Brüchige Siege
Ball zu Henry zu pfeffern, um das Spiel mit einem
Doppelaus zu beenden.
Eine Junior-Dumbo-Jumbo-Variante der berühmten Dumbo-
Junior-Jumbo-Combo.
Hoey stürmte heran. Ich schnappte Juniors Dart in
Gürtelhöhe. Hoey prasselte in den Dreck und pflügte auf mich
zu, Spikes voran und Fersenschützer hoch.
Die Metallkufen sahen gewaltig aus, wie die Fänge eines Grizzly. Als ich das Second berührte, grub einer von Hoeys
Schuhen die Zähne in meine Leistengegend und harkte durch
bis auf die Innenseite des rechten Oberschenkels. Ich verlor
das Gleichgewicht. Little Cuke Gordon hatte sich breitbeinig
hingeduckt, um den Angriff auf das Base zu checken, und
schnitt eine Grimasse, als er Hoey mit dem Daumen ›aus‹
zeigte. Noch im Sturz fegte ich den Ball so gut ich konnte aus der Schulter zu Henry und sah aus einem Nebel von Schmerz,
wie Henry mit dem Handschuh rüberlangte, daß man meinte,
er wär schon halbwegs am Second damit, – das rechte Bein
nach hinten ans First gestreckt, damit der Doppelaus-Kreis
geschlossen blieb.
Den Bruchteil einer Sekunde, bevor Nugents Fuß das
Sandkissen traf, machte es Schwapp! in Henrys Handschuh, und Little Cuke warf den Arm hoch, um in einer weiteren
showreifen Geste das ›Aus‹ für Nugent anzuzeigen. Selbst mit
dem Gesicht im Dreck kam ich nicht umhin, die
dramaturgische Ader des Burschen zu bewundern.
Das Spiel war vorbei. Die Hellbender – meine Hellbender –
hatten gesiegt.
Unsere Fans sprangen, tanzten in den Gängen Dos-ä-dos,
stießen die Kampfschreie der Südstaaten aus und heulten wie
die Wölfe.
Dann kam mir der Trubel abhanden, denn alles links
unterhalb meiner Gürtellinie hatte Feuer gefangen. Ich wälzte
mich auf den Rücken. Es war noch nicht ganz fünf Uhr
nachmittags, und trotzdem war der Himmel schwarz, und vor
der Schwärze gleißten die Lampen des Stadions, zwei Dutzend
oder mehr stachlige Halos, die schrumpften und sich blähten.
Sterne schwärmten in die Schwärze dazwischen, und mit den
Halos blähte sich auch mein Kopf, als ob mir jemand einen
zischenden Luftschlauch ins Ohr gerammt hätte. Das Feuer im
Kopf begann zu lodern, die Haut knisterte wie brennendes
Papier, Körperflüssigkeit sickerte in den Lehm.
Buck Hoeys Gesicht löschte Halos und Sterne. »Schön
gemacht, Dumbo.« Ein Paar Baseballschuhe fiel aus dem
Himmel und prallte mir in den Magen. »Nimm die für
Philadelphia. Falls du noch welche brauchst.«
Hoey verschwand.
Wo er gewesen war, da war der Himmel wieder blau wie der
Nachmittag. Ich schob mir die Schuhe vom Bauch und klappte
über die Mitte, packte mein Bein und gab ein Geräusch von
mir, das sich zu einem Schrei öffnete. Vielleicht hab ich ja gar nicht geschrien, denn etliche von unseren Fans – GIs, Teenager und aufgedrehte Knirpse – schwärmten übers Feld und
schwenkten Kappen und Fähnchen. Sie fanden sich und
schwenkten sich herum wie Square-Dancer. Keiner von ihnen
schien mich zu hören. Vermutlich hörte auch niemand die
verschrammte Nationalhymne, die aus den Lautsprechern
plärrte. Junior Heggie kniete sich neben mich, gleich hinter
ihm Henry, und dann tauchte endlich Mister JayMac auf –
gehetzt, wie man sich denken kann, von der Erinnerung an
Charlie Snow.
»Daniel!« schrie er. »Daniel, kannst du aufstehen?«
Ah-ah. Ich dachte schon, ich würde wieder schreien – doch es
war das Echo von Henrys Stimme, das zwischen meinen Ohren
hin und her geworfen wurde. Er schwenkte den Arm.
»Eine Tragbahre für Daniel!« brüllte er zum Clubhaus
hinüber. »Sofort!«
Dann ging ich hinaus in den Trockeneisnebel, der über einem
Flugfeld mit Baseballspielern lag, die grüne Parker trugen und zu Eis erstarrt waren vor dem spröden Licht, das ohne Unterlaß aus dem Grau herüberpulste…
56
ERST AM NÄCHSTEN MORGEN KAM ICH wieder zu mir. Ich lag
so flach, wie man nur flachliegen kann, und zwar in einem Bett im Hothlepoya-County-Hospital.
Ich lag in einem Einzelzimmer, was bedeutete, daß Mister
JayMac seinen ganzen politischen Einfluß und die geballte
Macht seines Scheckbuchs benutzt hatte, um mir die beste
Behandlung zukommen zu lassen. Charlie Snow war ihm
weggestorben, Daniel Boles mußte leben.
Ein bärtiger Mann im weißen Kittel stellte sich mir als Dr.
Nesheim vor. Er trug einen Stuhl an mein Bett, auf den er sich rittlings setzte, die Arme auf die Rückenlehne legte und das
Kinn auf die verschränkten Hände stützte.
»Noch durcheinander?
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