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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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zog sich an wie ein Mann, der
    unterwegs zum Drugstore an der Ecke ist, um eine Portion
    Bratwurst mit Rührei zu essen, hemdsärmelig aber ordentlich.
    Heute trug er keine gewöhnlichen Schuhe, sondern schäbige,
    alte Spikes. Der Boden an der Home Plate war locker, und
    Trainingsschläge erforderten einen festen Stand.
    Den Mann mit Zeigestock von gestern abend hätte man für
    einen Manager halten können, der draußen die Bank drückt
    und seine Flasche Bourbon in einer Papiertüte versteckt. Doch
    am Morgen vorher hatte ich erlebt, wie hart er werfen konnte,
    und nun schmetterte er, daß es nur so klatschte. Ja, er postierte sich sogar vor den Catcher, um Einmal-Aufsetzer aus dem
    Outfield zu fangen. Es machte ihm Spaß, seine Spieler
    herauszufordern. »Anstrengen!« brüllte er. »Mehr Schweiß!
    Bewegung!« Er liebte den totalen Einsatz, Springen, Stürzen,
    Abrollen und Bälle wie aus dem Flammenwerfer zum First
    oder Home Base.
    Selbst in langen Leinenhosen, der Dreck flog ihm aus den
    Aufschlägen, war Mister JayMac etwas Besonderes. Ich riß
    mir ein Bein aus, um es mit ihm aufzunehmen. Dasselbe galt
    für Junior am Second Base und für Dobbs rechts außen. Nicht
    nur, daß wir uns erste Sporen verdienen wollten, nein, wir
    wollten ihm auch gefallen – ihm Freude machen – Mister JayMac.
    An den drei Duellplätzen, drei Neulinge gegen drei alte
    Hasen, lieferten wir uns erbitterte Kämpfe. Mister JayMac
    testete jedes Rivalenpaar, immer wieder. »Runner am First und Third, ein ›Aus‹, Boles und Heggie am Schlag« oder »Zweite Hälfte neuntes Inning, gleicher Punktstand, Runner am
    Second, Hoey and Knowles am Schlag«, dann warf er den Ball hoch, täuschte in die eine und schlug in die andere Richtung,
    mit solcher Wucht, daß man hernach froh war, noch alle Zähne
    zu haben.
    Mir kam mein Glanzjahr bei den Red Stix zugute. Und vor
    allem die abertausend Bälle, die ich gegen das Eissilo von
    Tenkiller gespielt hatte. Auf mehr Ballgelegenheiten konnte
    auch ein Minor-League-Profi wie Buck Hoey nicht
    zurückblicken. Acht bis neun pro Spiel ist das Höchste für
    einen Shortstop, hinzu kommen ein bis zu tausend beim
    Frühjahrstraining. Hoey hatte Talent und mehr Erfahrung aus
    echten Spielsituationen, aber ich hatte auch Talent und weit
    mehr Praxis – aus hundert kampferprobten Jahren im Ye Olde
    ∗
    Icehouse Loop , dem legendären Einmannteam aus Tenkiller-Oklahoma. Abseits vom Spielfeld hatte ich kein
    Selbstvertrauen, doch auf dem Feld war ich gleich so
    vollgepumpt damit, daß die Hälfte gereicht hätte, um aus
    jedem Hanswurst einen Mussolini zu machen. So wahr mir
    Gott helfe.
    An diesem Tag, nachdem er erledigt hatte, was immer er in
    Alabama zu erledigen gehabt hatte, klebte Jumbo förmlich am First Base. Seine Deckung besorgte Norm Sudikoff, einer von
    den Verheirateten, die ein Mühlhaus vom Boss gemietet
    hatten. Den ganzen Tag über hatte Jumbo ihn hinter sich, doch
    Sudikoff brauchte nur bei jedem vierten oder fünften Ball
    anzutreten, den Mister JayMac ins Infield schlug. Die meiste
    Zeit wartete er zwanzig Meter hinter dem Base im Foul
    Territory, während Jumbo vorturnte, wie man fing und warf.
    Wenn Jumbo stand oder ging, sah er aus wie ein Wrack,
    dessen Scharniere zuviel Spiel hatten. Schultern, Ellbogen,

    ∗ etwa: Die gute alte Eissilo-Endlosschleife

    Knie und Kopf schienen von ihm fort zu wollen. Wenn er sich
    mit lahmen Schultern von hier nach da begab, hatte man das
    Gefühl, er könne jeden Moment aus den Angeln gehen und
    auseinanderfallen. Sein Körperbau und sein krängender Gang
    ließen ihn hinfällig und gebrechlich wirken.
    Aber auf dem Feld brillierte er. Er spielte ein tiefes First
    Base, fast am Outfield-Rasen. (So tief hatte nicht mal Howie
    Gooch gespielt, und Howie hatte eine Reichweite, die ich noch
    bei keinem anderen High-School-Spieler erlebt hatte). Dadurch
    gewann Jumbo Zeit, um hart geschlagene Bälle auf beiden
    Seiten abzufangen, selbst wenn der Pitcher das First manchmal
    abdecken mußte, um ein ›Aus‹ zu erreichen.
    Vito Mariani – Speedy* in Person – deckte den Bereich am
    Pitcherhügel ab. Jedesmal wenn Mister Jay-Mac einen Runner
    zum First schickte, nachdem er einen Ball zu Jumbo
    geschlagen hatte, nahmen Jumbo und Mariani den Runner in
    die Zange. Dann gab es rote Staubfontänen. Mein Herz tat
    einen Sprung, so köstlich war die Technik und so aufregend
    der Wettlauf zum Base.
    Aber Jumbo warf nicht immer zu Mariani. Manchmal

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