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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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geradezu privilegiert.
    Mama Laurel, Miss Tulipa und Colonel Elshtain holten mich
    am Bahnhof in Tahlequah ab. Als Ma mich sah, brach sie
    gleich in Tränen aus. Sie packte mich und zog mich an sich,
    zum Teufel mit den Krücken. Sie hing wie eine Klette an mir,
    dann schob sie mich auf Armeslänge zurück und schenkte mir
    ein tränennasses Lächeln.
    »Wenigstens brauchst du jetzt nicht in den Krieg«, sagte sie.
    »Wenigstens brauchst du nicht zu sterben.«
    »Mama, ich hab beides schon hinter mir.«
    Colonel Elshtain schniefte nur, doch Mama und Miss Tulipa
    nahmen mich in die Arme und badeten mich in ihren Gerüchen
    von Frauenschweiß, Prärierückständen und Gardenienwasser
    aus dem Drugstore.
    Ich mochte das.

    61

    AM ENDE DER ‘43ER SAISON WURDE die CVL aufgelöst. Mister
    JayMac hat das nicht gewollt, doch nur drei von den acht
    Teams der Liga hatten in diesem Sommer einen Reinerlös
    erzielt – die Hellbender, die Gendarmes und die Orphans. Die
    anderen fünf Vereine hatten rote Zahlen geschrieben.
    Vielleicht hätte Mister JayMac trotzdem weitergemacht, aber
    daß er auf Hank Clerval und mich verzichten mußte und
    Darius sich in die Büsche geschlagen und Miss Giselle sich
    selbst eingeäschert hatte, all das hatte ihm das Herz gebrochen.
    Als die Aktionäre sich nach der Yankee-Card-World-Series in
    Highbridge trafen, stimmten sie fünf zu drei dafür, die CVL
    stillzulegen, bis der Krieg zu Ende war und es wieder
    vielversprechende Kandidaten für den Talent-Pool gab. Mister
    JayMacs Stimme wog zwar doppelt wenn nicht dreimal soviel
    wie die jedes anderen Aktionärs, doch man kann fünf kluge
    Männer nicht zwingen, sich freiwillig zur Ader zu lassen, und
    so hatte er sich dem Mehrheitsbeschluß zu fügen.
    Den Winter über versuchten die Phillies, die Major-League-
    Holding der Hellbender, ihr Image wieder aufzupolieren (etwa
    als Elite der Profiversager von Philadelphia?) und schrieben
    einen Wettbewerb aus, der ihnen zu einem neuen Namen
    verhelfen sollte. (Was, zum Teufel, war denn auch ein Phillie?) Tausende schickten Vorschläge, und Mrs. John L. Crooks, die
    mit ihrem Gatten die örtliche Oddfellows-Großloge*
    verwaltete, gewann den Preis. Ihr Vorschlag hieß Blue Jays.
    Das war mehr als dreißig Jahre, bevor Toronto einen
    American-League-Verein gleichen Namens ins Leben rief, und
    die Phillies sollten auch nur eine Saison lang unter diesem

    Namen spielen. Außerdem verloren sie in jenem Winter
    William Cox, ihren jungen, oberklugen Aktionär, der mit
    ungedeckten Schecks auf das eigene Team gewettet hatte und
    deswegen von Commissioner Landis aus dem Baseballgeschäft
    gefeuert wurde.
    Und als Mister JayMac von der Namensänderung erfuhr,
    schrieb er Miss Tulipa einen Brief, in dem er Gott dankte, daß die CVL sich für die Auflösung entschieden hatte. Ein Blue-
    ∗
    Jay – schrieb er – ist kein Baseballspieler. Ein Blue-Jay ist eine kackende, marodierende, kreischende Seuche in der
    täuschend bunten Larve eines Vogels, und ich bin froh, daß kein Spieler von mir diesen Schimpfnamen tragen muß und
    schon gar nicht das billige Trikot, das man wahrscheinlich entwerfen wird. Mit dem Namen Phillies konnte er leben, auch wenn der so etwas Halbweiches wie, na ja, sagen wir mal
    ∗∗
    Menschenfreundlichkeit bedeutete.
    Ich war also wieder daheim und fand Tenkiller
    ausgesprochen langweilig. Den größten Teil des Tages
    studierte ich zwei Texaco-Straßenkarten, die älter waren als
    der Krieg, und unterstrich Namen wie Muskogee, Eufala,
    Cherokee und ähnlich klingende in den Counties und Städten
    der CVL. Der Pfad der Tränen. Tja, ich hatte selbst ein paar
    Erfahrungen damit. Die meiste Zeit in diesem Herbst lag und
    humpelte ich herum und zog mir Life Can Be Beautiful, Stella Dallas und ähnlichen Mist herein, der tagsüber aus dem Radio kam.
    Schließlich warf ich die Krücken in die Ecke, doch ich eierte
    herum wie jemand, der sich frisch in die Hosen geschissen hat.
    Ich hätte Heu packen oder Rindviechern die Hörner stutzen
    oder drüben in Stillwell bei den Probebohrungen mit anpacken

    ∗ blue jay = Blauhäher
    ∗∗ Phillies führt der Erzähler auf das griechische philos = Freund zurück.

    können, aber niemand schien mich zu brauchen. Mama Laurel
    fand es abscheulich, wie ich herumlungerte. Auch das
    Tenkiller-Urgestein wußte um meinen Müßiggang; die Stadt
    war zu klein, als daß irgend jemand auf die Idee gekommen
    wäre, ich könnte ein armer GI sein, der sich mit

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