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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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ein Tournee-
    Team mit schwarzer Starbesetzung, das sich American-
    Afrique-Soundso nannte, offiziell eingeladen hatte, gegen ein Infanterie-Team in Camp Gruber zu spielen, einem
    Ausbildungslager achtzehn Meilen südöstlich von Muskogee.
    Coach Brandon war mit einem Ausbilder befreundet, der uns
    für den Fall, daß wir Interesse hatten, einen Passierschein
    besorgen wollte. In meinem Kopf blitzten Erinnerungen an die
    Splendid Dominican Touristers auf – der alte Turtlemouth Clark auf dem Hügel – Tommy Christmas im Centerfield, wie

    er die weiten Flugbälle zur Strecke brachte – unser Charlie
    Snow, wie er mit dem Entscheidungsschlag von Oscar Wall im
    Handschuh über den Zaun stürzte und verblutete – und ich
    sagte zu Coach Brandon: »Na klar hab ich Interesse«, zumal
    das Spektakel auf einen Sonntag fiel, an dem ich naturgemäß
    nicht zur Arbeit brauchte.
    Das Spiel an sich war der saublödeste Schaukampf, dem ich
    jemals beigewohnt habe. Die American-Afrique-Zanies – so hießen sie wirklich – kamen in Clownkostümen auf den Platz,
    alle mit Troddeln, angemalten Gesichtern, zu großen Schuhen
    und gottverbotenen Perücken. In diesem Outfit wärmten sie
    sich nicht bloß auf, nein, so spielten sie auch gegen die Army.
    Sie tänzelten und alberten herum wie Zirkusdarsteller. Aber
    trotz ihres Hokuspokus schlugen sie die Army-Jungs mit
    irgendwas in der Gegend von sechzehn zu null. Ein ungleicher
    Kampf. Der einzige Trost für uns Fans war, daß die GIs
    zugaben, daß die Freakies (wie einige die Zanies nannten) sie auch dann geschlagen hätten, wenn sie in Ritterrüstungen
    angetreten wären. Diese bescheidenen Rekruten retteten das
    Spiel. Sie zollten den Zanies freimütig ihre Anerkennung, ohne sich selbst aufzugeben oder zuzulassen, daß die Farbigen es
    ∗
    auf zwanzig oder dreißig zu null brachten.
    Auch der PFC, der die Ansage machte, gefiel mir: »Jetzt
    wirft für die Zanies – Whim-Wham? Dinkum-Do im Center?
    Und am Short übernimmt – Gumbo Giddyup?«
    Nach drei Innings kriegte ich spitz, daß Cuffy, der rechte
    Infielder der Zanies, in Wahrheit Darius Satterfield hieß. Das Clownkostüm konnte die muskulöse Schlaksigkeit nicht
    verbergen. Die fettige weiße Schminke, die auf seinen
    Wangenknochen schmolz, und die grünviolette Perücke, die
    ihm wie ein Strahlenkranz aus gefärbtem Garn um den Kopf
    stand – na ja, dieser Mumpitz hatte mich zwei, drei Innings

    ∗ zany = Possenreißer, Narr

    lang täuschen, aber auf Dauer nicht blindmachen können
    gegen die Geschmeidigkeit von Cuffys Spiel und seinen
    Schlag, der die Grazie einer knallenden Peitschenschnur hatte.
    Ich wollte querbeet durch die unüberdachten Sitzreihen waten
    und Darius auf einen Plausch beiseitenehmen, doch ich kam
    nie näher als hundert Fuß an ihn heran – nicht bevor das Spiel zu Ende war. Er saß unter einer Markise des
    Kasernengebäudes, das den Zanies als Umkleideraum diente.
    Und während Coach Brandon sich mit seinem Freund, dem
    Ausbilder, unterhielt, hinkte ich in den Gesichtskreis von
    Darius. Als er mich erblickte, versetzten mir seine Augäpfel
    einen Stoß vor die Brust und seine Hand fuhr hoch, als wolle
    sie mich in Schach halten.
    »Danl Boles. Sanftmütiger Jesus.«
    »Was ist mit den Splendid Dominicans, Darius?«
    Seine Augen musterten mich, als wollten sie mich in einen
    Kokon einspinnen. »Du siehst irgendwie krank aus, altes Haus.
    Was ist mit dir los?«
    Ich schilderte kurz, was passiert war, und wiederholte meine
    Frage.
    »Unseren Dominicans ging der Sprit aus. Die Coupons. Das
    Betriebskapital. Auch die Gunst des Publikums. Mister Cozy
    pfiff uns zum großen Palaver, aber wir hatten Gläubiger wie
    Sand am Meer und zerfielen zu Staub. Also bin ich hier und
    heute und vielleicht« – er breitete die puffärmeligen Arme aus
    – »auch morgen noch ein dusseliger alter American-Afrique-
    Zany.«
    »Mister JayMac würde sich freuen, wenn du wieder nach
    Highbridge kämst.«
    »Tja, er ist nicht so groß, um mich nicht wieder
    kleinzumachen, und ich bin nicht so groß, um’s drauf
    ankommen zu lassen.« Er zog sich die Perücke herunter und
    verwischte damit die schweißgefurchte Schminke auf seinem

    Gesicht. »Tut mir leid, dein Rückschlag, Danl. Tut mir ganz
    verdammt leid.«
    »Er ist dein Daddy, Darius. Du hast wenigstens einen. Miss
    Giselle ist tot, und er braucht dich.«
    »Ich hab davon gehört. Arme Miss Giselle. Aber Mister
    JayMac braucht mich wie’n Zuchtköter ‘ne

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