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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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absent without leave = abwesend ohne Erlaubnis / deutsche Militärfloskel: unerlaubtes Entfernen von der Truppe, eigenmächtige Abwesenheit

    »Sind wir hier beim Militär?« Das Militär kam Henry über die Lippen wie einem Holy-Roller das Wort Anglikanisch.
    »Soweit es meine Auffassung von Treuepflicht betrifft, ja«,
    sagte Mister JayMac. »Schlimmer noch, Darius scheint
    desertiert zu sein.«
    »Wobei mir einfällt…« Fadeaway sah Henry an. »Du hast
    immer noch unsere Wetteinsätze, Jumbo. Wir hätten sie gerne
    zurück.«
    »Ihr habt die Wette verloren, das Geld gehört euch nicht
    mehr.«
    »Dir gehört es bestimmt nicht, Jumbo. Also gib uns zurück, was uns gehört hat.«
    »Ihr habt die Wette verloren«, wiederholte Henry. »Das Geld
    soll Charlie Snows Witwe bekommen.«
    »Auf wen geht diese Entscheidung zurück?« sagte Mister
    JayMac. »Für Vera Jo ist gesorgt, das können Sie mir glauben,
    Mr. Clerval.«
    Auf wen? Mein Blick flog wieder zu Henry. Ob er jetzt zugab, daß er gestern nach der Beerdigung noch mit Darius gesprochen hatte?
    »Wollen Sie gutheißen, Sir, daß der Einsatz einer verlorenen
    Wette in die Taschen der arroganten Verlierer wandert? Ich
    kann das so wenig gutheißen wie diesen bedauerlichen Hang
    zum Wetten.«
    Mister JayMac war in der Zwickmühle. Als Euclid zappelig
    wurde, machte er den Schwitzkasten enger, und der Junge gab
    Ruhe. »Wer ist dagegen, daß Mrs. Snow das Geld bekommt?«
    »Jesus«, sagte Fadeaway. »Ich bin nicht versessen drauf.«
    »Okay, meinetwegen«, brummte Evans.
    Jerry Wayne Sosebee sagte: »Soll sie es haben. Witwe ist
    Witwe. Sie hat die Bibel auf ihrer Seite.«
    »Ich werde ihr das Geld geben.« Henry sagte nicht wie oder
    wann, und danach fragte auch niemand, weil auf Henrys Wort

    nun mal Verlaß war – was mich reumütig an das Opossum
    denken ließ.
    Mister JayMac ließ Euclid los, der sich sofort den Hals
    massierte. »Augen auf. Wer Darius sieht, sofort melden. Seine
    Tür hat inzwischen ein neues Schloß. Irgendwer, vielleicht
    Darius, ist diese Nacht in der Wohnung gewesen und hat ein
    paar Sachen mitgehen lassen. Euclid sagt, er war’s nicht.
    Jedenfalls hat da keiner was verloren. Zutritt verboten!«
    Was mich ans Wing & Thigh erinnerte.
    »Wenn Euclid nicht bei seiner Mama schläft, dann auf der
    Küchenveranda. Nehmt ein bißchen Rücksicht, wenn er da
    draußen liegt.«
    »Wird gemacht«, sagte Muscles in seiner Funktion als
    Captain.
    »LaGrange hat gestern wieder die Seminoles geschlagen«,
    wechselte Mister JayMac das Thema. »Wir sind immer noch
    drei Punkte im Rückstand. Wir müssen wieder gegen Quitman
    gewinnen, damit sich die Wochenendserie gegen die
    Gendarmes lohnt – damit wir den Rückstand komplett
    aufholen.«
    »Kann ich gehen?« sagte Euclid.
    Mister JayMac machte eine Handbewegung, die einem
    summenden Maikäfer hätte gelten können, und Euclid rumste
    durch die Küchentür. Ein paar Steine kullerten von der Halde,
    die mir auf dem Herzen lag. Euclid, der ziemlich unter Druck
    gewesen war, hätte, was meinen mitternächtlichen Besuch über
    dem Wagenschuppen anging, allzu leicht auspacken können.
    »Hat sich schon jemand den Spielplan ab Sonntag
    angesehen?« fragte Mister JayMac.
    »Nächste Woche spielen wir wieder gegen LaGrange«, sagte
    Muscles. »Zwei Auswärtsspiele gegen die Gendarmes und
    dann noch drei in Cottonton.«

    »Wenn wir heute abend gegen die Mockingbirds verlieren
    und mit falschrum eingehängten Beinen gegen die Gendarmes
    spielen, könnten wir bis Donnerstagabend acht oder neun
    Punkte hinter Platz Eins liegen – bei weniger als einem Monat, um das wieder wettzumachen.«
    »Betonen wir das Positive, Sir«, riet Muscles. »Die letzten
    drei Heimspiele der Saison sind auch gegen die Gendarmes.«
    »Sollten wir bis Freitagabend acht oder neun zurückliegen,
    dann ist die letzte Serie kein Zuckerschlecken, Mr.
    Musselwhite.«
    »Nein, Sir, vermutlich nicht.« Alle saßen still da und
    grübelten über die strategische Bedeutung der nächsten Spiele
    ∗
    – Crunch-Time würden die Sportjournalisten heute sagen.
    Dann meinte Muscles: »Wir werden Charlie noch bitter
    vermissen, Sir.«
    »Wenn Sie schon vorher nach einem Alibi suchen…«
    »Ich suche kein Alibi«, sagte Muscles pfeilscharf. »Alibi
    oder nicht, wir werden Charlie bitter vermissen.«
    »Wir haben einen Listenplatz zu besetzen«, sagte Dunnagin.
    »Wir können nicht die nächsten zehn oder zwölf Spiele mit
    neunzehn Leuten

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