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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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rotznasige Abfuhr, die du mir erteilst, du abscheulicher Teufel!«

    ∗ Wortlaut aus: Frankenstein oder Der moderne Prometheus von Mary W.
    Shelley in der Übersetzung von Christian Barth, HEYNE PAPERBACKS, 1963, S. 116 oben

    Henry setzte sich wieder. »Laß«, sagte er so sanft, als könne
    er nur sich selbst meinen. »Woher komme ich? Wohin gehe
    ich?«
    »Nach Philadelphia«, spottete Miss Giselle. »Sag, daß Schluß
    ist – ohne Schnörkel – und ich gehe ins Haus. Ich werde dir nie wieder unter die Augen kommen. Sieh mir einfach ins Gesicht
    und sag es.«
    »Diesen peinlichen Akt habe ich bereits vollzogen.«
    »Wenn das ernst gemeint war, dann kannst du es auch
    wiederholen.«
    Henry schüttelte traurig den Kopf. »Wir dürfen uns nicht
    mehr heimlich treffen. Du kannst mich nicht begleiten nach
    Philadelphia.«
    »Dann hast du mich erschlagen, Henry. Getötet.«
    Henrys Gesicht war so mondblaß, daß ich darauf den
    forellenflossenblauen Widerschein von Miss Giselles Gewand
    zu sehen glaubte. Miss Giselle hob den Handrücken an die
    Lippen, blies ihm einen bitteren Kuß zu und vollführte eine
    halbe Pirouette im schattigen Gras. Henry sah ihr nach, als sie mit ausholenden Schritten davonging.
    »Hurerei! – Unzucht und Inzest!« Henry meinte das gar nicht lustig, und ich konnte auch nicht über ihn lachen, denn er hatte am ganzen Leib gebebt, als er die Verwünschung ausstieß.
    »Was macht sie nun?« fragte ich ihn.
    Er sackte förmlich in sich zusammen. »Mich vergessen. Sich
    fortan wieder den verbrieften Desideraten ihrer Ehe widmen.«
    Ich wußte nicht, was das bedeutete, doch der Gram in Henrys
    Stimme war nicht zu überhören und vermieste auch mir die
    Freude über unseren Aufstieg in die Major-League. Auf dem
    Weg nach McKissic House ließ Henry derart die Schultern
    hängen, daß ich ihr Gewicht bei jedem Schritt zu spüren
    meinte. Ich wär am liebsten um ihn herumgetanzt, als hätten
    wir den 1. Mai und er wär der Maibaum. Statt dessen schleppte

    ich mich zu Bett, in einem Haus, das bereits finster war und
    aus allen Rohren schnarchte. Und Henry vergaß, den Rat des
    Herrn Jesus zu befolgen und allen Ängsten und Sorgen zu
    entsagen.

    Am Samstag demütigten uns die Gendarmes. An die Wertung
    kann ich mich nicht erinnern, und ich habe Jahre gebraucht,
    um meine zwei Patzer am Short zu verkraften. Buck Hoey
    führte die Attacke gegen uns an, mit vier Hits bei fünf
    Schlagversuchen und dem unglaublichen Fang eines Balls, der
    im achten Inning wie ein Stachel von Bebouts Schlagholz kam.
    Hoeys Fang erstickte unseren einzigen zaghaften Ansatz für
    einen Run.
    »Patt«, erklärte Mister JayMac, als wüßten wir nicht selbst,
    daß wir eine Chance vertan hatten. »Gentlemen, ich muß Ihnen
    nicht erläutern, wie morgen die Parole heißt.«
    »Wachst über euch hinaus oder geht unter«, sagte Mariani.
    »Haut sie in die Pfanne oder geht baden.«
    »Mann«, sagte Turkey Sloan. »Hör bloß auf, Vito.«
    »Jetzt oder nie.« Mariani begegnete Sloans Blick und folgte
    ihm wie ein Bordschütze, der den japanischen Jäger im
    Fadenkreuz hat. »Sieg oder Tod.«
    Mit einem Mal fand selbst Turkey Sloan nicht mehr, daß Sieg oder Tod die abgedroschene Floskel eines unterentwickelten Spaghettihirns war.

    55

    AUCH AM
    SONNTAGNACHMITTAG LIEFERTEN
    uns die
    Gendarmes einen zähen Kampf. Ihr As, Sundog Billy Wallace,
    duellierte sich mit unserem Nachwuchsstar Fadeaway Ankers.
    Keiner konnte zeigen, was wirklich in ihm steckte, doch
    Wallace war immer gut drauf und Fadeaway hatte von
    Dunnagin gelernt, was zu tun war, wenn sein Speed-Ball
    Urlaub machte. Bis zur Mitte des vierten Innings zeigte das
    Scoreboard drei zu drei an.
    Buck Hoey machte genau da weiter, wo er tags zuvor
    aufgehört hatte. Seine Welt bestand nur aus Buck Hoey, dem
    Ball, den Bases und den Base-Pfaden. Er stichelte nicht, er
    maulte nicht, er konzentrierte sich und spielte.
    In der ersten Hälfte des Fünften, wieder am First dank seines
    dritten Singles in diesem Spiel, duckte Hoey sich in einen
    Vorsprung, stürmte bei Fadeaways Wurfbewegung los, schlug
    einen Haken um meinen Abschlagversuch und rutschte in einer
    roten Staubfontäne ans Base. Er verlangte Zeit, um sich zu
    säubern, und als er sich abklopfte, berührte ich ihn mit dem
    Handschuhsteg an der Hüfte, ein halbherziger Versuch, den
    Schiedsrichter am Base zu verleiten, ihm den Daumen zu
    zeigen. Zwecklos. Daß Hoey keinen Kontakt mit dem
    Sandsack hatte, während er sich

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