Brüchige Siege
BETTEN, das hatte uns
Hellbender irgendwie aufgerüttelt. An diesem Abend
gewannen wir gegen Quitman. Wir gewannen haushoch, fast
so haushoch, wie wir tags zuvor verloren hatten. Sieg Nummer
Eins für die Hochstapler – nur daß Mister JayMac nie einen so
faulen Knute-Rockne-Witz* über die Lippen gebracht hätte; er
sagte bloß, die ganze Saison war zum Teufel, sollten wir noch
mal gegen so offensichtlich Unterlegene wie Quitman, Lanett,
Marble Springs und Cot-tonton verlieren.
Nach dem Spiel, als wir wieder in McKissic House waren, da
schickte Henry mich den Koffer von Darius holen. Für ihn
wäre es nicht leicht gewesen, unbemerkt zwei Treppen
hinunterzusteigen und über die Muschelsplitter in der Garage
des Braunen Bombers in die Wohnung von Darius zu tapern.
Das war keine Drückebergerei, das war kluge Planung, aber es
störte mich trotzdem, daß ich einlösen sollte, was Henry auf
dem Friedhof versprochen hatte. Also stahl ich mich mit einem
dummstörrischen Warum-immer-ich-Gefühl aus dem Haus.
In der Garage stapfte ich die Stiege zu Mr. Satterfields
Wohnung hinauf und drehte den Türknauf. Unter mir schlief
der Bomber wie ein Metallbär, der Winterschlaf hielt. Ein
kreischender Spalt tat sich auf, und ich schob mich ins
Zimmer. Das Licht durfte ich nicht anknipsen, weil man von
drüben aus das Fenster einsehen konnte, und an eine
Taschenlampe hatte ich nicht gedacht. Also prallte ich gleich
auf ein Korbmöbel, das sich als Schaukelstuhl entpuppte, und
fluchte lästerlich, bis sich der kleine Schmerz am Knie
verzogen hatte. Ich tastete mich bis zu einem
Tomatenkistentisch und von da bis zur nächsten Tür.
Im Bad war eine Kommode und ein schüsselgroßes
Waschbecken mit freiliegenden Rohren. Ich fahndete mit der
Hand, bis ich eine Schnur streifte, und zog daran. Eine
Glühbirne flammte auf, und die fleckigen Wände, das Becken
und die Kloschüssel nahmen den Glanz von altem Porzellan
und rissiger grüner Farbe an.
Zwei mahagonifarbene Kakerlaken verkrochen sich.
Ich trat rücklings aus der Tür und schlug sie zu. Von dem
Licht blieb eine gelbe Ritze zurück, die vom Boden bis zum
Türsturz reichte. In dem Sickerschein konnte ich mich
orientieren, ohne gleich Angst haben zu müssen, daß draußen
jemand stutzig wurde.
In dem Wohnraum – mit Bett, Schaukelstuhl und
Eisenschemel, zwei umgestülpten Kisten und einer
zusammengestückelten Garderobe – gab es nur einen einzigen
richtigen Wandschrank. Der Koffer von Darius lag oben im
Stauraum zwei Fuß über mir. Zu allem Überfluß lag er mit
dem Griff zur Rückwand. Ich zog den Schemel heran, kniete
mich hoch und langte nach dem Koffer.
»Was machst du da?«
Ich fuhr herum und wäre fast abgerutscht auf dem glatten
Schemel. Ich grapschte nach dem Schrankrahmen und hielt
mich fest. Dann machte ich Euclid aus. Er lag auf dem Bett, in Hellbender-Klamotten aber ohne Kappe und Schuhe,
hochgestützt auf dem Ellbogen und mit weit aufgerissenen
Augen. Jesses, war ich erschrocken!
»Was machst du da, Danny Bowes?«
»Mensch, Euclid…«
Er starrte nur rüber. Warum hatte er sich nicht gleich
gemeldet und mich erschreckt? Ich kam mir vor wie ein
Einbrecher.
Gestern und vorgestern abend hatte Euclid als Bat-Boy
fungiert und nicht ein einziges Mal nach Darius gefragt. Aber
Euclid redete sowieso nicht viel. Er versorgte die Schlaghölzer, schleppte Bälle und jagte erreichbare Fouls, und er hütete die Ausrüstung des Teams und die Apotheke. Wie ein Gespenst
lauerte er am dunklen Rand unseres Blickfelds. So richtig
wahrgenommen wurde er nur, wenn Sosebee und Evans
Aufregung stifteten, weil sie danebengeschlagen oder
Feldchancen verpfuscht hatten. Dann stauchten sie Euclid
zusammen, weil er sich an ihrer Ausrüstung ›verging‹ oder nur
schon, wenn er zwischen sie und den Kanvasbeutel geriet, dem
sie gerade einen wütenden Tritt verpassen wollten.
»Was machst du denn hier, Euclid?«
»Ich hab zuerst gefragt.«
»Ja, ja, das hast du.« Ich schwang zum Schrank herum. »Ich
soll das für Da-Darius holen.« Ich langte nach dem Koffer und
erzählte Euclid, was in Camp Penticuff passiert war, bei dem
Spiel, das trotz der Nähe des Camps ein Auswärtsspiel ohne
Euclid gewesen war, – und ich erzählte ihm von unserer
Begegnung auf dem Friedhof nach Charlies Beerdigung. Ich
zerrte den Koffer heraus und stieg damit vom Schemel. Ich
ging zum Bett und setzte ihn an Euclids Füße, die einen
kräftigen
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