den Mumm, ihm das abzutrainieren.«
    »Noch weitere Details, Darius?« sagte Mister Jay-Mac.
    »Nein, Sir. Wichtig ist, darauf zu achten, wohin die Ballhand
    geht, bevor er ausholt, dann weiß man ob ein Curve kommt
    oder nicht.« Er rutschte vom Geländer und ging leise von
    dannen.
    In jedem anderen CVL-Team hätte das Management den
    farbigen Scout gemolken und die Milch der Weisheit ohne
    Quellennachweis weitergegeben. Mister JayMac machte es
    anders – ob aus Humanität oder weil Darius ihn irgendwie in
    der Hand hatte, wußte ich damals noch nicht.
    Im zweiten Spiel warf Fadeaway. Sechs Würfe lang hielt er
    die Gendarmes auf null; bei seinem Fadeaway und seinem
    knackigen Fast-Ball blieb der Crew von Mr. Strock die Spucke
    weg, und den heimischen Fans war so feierlich zumute wie
    einem Chirurgen auf der Beerdigung seines kürzlich operierten
    Patienten. Dann drosch der Rest von uns auf die
    telegraphierten Curves von Gundy ein. Und auch die anderen Würfe konnten wir größtenteils entschlüsseln, bevor sie die
    Home Plate erreichten.
    Gundy trug nach weniger als vier Innings so etwas wie eine
    Schützengrabenneurose davon, sein Gang hatte etwas von
    einem Zombie, als er unter einem Konzert aus Buhrufen den

    Pitcherhügel verließ und in den Duschraum wankte. Mit
    seinem Ersatzmann verfuhren wir genauso, der
    Schlagrhythmus beseelte uns wie ein Boogie-Woogie; die
    Gendarmes, die jede Hoffnung auf eine Kehrtwende über Bord
    geworfen hatten, ähnelten einer Horde kopfloser
    Hampelmänner, und das um so mehr, je länger das Spiel
    dauerte.
    Auch der Home Run, der ihnen im siebten Inning gelang, als
    Ed Bantling den ›Regenmacher‹ schlug, der vom Wind in die
    rechte Tribüne verweht wurde, konnte daran nichts mehr
    ändern. Der Run kam selbst Bantling wie ein Glückstreffer
    vor. Er trabte rückwärts zum Second und sah zu, wie der Ball
    stieg und stieg, in unwirklichen Etappen, wie ein Ping-Pong-
    Ball, der von einer Windhose angesaugt wurde, bis er
    schließlich innehielt und sich wie ein Habicht auf die Tribünen stürzte. Als Bantling die Home Plate überquerte, fing er an zu lachen, aber mehr wie ein Soldat, der knapp einer Kugel
    entwischt war, und nicht wie einer, der dem Feind soeben eine
    Granate verpaßt hatte.
    Und das aus gutem Grund. Wir schlugen LaGrange nämlich
    dreizehn zu eins und ersparten uns so die Peinlichkeit, mit
    einer Pechsträhne heimzukommen.

    26

    JUMBO UND ICH MUSSTEN NOCH EINMAL im Hotel Lafayette
    übernachten. Er schlief wie ein Toter, atmete kaum und tat so
    gut wie keinen Mucks. Die Aufregung des Tages und eine
    nagende Nervosität, an der diese drei Karloff-Streifen schuld waren, hatten mich so aufgedreht, daß ich trotz der schlecht
    verbrachten Nacht gestern nicht zur Ruhe kam. Ich warf mich
    wie ein Epileptiker, stand schließlich auf und ging im Zimmer
    auf und ab und spielte in Gedanken noch einmal jedes Inning
    des letzten Spiels.
    Na ja, warum nicht? In diesem Spiel hatte ich immerhin
    Bestleistungen gezeigt. Keine Fehler, ein selbständiges Double Play und fünf Hits bei sechs Auftritten an der Home Plate

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