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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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BETTEN, das hatte uns
    Hellbender irgendwie aufgerüttelt. An diesem Abend
    gewannen wir gegen Quitman. Wir gewannen haushoch, fast
    so haushoch, wie wir tags zuvor verloren hatten. Sieg Nummer
    Eins für die Hochstapler – nur daß Mister JayMac nie einen so
    faulen Knute-Rockne-Witz* über die Lippen gebracht hätte; er
    sagte bloß, die ganze Saison war zum Teufel, sollten wir noch
    mal gegen so offensichtlich Unterlegene wie Quitman, Lanett,
    Marble Springs und Cot-tonton verlieren.
    Nach dem Spiel, als wir wieder in McKissic House waren, da
    schickte Henry mich den Koffer von Darius holen. Für ihn
    wäre es nicht leicht gewesen, unbemerkt zwei Treppen
    hinunterzusteigen und über die Muschelsplitter in der Garage
    des Braunen Bombers in die Wohnung von Darius zu tapern.
    Das war keine Drückebergerei, das war kluge Planung, aber es
    störte mich trotzdem, daß ich einlösen sollte, was Henry auf
    dem Friedhof versprochen hatte. Also stahl ich mich mit einem
    dummstörrischen Warum-immer-ich-Gefühl aus dem Haus.
    In der Garage stapfte ich die Stiege zu Mr. Satterfields
    Wohnung hinauf und drehte den Türknauf. Unter mir schlief
    der Bomber wie ein Metallbär, der Winterschlaf hielt. Ein
    kreischender Spalt tat sich auf, und ich schob mich ins
    Zimmer. Das Licht durfte ich nicht anknipsen, weil man von
    drüben aus das Fenster einsehen konnte, und an eine
    Taschenlampe hatte ich nicht gedacht. Also prallte ich gleich
    auf ein Korbmöbel, das sich als Schaukelstuhl entpuppte, und
    fluchte lästerlich, bis sich der kleine Schmerz am Knie

    verzogen hatte. Ich tastete mich bis zu einem
    Tomatenkistentisch und von da bis zur nächsten Tür.
    Im Bad war eine Kommode und ein schüsselgroßes
    Waschbecken mit freiliegenden Rohren. Ich fahndete mit der
    Hand, bis ich eine Schnur streifte, und zog daran. Eine
    Glühbirne flammte auf, und die fleckigen Wände, das Becken
    und die Kloschüssel nahmen den Glanz von altem Porzellan
    und rissiger grüner Farbe an.
    Zwei mahagonifarbene Kakerlaken verkrochen sich.
    Ich trat rücklings aus der Tür und schlug sie zu. Von dem
    Licht blieb eine gelbe Ritze zurück, die vom Boden bis zum
    Türsturz reichte. In dem Sickerschein konnte ich mich
    orientieren, ohne gleich Angst haben zu müssen, daß draußen
    jemand stutzig wurde.
    In dem Wohnraum – mit Bett, Schaukelstuhl und
    Eisenschemel, zwei umgestülpten Kisten und einer
    zusammengestückelten Garderobe – gab es nur einen einzigen
    richtigen Wandschrank. Der Koffer von Darius lag oben im
    Stauraum zwei Fuß über mir. Zu allem Überfluß lag er mit
    dem Griff zur Rückwand. Ich zog den Schemel heran, kniete
    mich hoch und langte nach dem Koffer.
    »Was machst du da?«
    Ich fuhr herum und wäre fast abgerutscht auf dem glatten
    Schemel. Ich grapschte nach dem Schrankrahmen und hielt
    mich fest. Dann machte ich Euclid aus. Er lag auf dem Bett, in Hellbender-Klamotten aber ohne Kappe und Schuhe,
    hochgestützt auf dem Ellbogen und mit weit aufgerissenen
    Augen. Jesses, war ich erschrocken!
    »Was machst du da, Danny Bowes?«
    »Mensch, Euclid…«
    Er starrte nur rüber. Warum hatte er sich nicht gleich
    gemeldet und mich erschreckt? Ich kam mir vor wie ein
    Einbrecher.

    Gestern und vorgestern abend hatte Euclid als Bat-Boy
    fungiert und nicht ein einziges Mal nach Darius gefragt. Aber
    Euclid redete sowieso nicht viel. Er versorgte die Schlaghölzer, schleppte Bälle und jagte erreichbare Fouls, und er hütete die Ausrüstung des Teams und die Apotheke. Wie ein Gespenst
    lauerte er am dunklen Rand unseres Blickfelds. So richtig
    wahrgenommen wurde er nur, wenn Sosebee und Evans
    Aufregung stifteten, weil sie danebengeschlagen oder
    Feldchancen verpfuscht hatten. Dann stauchten sie Euclid
    zusammen, weil er sich an ihrer Ausrüstung ›verging‹ oder nur
    schon, wenn er zwischen sie und den Kanvasbeutel geriet, dem
    sie gerade einen wütenden Tritt verpassen wollten.
    »Was machst du denn hier, Euclid?«
    »Ich hab zuerst gefragt.«
    »Ja, ja, das hast du.« Ich schwang zum Schrank herum. »Ich
    soll das für Da-Darius holen.« Ich langte nach dem Koffer und
    erzählte Euclid, was in Camp Penticuff passiert war, bei dem
    Spiel, das trotz der Nähe des Camps ein Auswärtsspiel ohne
    Euclid gewesen war, – und ich erzählte ihm von unserer
    Begegnung auf dem Friedhof nach Charlies Beerdigung. Ich
    zerrte den Koffer heraus und stieg damit vom Schemel. Ich
    ging zum Bett und setzte ihn an Euclids Füße, die einen
    kräftigen

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