Brüchige Siege
Beinen, bloß ein
runzliges rötliches Karo inmitten von Blässe, so daß sich die
Haare besonders plastisch abhoben – alles in allem so hübsch
wie ein verschlissenes Special-Service-Force-Abzeichen mit
einem Haufen abstehender Fäden. Ich starrte es an und zitterte.
»Zeig her«, sagte sie. »Ist sonst nicht fair.«
Ich nahm die Hände weg. Phoebe hatte das Päckchen
geknackt und kniete sich mit dem Gummi hin. Ich fühlte
allerdings nichts Steifes, ich fühlte mich nur bevormundet und fehl am Platz. Phoebe nahm mich in Augenschein, kippte den
Kopf von einer Seite auf die andere.
»Das soll keine Beleidigung sein, Danl, aber das erinnert
mich jetzt an den Schnabel und die Kehllappen eines
Truthahns, weißt du?«
Ich sah an mir hinunter: adrige rosarote Kehllappen und
mittendrüber ein schlapper Schnabel. Mein Schamhaar war
schütterer und spärlicher als Phoebes, meine verschüchterte
Ausrüstung so nutzlos wie ein Türknauf aus Seidenpapier. So
bloßgestellt und beschämt hatte ich mich noch nie gefühlt.
»Wie soll ich dich da reinkriegen? Da könnte ich auch einen
Pfeifenreiniger in einen Einmachgummi wickeln.« Phoebe
tastete. »Oh!« sagte sie. »Guck mal, der Schlingel wächst ja.«
Wir landeten auf ihrem Bett. Jeder bemühte sich, auf den
anderen einzugehen und ihm Freude zu bereiten, ganz so wie
es die Erwachsenen angeblich machen. Phoebes Leib wollte
nicht, was Phoebe wollte. Ihr Gesicht – die verspannten
Lippen, die geweiteten Augen – verrieten, wie sehr sie sich
anstrengte. Auch ich strengte mich an – Abstand von ihrem
zerbrechlichen Brustkorb zu halten, steif zu bleiben, mich in
ihre Trockenzone zu schieben und nicht das Weite zu suchen.
»Warum machen Menschen so was?« sagte Phoebe.
»Um weitere Menschen zu machen«, sagte ich. (Damals
konnte ich mir nicht vorstellen, daß es in dieser Gleichung
auch einen Platzhalter für etwas derartiges wie Vergnügen
gab.)
»Da würde ich lieber adoptieren. Oder… oder kinderlos
sterben.«
Eine Brise, die durchs Zimmer strich, trocknete mir den
rückwärtigen Schweiß. Ich fröstelte und fröstelte noch einmal.
»Tu’s nicht!« schrie Phoebe. Dann: »Es muß doch einen einfacheren Weg geben – angh – um andere Menschen zu machen. Angh. Muß es. Annnggh!«
Ich kam, was sich weder für Phoebe noch für mich als
besonders beglückend herausstellte – auch nicht für den guten
Ruf, den dieser Akt genoß. Seit meiner Ankunft in Highbridge
hatte ich vor dem Frühstück freilich noch nichts Interessanteres erlebt, vielleicht sogar seit meiner Geburt, ehrlich – aber
interessant ist nicht dasselbe wie beglückend, und ich fragte mich, ob Henrys Schöpfer mit seiner sexlosen Vaterschaft
nicht am Ende auf etwas durchaus Gescheites und Nützliches
gestoßen war.
Phoebe ließ den Kuß abrutschen, den ich ihr auf die kalte
Stirn pflanzen wollte. Ich stieg aus dem Bett, las meine Sachen auf und ging ins Bad, um den baumelnden Gummi
loszuwerden, mich abzuputzen und wieder anzuziehen. Als ich
in Phoebes Schlafzimmer zurückkehrte, lag sie noch da, wo ich
sie verlassen hatte, das Laken über den Busen gezogen und die
Augen mit einem sommersprossigen Unterarm beschattet.
Wieso hatten wir uns nicht aneinander entzündet?
Normalerweise kräuselt wenigstens ein bißchen Rauch auf,
wenn man zwei Holzstöckchen aneinander reibt.
»Okay«, sagte sie, ohne mich anzusehen. »Jetzt erzähl es
allen. Jedem Hellbender, jedem Baseballspieler, jedem idiotischen Fan.«
»Ich schweige wie ein Grab.«
Phoebe setzte sich, ohne das Laken loszulassen, auf. »Ich
will, daß du es erzählst, Danny. Ich will, verstehst du?«
»Ein Gentleman t-t-tut das nicht.«
»Dummes Zeug. Ein Gentleman speist auch nicht im Wing & Thigh.«
»Ha-hab ich ja auch nicht.« Phoebe und ich befanden uns in
verschiedenen Sackgassen desselben Irrgartens. »Und
außerdem würde mich M-M-Mister JayMac lynchen, Phoebe.«
»Sieh zu, daß du Land gewinnst, du Muttersöhnchen! Hau
ab! Ich hoffe, so ein Schleimpimmel wie du läuft mir nie mehr
über den Weg!« Sie weinte nicht, aber die Unterlippe stülpte
sich wie bei einem Schimpansen.
Ich drehte mich um, ging durchs Haus und riß die
Fliegendrahttür zur Veranda auf.
»Du Waschlappen!« schrie sie mir hinterher. »Erzähl allen,
wie du hier warst und mich gebumst hast – und laß ja keinen
aus!«
Ich torkelte ins Freie und gab Phoebes Fahrrad einen Tritt.
Dann pilgerte ich nach McKissic
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