Brüchige Siege
zog sich an wie ein Mann, der
unterwegs zum Drugstore an der Ecke ist, um eine Portion
Bratwurst mit Rührei zu essen, hemdsärmelig aber ordentlich.
Heute trug er keine gewöhnlichen Schuhe, sondern schäbige,
alte Spikes. Der Boden an der Home Plate war locker, und
Trainingsschläge erforderten einen festen Stand.
Den Mann mit Zeigestock von gestern abend hätte man für
einen Manager halten können, der draußen die Bank drückt
und seine Flasche Bourbon in einer Papiertüte versteckt. Doch
am Morgen vorher hatte ich erlebt, wie hart er werfen konnte,
und nun schmetterte er, daß es nur so klatschte. Ja, er postierte sich sogar vor den Catcher, um Einmal-Aufsetzer aus dem
Outfield zu fangen. Es machte ihm Spaß, seine Spieler
herauszufordern. »Anstrengen!« brüllte er. »Mehr Schweiß!
Bewegung!« Er liebte den totalen Einsatz, Springen, Stürzen,
Abrollen und Bälle wie aus dem Flammenwerfer zum First
oder Home Base.
Selbst in langen Leinenhosen, der Dreck flog ihm aus den
Aufschlägen, war Mister JayMac etwas Besonderes. Ich riß
mir ein Bein aus, um es mit ihm aufzunehmen. Dasselbe galt
für Junior am Second Base und für Dobbs rechts außen. Nicht
nur, daß wir uns erste Sporen verdienen wollten, nein, wir
wollten ihm auch gefallen – ihm Freude machen – Mister JayMac.
An den drei Duellplätzen, drei Neulinge gegen drei alte
Hasen, lieferten wir uns erbitterte Kämpfe. Mister JayMac
testete jedes Rivalenpaar, immer wieder. »Runner am First und Third, ein ›Aus‹, Boles und Heggie am Schlag« oder »Zweite Hälfte neuntes Inning, gleicher Punktstand, Runner am
Second, Hoey and Knowles am Schlag«, dann warf er den Ball hoch, täuschte in die eine und schlug in die andere Richtung,
mit solcher Wucht, daß man hernach froh war, noch alle Zähne
zu haben.
Mir kam mein Glanzjahr bei den Red Stix zugute. Und vor
allem die abertausend Bälle, die ich gegen das Eissilo von
Tenkiller gespielt hatte. Auf mehr Ballgelegenheiten konnte
auch ein Minor-League-Profi wie Buck Hoey nicht
zurückblicken. Acht bis neun pro Spiel ist das Höchste für
einen Shortstop, hinzu kommen ein bis zu tausend beim
Frühjahrstraining. Hoey hatte Talent und mehr Erfahrung aus
echten Spielsituationen, aber ich hatte auch Talent und weit
mehr Praxis – aus hundert kampferprobten Jahren im Ye Olde
∗
Icehouse Loop , dem legendären Einmannteam aus Tenkiller-Oklahoma. Abseits vom Spielfeld hatte ich kein
Selbstvertrauen, doch auf dem Feld war ich gleich so
vollgepumpt damit, daß die Hälfte gereicht hätte, um aus
jedem Hanswurst einen Mussolini zu machen. So wahr mir
Gott helfe.
An diesem Tag, nachdem er erledigt hatte, was immer er in
Alabama zu erledigen gehabt hatte, klebte Jumbo förmlich am First Base. Seine Deckung besorgte Norm Sudikoff, einer von
den Verheirateten, die ein Mühlhaus vom Boss gemietet
hatten. Den ganzen Tag über hatte Jumbo ihn hinter sich, doch
Sudikoff brauchte nur bei jedem vierten oder fünften Ball
anzutreten, den Mister JayMac ins Infield schlug. Die meiste
Zeit wartete er zwanzig Meter hinter dem Base im Foul
Territory, während Jumbo vorturnte, wie man fing und warf.
Wenn Jumbo stand oder ging, sah er aus wie ein Wrack,
dessen Scharniere zuviel Spiel hatten. Schultern, Ellbogen,
∗ etwa: Die gute alte Eissilo-Endlosschleife
Knie und Kopf schienen von ihm fort zu wollen. Wenn er sich
mit lahmen Schultern von hier nach da begab, hatte man das
Gefühl, er könne jeden Moment aus den Angeln gehen und
auseinanderfallen. Sein Körperbau und sein krängender Gang
ließen ihn hinfällig und gebrechlich wirken.
Aber auf dem Feld brillierte er. Er spielte ein tiefes First
Base, fast am Outfield-Rasen. (So tief hatte nicht mal Howie
Gooch gespielt, und Howie hatte eine Reichweite, die ich noch
bei keinem anderen High-School-Spieler erlebt hatte). Dadurch
gewann Jumbo Zeit, um hart geschlagene Bälle auf beiden
Seiten abzufangen, selbst wenn der Pitcher das First manchmal
abdecken mußte, um ein ›Aus‹ zu erreichen.
Vito Mariani – Speedy* in Person – deckte den Bereich am
Pitcherhügel ab. Jedesmal wenn Mister Jay-Mac einen Runner
zum First schickte, nachdem er einen Ball zu Jumbo
geschlagen hatte, nahmen Jumbo und Mariani den Runner in
die Zange. Dann gab es rote Staubfontänen. Mein Herz tat
einen Sprung, so köstlich war die Technik und so aufregend
der Wettlauf zum Base.
Aber Jumbo warf nicht immer zu Mariani. Manchmal
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