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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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LaRaina zu treffen, das war Mr. Curridens wirkliche
    Absicht«, erklärte mir Henry und blickte unverwandt in
    Fahrtrichtung. »Er hegt keinen Groll gegen dich. Wer weiß,
    vielleicht hat er dich tatsächlich mit einem bezahlten Besuch
    im Wing & Thigh belohnen wollen; immerhin hast du einiges für die Hellbenders getan. Andererseits verspürte er keine
    Gewissensbisse, dich als Faustpfand zu benutzen, um indirekt
    Miss LaRaina zu verletzen. Daß dieses Unterfangen auch dich
    versehren könnte und Miss Phoebe zutiefst kränken würde,
    war ihm gleichgültig; ihr wart nur Mittel zum Zweck. Ich habe
    Mr. Curriden bislang gut leiden können. Heute abend
    allerdings brennt sein Name wie Salz und Asche in meiner
    Wunde.«
    Henry schwieg, bis unser Taxi in die Angus Road einbog.

    »Das Komische an Mr. Curriden ist, daß er durch seine
    Gehässigkeit auf der Skala meiner Wertschätzung noch tiefer
    gesunken ist als die Messieurs Hoey, Sloan, Sosebee, Sudikoff
    und Evans. Bei all ihrer Bigotterie rächen sie sich unmittelbar an demjenigen, der sie blamiert oder beleidigt, und bedienen
    sich nicht argloser Dritter, mit denen sie gar keinen Streit
    haben.« Beim Anblick von McKissic House sagte er: »Diese
    unverschämte Laus.«
    Das Taxi fuhr uns bis an die Balustrade der vorderen
    Veranda. Obwohl im Parterre und auf dem ersten Stock noch
    Licht brannte, hatte man als jemand, der ein bißchen nach dem
    offiziellen Zapfenstreich kam, gleich das Gefühl, das Haus
    müsse einen, sobald man den Fuß über die Schwelle setzte, mit
    Haut und Haaren verschlingen.
    Henry zahlte den Fahrpreis und gab dem Fahrer ein
    Trinkgeld. Er packte mich von hinten unter die Achseln und
    trug mich mehr oder weniger die Stufen hinauf. An der Tür ins
    Foyer stellte er mich ab und sah auf mich herunter.
    »Du schuldest mir zehn Dollar für das Aquarium, Daniel –
    eine Schuld, die ich dir nicht vergeben werde.«
    Kein Problem. Das Geld hatte ich. Wie über einem Siphon
    kreiselten meine Gedanken über einem bestimmten
    Augenblick im Wing & Thigh. Das Gesicht – das von dem Kerl mit dem roten Popeye-Cartoon auf dem Hintern war ein
    Gesicht, das ich kannte. Was, zum Teufel, ist hier los? Was soll der Scheiß? Auch diese unangenehme Stimme kam mir
    bekannt vor. Aber woher kannte ich den Mann, und wieso ließ
    er sich die allbekannte Grimasse von Popeye auf den Hintern
    malen?
    »Hast du gehört?« sagte Henry.
    Ich nickte, und wir gingen ins Haus.

    34

    AM FREITAGNACHMITTAG WAREN MISS TULIPA und Colonel
    Elshtain eingetroffen, zu spät, um noch das Spiel gegen die
    Seminoles zu besuchen. Miss Giselle hatte sie empfangen und
    zu sich und Mister JayMac eingeladen. Der staubbedeckte
    Hudson Terraplane kauerte vor dem Bungalow, die
    Reifenprofile waren verkrustet vom roten Schlamm eines
    Flußbetts in Alabama.
    »Daniel, du siehst prächtig aus«, sagte Miss Tulipa in der
    Sommerlaube am Hellbender-Weiher. »Wie ein Soldat, findest
    du nicht, Clyde?«
    »Doch«, sagte der Colonel. »Er hätte auf mich hören sollen.«
    Nach dem Frühstück hatte Darius mich zur Sommerlaube
    geholt, sie sollte als neutraler Treffpunkt dienen. Die Elshtains, erklärte mir Darius, hätten nicht in McKissic House stören
    wollen, und kein Spieler habe seit dem Bau des Bungalows im
    ersten Spieljahr der CVL dort einen Fuß über die Schwelle
    gesetzt – nicht einmal so mutmaßliche Favoriten wie Hoey,
    Muscles, Snow oder Jumbo Clerval, mein erlauchter
    Zimmergenosse.
    Nicht Jumbo – hätte ich Darius am liebsten berichtigt –
    Henry.
    »Deine Mama würde strahlen, wenn sie dich so sehen
    könnte«, sagte Miss Tulipa. »Was macht deine Laryngitis?«
    Bisher war ich mit Nicken und Kopfschütteln, Grinsen und
    Fußscharren ausgekommen. Schüchterne Jungs brauchen nicht
    viel zu sagen. Jetzt aber mußte ich weiter den Schüchternen
    spielen oder aber mit Bleistift oder Zeichensprache Farbe
    bekennen. Ein schlimmer Fall von Laryngitis kann ganz schön

    hartnäckig sein, oder nicht? Ich machte andeutungsweise den
    einhändigen Selbstwürgegriff und schüttelte traurig den Kopf.
    ∗
    »Pobrecito«, sagte Miss Tulipa. »Was für eine Plage.«
    »Du übertreibst wie immer«, sagte Colonel Elshtain. »Nicht
    du hast die Laryngitis, sondern der Junge.«
    Miss Tulipa sah den Colonel strafend an. »Liebling, im
    Augenblick hätte ich nichts dagegen, wenn du sie hättest.«
    »Sollte dein frommer Wunsch in Erfüllung gehen, Tulipa,
    werde ich es verdammt schwer haben, auf der

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