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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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eine Flasche sucht, keine
    findet. Reese – Mr. Curriden – hält immer zwei, drei auf
    seinem Zimmer unter Verschluß. Er gibt auch ab. Bunkern ist
    nicht seine Sache, nicht mal in diesen knappen Zeiten.«

    »Mama«, sagte Phoebe und besah sich ihre Schuhe.
    »Schon gut, mein Kind. Major Blumlein meint, ich soll zu
    meinen Fehltritten stehen und sie nicht unter den Teppich
    kehren.«
    »Er hat nicht gesagt, du sollst sie vor Daddy ausbreiten.«
    »Dein Daddy ist nicht hier.« Miss LaRaina sah sich suchend
    um. »Dieser junge Mann da hört auf Danny, nicht auf Daddy,
    und ich halte ihn für ebenso ritterlich wie verschwiegen.« Sie blies den Rauch seitwärts und hielt die Zigarette in der Art von Bette Davis*. »Hab ich recht?« fragte sie mich.
    »Jawoll, Ma’am.«
    »Also gut. Henry läßt sich entschuldigen.«
    »Kommt er noch vorbei, bevor er nach Philadelphia fährt?«
    »Das muß er mit sich und dem Fahrplan ausmachen.« Miss
    LaRaina lächelte und tat noch so einen sexy anmutenden Zug
    am Stummel ihrer Lucky. Sie fing eine halbe Fingerlänge
    Asche im Handteller und beförderte sie in die Terrakottavase
    mit Flieder und Hortensien, die am Boden stand.
    Wir redeten noch zehn oder fünfzehn Minuten, hauptsächlich
    über Miss Giselle
    – ihre Großzügigkeit, ihre
    Liebenswürdigkeit und wie sie sich für Mister JayMac und die
    Hellbender aufgeopfert hatte. Dann meinte Miss LaRaina, ich
    sähe spitz aus. Sie und Phoebe würden jetzt wohl besser gehen.
    Das Pflegepersonal wolle nicht, daß man mich überfordere.
    »Dann sollen sie sich schriftlich an ihren
    Kongreßabgeordneten wenden«, sagte ich. »Seht mich an, ich
    bin so kräftig, daß ihr hier übernachten könnt.«
    »Nicht, wenn wir dich aufregen«, sagte Miss LaRaina.
    »Aufregung nimmt dich mehr mit als ein
    Dreitausendmeterlauf.«
    Phoebe küßte mich auf die Stirn. »Ich komme wieder. Jeden
    Tag, bis du hier wieder raus bist.«

    Einen Moment lang hielt ich ihre Hand fest, dann schlüpfte
    Phoebe zur Tür. »Miss LaRaina, lassen Sie Ihre Zigaretten
    hier, okay? Sie haben sicher mehr davon.«
    Miss LaRaina kam ans Bett zurück und legte mir die Packung
    auf den Bauch.
    »Wann ist das Begräbnis?« fragte ich sie. Als sie mich bloß
    anstarrte, als habe sie einen früheren Teil der Unterhaltung
    vergessen, fügte ich hinzu: »Das von Miss Giselle.«
    »Oh. Morgen, am Alligator-Park. Ein Gedenkgottesdienst.
    Keine Beerdigung. Der Leichnam wird eingeäschert.«
    »Ich kann nicht kommen«, sagte ich. »Ich käme gern, aber
    ich…« Ich ließ meine Kippe in das Wasserglas auf dem
    Nachttisch fallen und sah zu, wie sie zischelte und sich
    vollsog. Miss Giselle tot. Henry überfällig. Meine Karriere
    durch schwere Verletzungen vereitelt. Das Gewicht von soviel
    Schiffbruch preßte mir Tränen ab. »Okay. Geht nur. Laßt mich
    in Ruhe.« Ich fummelte eine neue Zigarette zutage und ließ sie mir von Phoebe anzünden – um zu verhindern, daß sie mir aus
    Mitgefühl einen feuchten Kuß aufs Auge pflanzte. Die beiden
    gingen zur Tür.
    »Streichhölzer!« rief ich ihnen nach. »Bitte.«
    Phoebe warf sie mir aufs Bett, was aus dieser Entfernung gar
    nicht so leicht war, und dann war ich wieder allein.
    Bis zu meiner Entlassung am siebenundzwanzigsten
    September kam Phoebe mich, wie versprochen, jeden Tag
    besuchen, meist nachmittags nach der Schule. Das Ende der
    CVL-Saison brachte es allerdings mit sich, daß ich zuletzt nur noch ein, zwei weitere Besuche pro Woche bekam, denn die
    meisten Kameraden kehrten in ihre Heimatorte oder zu ihren
    Farmen zurück, oder machten sich auf, um Winterjobs in
    Schiffswerften, Munitionsfabriken oder Bomberwerken zu
    übernehmen. Nutter, Hay, Sloan, Sudikoff und Fanning
    blieben in Highbridge und jobbten bei Foremost Forge oder Highbridge Box & Crate – aber nur Nutter kam mich wirklich richtig besuchen und brachte gewöhnlich ein Bündel Zeitungen
    mit und ›Carl den Unermüdliche‹ seinen fünfjährigen Knirps,
    und hatte immer eine – für mich – neue Anekdote aus seiner
    Zeit bei den St. Louis Browns auf Lager.
    Mister JayMac besuchte mich sonntags um fünfzehn Uhr und
    blieb, wenn es hoch kam, fünfzehn Minuten. Er brachte nie die
    Sprache auf Miss Giselle, Darius oder Henry und beschränkte
    sich darauf, sich nach meinen Fortschritten zu erkundigen oder Entscheidungen des alliierten Kommandos in Italien oder auf
    den Salomon-Inseln zu kritisieren. Immerhin hatte er Mama
    Laurel angerufen und ihr meine

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