Brüchige Siege
ein Tournee-
Team mit schwarzer Starbesetzung, das sich American-
Afrique-Soundso nannte, offiziell eingeladen hatte, gegen ein Infanterie-Team in Camp Gruber zu spielen, einem
Ausbildungslager achtzehn Meilen südöstlich von Muskogee.
Coach Brandon war mit einem Ausbilder befreundet, der uns
für den Fall, daß wir Interesse hatten, einen Passierschein
besorgen wollte. In meinem Kopf blitzten Erinnerungen an die
Splendid Dominican Touristers auf – der alte Turtlemouth Clark auf dem Hügel – Tommy Christmas im Centerfield, wie
er die weiten Flugbälle zur Strecke brachte – unser Charlie
Snow, wie er mit dem Entscheidungsschlag von Oscar Wall im
Handschuh über den Zaun stürzte und verblutete – und ich
sagte zu Coach Brandon: »Na klar hab ich Interesse«, zumal
das Spektakel auf einen Sonntag fiel, an dem ich naturgemäß
nicht zur Arbeit brauchte.
Das Spiel an sich war der saublödeste Schaukampf, dem ich
jemals beigewohnt habe. Die American-Afrique-Zanies – so hießen sie wirklich – kamen in Clownkostümen auf den Platz,
alle mit Troddeln, angemalten Gesichtern, zu großen Schuhen
und gottverbotenen Perücken. In diesem Outfit wärmten sie
sich nicht bloß auf, nein, so spielten sie auch gegen die Army.
Sie tänzelten und alberten herum wie Zirkusdarsteller. Aber
trotz ihres Hokuspokus schlugen sie die Army-Jungs mit
irgendwas in der Gegend von sechzehn zu null. Ein ungleicher
Kampf. Der einzige Trost für uns Fans war, daß die GIs
zugaben, daß die Freakies (wie einige die Zanies nannten) sie auch dann geschlagen hätten, wenn sie in Ritterrüstungen
angetreten wären. Diese bescheidenen Rekruten retteten das
Spiel. Sie zollten den Zanies freimütig ihre Anerkennung, ohne sich selbst aufzugeben oder zuzulassen, daß die Farbigen es
∗
auf zwanzig oder dreißig zu null brachten.
Auch der PFC, der die Ansage machte, gefiel mir: »Jetzt
wirft für die Zanies – Whim-Wham? Dinkum-Do im Center?
Und am Short übernimmt – Gumbo Giddyup?«
Nach drei Innings kriegte ich spitz, daß Cuffy, der rechte
Infielder der Zanies, in Wahrheit Darius Satterfield hieß. Das Clownkostüm konnte die muskulöse Schlaksigkeit nicht
verbergen. Die fettige weiße Schminke, die auf seinen
Wangenknochen schmolz, und die grünviolette Perücke, die
ihm wie ein Strahlenkranz aus gefärbtem Garn um den Kopf
stand – na ja, dieser Mumpitz hatte mich zwei, drei Innings
∗ zany = Possenreißer, Narr
lang täuschen, aber auf Dauer nicht blindmachen können
gegen die Geschmeidigkeit von Cuffys Spiel und seinen
Schlag, der die Grazie einer knallenden Peitschenschnur hatte.
Ich wollte querbeet durch die unüberdachten Sitzreihen waten
und Darius auf einen Plausch beiseitenehmen, doch ich kam
nie näher als hundert Fuß an ihn heran – nicht bevor das Spiel zu Ende war. Er saß unter einer Markise des
Kasernengebäudes, das den Zanies als Umkleideraum diente.
Und während Coach Brandon sich mit seinem Freund, dem
Ausbilder, unterhielt, hinkte ich in den Gesichtskreis von
Darius. Als er mich erblickte, versetzten mir seine Augäpfel
einen Stoß vor die Brust und seine Hand fuhr hoch, als wolle
sie mich in Schach halten.
»Danl Boles. Sanftmütiger Jesus.«
»Was ist mit den Splendid Dominicans, Darius?«
Seine Augen musterten mich, als wollten sie mich in einen
Kokon einspinnen. »Du siehst irgendwie krank aus, altes Haus.
Was ist mit dir los?«
Ich schilderte kurz, was passiert war, und wiederholte meine
Frage.
»Unseren Dominicans ging der Sprit aus. Die Coupons. Das
Betriebskapital. Auch die Gunst des Publikums. Mister Cozy
pfiff uns zum großen Palaver, aber wir hatten Gläubiger wie
Sand am Meer und zerfielen zu Staub. Also bin ich hier und
heute und vielleicht« – er breitete die puffärmeligen Arme aus
– »auch morgen noch ein dusseliger alter American-Afrique-
Zany.«
»Mister JayMac würde sich freuen, wenn du wieder nach
Highbridge kämst.«
»Tja, er ist nicht so groß, um mich nicht wieder
kleinzumachen, und ich bin nicht so groß, um’s drauf
ankommen zu lassen.« Er zog sich die Perücke herunter und
verwischte damit die schweißgefurchte Schminke auf seinem
Gesicht. »Tut mir leid, dein Rückschlag, Danl. Tut mir ganz
verdammt leid.«
»Er ist dein Daddy, Darius. Du hast wenigstens einen. Miss
Giselle ist tot, und er braucht dich.«
»Ich hab davon gehört. Arme Miss Giselle. Aber Mister
JayMac braucht mich wie’n Zuchtköter ‘ne
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